Erneute Streiks bei Amazon: Verdi hat in einem Punkt sehr viel erreicht

Verdi kündigt an, wie auch in den vergangenen beiden Jahren an, auch in diesem Jahr das Weihnachtsgeschäft bei Amazon zu betreiken, gibt aber noch nicht an, wann und in welchen der neun Logistikzentren in Deutschland gestreikt werden soll. Verdi möchte Amazon in diesem Jahr mit überraschenden Aktionen treffen.

Verdi ist gescheitert

Im vergangenen Jahr hatte eine Leser-Umfrage der FAZ gezeigt, dass Verdi keinerlei Erfolg mit den Weihnachtsaktionen gegen Amazon hatte, die FAZ dazu:

“…Von dem Streik bekommen die weitaus meisten Kunden nichts mit. Laut Umfrage ist Amazon sogar jetzt noch pünktlicher als die anderen Versandhändler. 86 Prozent der Amazon-Pakete aus unserer Umfrage sind pünktlich angekommen, von den anderen Versandhändlern waren es nur 73 Prozent… .”

Unter dem provokanten Motto „Macht Verdi Weihnachten kaputt?“ hatte die FAZ ihre Leser wie folgt befragt:

Kommen Amazons Pakete pünktlich an, wie lange brauchen sie und wie ist es mit den Paketen anderer Versandhändler?

Die Ergebnisse bezogen sich auf fast 1.000 Pakete verteilt über das ganze Bundesgebiet und sie zeigten deutlich, dass die weitaus meisten Kunden nichts von dem Streiks mitbekommen hatten.

Was Verdi fordert

Verdi will (für die Mitarbeiter) eine Bezahlung nach den Tarifen des Einzelhandels. Amazon ist jedoch Logistiker, zahlt dementsprechend die Tarife der Logistikbranche. So beträgt der Einstiegslohn in Bad Hersfeld für einen ungelernten Lagerarbeiter 10,01 Euro/Stunde, im zweiten Jahr 11,59 und im dritten Jahr 11,71 Euro. Nach den Einzelhandeltarif müssten es in den ersten drei Jahren jeweils 11,77 Euro sein, nach der Vereinbarung für die Logistikbranche 10,93 Euro. Zudem zahlt Amazon auch Boni, Weihnachtsgeld und gibt Aktienzuteilungen. Amazon lehnt deshalb Tarifverhandlungen ab.

Handelsfachmann Gerrit Heinemann, Professor an der Hochschule Niederrhein, meint zu den Streiks:

Verdi hat keine Chance, sich durchzusetzen. Verdi wirkt mittlerweile wie ein zahnloser Tiger. Das war’s wohl mit der Offensive. Die Gewerkschaft habe sich den falschen Gegner ausgesucht, um ein Exempel zu statuieren.“

Wen vetritt Verdi eigentlich noch bei Amazon?

Selbst die Amazon-Mitarbeiter wehren sich gegen die Streiks mit Unterschriftenlisten und T-Shirts „Pro Amazon“. Mit über 1.000 Unterschriften hatten sie sich in 2014 gegen eine „negative Darstellung“ des Unternehmens in der Öffentlichkeit gewehrt.

Der Protest der Mitarbeiter gegen Verdi wurde damit von mehr Mitarbeitern unterschrieben, als sich Mitarbeiter zuletzt an den Vorweihnachtsstreiks 2014 beteiligt hatten, das waren laut Verdi rund 650. Insgesamt arbeiteten bei Amazon in Deutschland in der Vorweihnachtszeit rund 23.000 Mitarbeiter. Sollten die Verdi-Angaben über die Anzahl der streikenden Mitarbeiter korrekt sein, war die Streikbeteiligung mit 3 Prozent der Mitarbeiter extrem niedrig.

Es geht hier nicht mehr um die Arbeitnehmer, es geht um das Selbstverständnis von Verdi und die gekränkte Gewerkschafterseele

Die damalige Reaktion von Verdi auf die Aktion der eigenen Klientel: „Es komme vor, dass nicht immer alle Beschäftigten einverstanden seien mit dem Vorgehen der Gewerkschaft, die Aktion der Mitarbeiter sei bedenklich.“ Wen vetritt Verdi eigentlich noch bei Amazon? Offensichtlich nur eine kleine Minderheit von 3% der Mitarbeiter! Die Aussage von Mechthild Middeke von Verdi Hessen „Wir wollen beweisen, dass wir uns steigern können“ zeigt auch deutlich, worum es Verdi geht! Es geht hier nicht mehr um die Arbeitnehmer, es geht um das Selbstverständnis von Verdi und die gekränkte Gewerkschafterseele.

Diese Aktion zeigt einmal mehr, die Aktionen von Verdi laufen ins Leere.

Der Gewerkschaft ist es nun seit 2012 nicht gelungen ist, gegen Amazon erfolgreich zu sein, denn

  1. Der Grundvorwurf ist nicht nachvollziehbar
  2. Die Amazon-Kunden und Mitarbeiter spielen das „Verdi-Spiel“ nicht mit und nehmen den „Amazon-Skandal“ anscheinend nicht als solchen wahr
  3. Die Bindung der Mitarbeiter an die Gewerkschaft ist schwach
  4. Die Gewerkschaft Verdi hat sich verzettelt und übt sich mehr in Selbstverwirklichung als in der Vertretung ihrer Klientel

Verdi hat allerdings in einem Punkt sehr viel erreicht

Verdi hat das Geschäft ins benachbarte Ausland getrieben. Amazon hat inzwischen große Logistikstandorte mit vielen tausend Arbeitsplätzen in den Nachbarländern Polen und Tschechien eröffnet. Man kann es Amazon nicht verdenken!

Seit September 2014 werden aus zwei Versandzentren in der Nähe von Breslau und einem in Posen Waren an deutsche Kunden verschickt. Die Zeitungskommentare in Polen klingen dementsprechend süffisant: “Die Polen arbeiten, die Deutschen streiken.” Die 4.500 festen und die etwa 7.000 für die Weihnachtssaison in Polen eingestellten Mitarbeiter haben viel zu tun – auch mit dem Versand der Weihnachtsbestellungen. In 2015/16 werden die Zentren weiter ausgebaut, es soll doppelt so viel Lagerraum geben.

Im dritten Quartal des Jahres hat Amazon sein neuestes Logistik-Zentrum in Tschechien in der Gemeinde Dobroviz am Prager Flughafen eröffnet. Dort wurden 2.500 feste und 3.000 saisonale Arbeitsplätze geschaffen um den deutschen und österreichischen Markt zu bedienen. Das Amazon Rücksendezentrum in Tschechien soll zudem erheblich erweitert werden. Eine neue Halle soll etwa 40.000 Quadratmeter groß sein und dort werden dann 3.000 Mitarbeiter beschäftigt sein – Die Bauarbeiten sollen in weniger als einem Jahr abgeschlossen sein.

Verdi hat keine Sorgen, dass Amazon wegen des seit fast drei Jahren andauernden Arbeitskampfes abwandern könnte.

Verdi hat das aber noch nicht bemerkt, hat nach eigener Aussage keine Sorgen, dass Amazon wegen des seit fast drei Jahren andauernden Arbeitskampfes abwandern könnte und läßt verlauten:

“Deutschland bietet optimale Bedingungen für das Geschäft, das Amazon betreibt. … Hier passt die Infrastruktur. … Das kann man nicht beliebig verlagern.”

Ach so… . Na dann herzlichen Glückwunsch an Verdi!

Frank