Verdi sucht nach neuen Berechtigungen für die Behinderung des Amazon-Geschäfts

Dem Online-Riesen Amazon drohen in dieser Woche abermals Streiks an mehreren deutschen Logistik-Standorten. Als Grund dafür hat sich Verdi diesmal die Arbeitsbedingungen ausgedacht, die die Gewerkschaft Verdi nach einer angeblichen Umfrage unter den Beschäftigten als unzumutbar bezeichnet. Diese Vorwürfe kontert Amazon mit einem Katalog vielzähliger Präventionsmaßnahmen und Gesundheitsangebote.

Laut Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger sei die Krankenquote unter den Beschäftigten extrem hoch, was in erster Linie an den katastrophalen Arbeitsbedingungen liege. Zu dieser interessanten Erkenntnis kam Verdi nach eigener Aussage durch eine Umfrage an mehreren Amazon-Standorten, bei der sich die Mitarbeiter über unzumutbare Missstände beklagen würden. Ihren Aussagen zufolge seien die vielen Krankheitsfälle kurzen Pausen, anziehenden Leistungsvorgaben und schlecht abgestimmten Schichteinstellungen geschuldet. Als weitere Gründe für die Gesundheitseinschränkung gaben sie angeblich fehlende Arbeitsmittel und unmenschliches Verhalten der Vorgesetzten an, die ihre Untergebenen respektlos behandeln sollen. Auf diese nun “neu gefundenen” Vorwürfe reagierte die Gewerkschaft und lud Amazon zu einem gemeinsamen Gespräch an. Da der Online-Riese auf das Angebot nicht eingegangen ist, drohen ihm in dieser Woche Streiks an mehreren deutschen Standorten.

Amazon mit Präventionsmaßnahmen und Gesundheitsangeboten

Amazon lehnt die Kritik ab und erklärt im Gegenzug, dass es vielzählige Maßnahmen ergreife, um Krankheitsfälle zu vermeiden. Wie die Firmenzentrale in München mitteilte, gebe das Unternehmen seinen Beschäftigten Ernährungstipps und biete kostenlose Grippeimpfungen an. Außerdem fänden mehrmals im Jahr Gesundheitstage statt, an denen der Online-Anbieter auf die Risiken von Übergewicht und Bluthochdruck hinweise. Neben der Prävention spielen Gesundheitsangebote eine ebenfalls wichtige Rolle in Amazons Gesundheitsmanagement, weshalb das Unternehmen in jüngerer Vergangenheit extra zu diesem Zweck Vollzeitstellen geschaffen hat. Zudem gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Gesundheits-, Sicherheitsmanagement, dem Betriebsrat und den Beschäftigten, die an allen Logistikzentren für einen besseren Arbeitsschutz sorgen.

Nahrhafte Mahlzeiten und Betriebssport

Um der Wirksamkeit der eigenen Gesundheitspolitik Nachdruck zu verleihen, hebt Amazon die Unfallzahlen hervor, die im Vergleich zur Konkurrenz sehr klein sind. Darüber hinaus hat das Unternehmen alle Produktionshallen mit Klimaanlagen ausgestattet, was in der Branche genauso wenig eine Selbstverständlichkeit darstellt wie ergonomische Arbeitsplätze und -Abläufe. All das garantiert Amazon seinen Beschäftigten und bemüht sich zusätzlich dazu um eine nahrhafte Ernährung. An den jeweiligen Standorten wird täglich kostenlos frisches Obst zur Verfügung gestellt und nahrhafte Mahlzeiten bezuschusst. Von diesem Angebot können die Mitarbeiter genauso profitieren wie von den Sonderrabatten für lokale Fitnessstudios, Sportvereine und Reha-Zentren, die der Online-Anbieter ausgehandelt hat. Dieses Jahr wird zudem der Betriebssport ausgebaut und Bewegungsübungen in Meetings eingeführt.

Verdi ist in der Defensive und produziert ein Zerrbild

Amazon wehrt sich gegen die Verdi-Darstellungen seit einigen Monaten mit einem eigenen Blog, in dem die eigenen Mitarbeiter ein Gegenbild zu dem Zerrbild der Gewerkschaft liefern. Auch die Zweigstellen der Bundesagentur für Arbeit, die mit den Amazon-Logistikzentren zusammenarbeiten, bewerten Amazon als Arbeitgeber auf eine FOCUS-Anfrage überraschend positiv und betonen vor allem eines: Der US-Konzern stellt auch Menschen ein, die sonst kaum Job-Chancen haben, Amazon sei für die Region ein wichtiger Arbeitgeber, weil es „keine speziellen Qualifikationsanforderungen an Beschäftigte stellt“, so die BA-Filiale Leipzig. Zwei Arbeitsagenturen fassen Amazon als Arbeitgeber in ihrer Region zudem in Zahlen: In Pforzheim ist nach dem Start des Amazon-Logistikzentrums – entgegen des sonst üblichen saisonalen Anstiegs – die Zahl der Arbeitslosen deutlich gesunken, in Koblenz hat sich die Arbeitslosenquote binnen eines Jahres von 7 auf 6,4 Prozent verbessert, wovon ganz überwiegend die sogenannten Hartz-IV-Empfänger profitierten.

Selbst die eigenen Mitarbeiter haben sich zu Hunderten von Verdi distanziert und beklagten sich über Falschdarstellungen von Verdi, sie sagten die Schilderungen der Gewerkschaft entsprächen nicht der Realität. Was für eine Blamage für Verdi!

Im vorvergangenen Jahr hatte eine Leser-Umfrage der FAZ gezeigt, dass Verdi zudem keinerlei Erfolg mit den “großen” Weihnachtsaktionen gegen Amazon hatte, die FAZ dazu:

„…Von dem Streik bekommen die weitaus meisten Kunden nichts mit. Laut Umfrage ist Amazon sogar jetzt noch pünktlicher als die anderen Versandhändler. 86 Prozent der Amazon-Pakete aus unserer Umfrage sind pünktlich angekommen, von den anderen Versandhändlern waren es nur 73 Prozent… .“

Unter dem provokanten Motto „Macht Verdi Weihnachten kaputt?“ hatte die FAZ ihre Leser wie folgt befragt:

Kommen Amazons Pakete pünktlich an, wie lange brauchen sie und wie ist es mit den Paketen anderer Versandhändler?

Die Ergebnisse bezogen sich auf fast 1.000 Pakete verteilt über das ganze Bundesgebiet und sie zeigten deutlich, dass die weitaus meisten Kunden nichts von dem Streiks mitbekommen hatten.

Verdi hat das Geschäft ins benachbarte Ausland getrieben. Amazon hat inzwischen große Logistikstandorte mit vielen tausend Arbeitsplätzen in den Nachbarländern Polen und Tschechien eröffnet. Man kann es Amazon nicht verdenken!

Verdi ist in der Defensive und trotz der massiven Pressearbeit erhält die Öffentlichkeit zunehmend den Eindruck, dass der Berechtigung für die permanenten Behinderungen des Arbeitgebers Amazon die Grundlage entzogen ist!

Frank