Neue EU-Verpackungsverordnung stellt Onlinehändler vor große Herausforderungen – Das Ende des europaweiten E-Commerce?
Der Europäische Rat hat seine Einigung zu einem Vorschlag über eine neue EU-Verpackungsverordnung bekannt gegeben. Die seitens ecosistant und zahlreichen Online Händlern publizierten Warnungen vor einem de-facto Ausschluss kleiner und mittelständischer Unternehmen vom EU-Binnenmarkt durch den Artikel 40 der Verordnung fanden jedoch kein Gehör. Die ecosistant GmbH warnt daher erneut vor der Errichtung großer Handelsbarrieren durch die Verordnung, die für den innergemeinschaftlichen Versand die Errichtung von Niederlassungen oder die Benennung von Bevollmächtigten in jedem einzelnen EU-Mitgliedsstaat vorsieht.
Zum Entwurf einer neuen EU Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle
Eine neue EU-Verpackungsverordnung soll die bisherige EU-Verpackungsrichtlinie ablösen und dem Problem stetig zunehmender Verpackungsabfälle entgegenwirken. Kernziel der Verordnung ist eine Verringerung der Verpackungsabfälle in der EU gegenüber dem Jahr 2018 von mindestens 15% bis 2040. Zu diesem Zweck beinhaltet die Verordnung unter anderem Vorgaben zur Recyclingfähigkeit von Verpackungen, verbindliche Quoten für den Einsatz von Mehrwegverpackungen, sowie Mindestrecyclinganteile. Wie auch die Richtlinie sieht die neue Verordnung vor, dass Online Händler wie jedes andere Unternehmen, das verpackte Produkte in die Mitgliedsstaaten einführt, im Zuge der sogenannten „Erweiterten Herstellerverantwortung“ (engl.: „extended producer responsibility“, „EPR“) auch die Verantwortung für die Verpackungsabfälle und deren Recycling tragen müssen.
„Ohne Zweifel sind diese Maßnahmen wichtig für die Kreislaufwirtschaft und die Ziele, die die EU mit einer Verpackungsverordnung umzusetzen versucht, absolut unterstützenswert“, sagt Andreas Landes, Gründer und Geschäftsführer von ecosistant.
Was ist das Problem bei der neuen EU-Verpackungsverordnung?
Problematisch sieht ecosistant die in Artikel 40 Abs. 2 des Entwurfs der Verordnung geregelte Pflicht der „Produzenten“ (= Online Händler), in jedem Mitgliedsstaat einen Bevollmächtigten (Authorized Representative) zu benennen. Einem deutschen Onlineshop wäre es somit untersagt, den Versand in andere EU-Länder anzubieten, wenn dieser nicht in jedem dieser Staaten einen Bevollmächtigten vor Ort mit seinen EPR-Pflichten beauftragt.
„Die Tatsache, dass der Händler seine EPR-Pflichten nicht mehr europaweit selbst erfüllen kann, sondern in jedem Land einen Vertragspartner benötigt, macht EU-weiten Onlinehandel für die meisten Händler quasi unmöglich – oder mindestens unrentabel“, so Andreas Landes.
Ähnliche Regeln sind in der EU bereits für den Verkauf von Elektronik in Kraft. Laut Landes habe das die Freerider-Problematik nicht gelöst, sondern nur zu einer Situation geführt, in der Elektronik häufig illegal über die Ländergrenzen versendet wird. Die Errichtung von Niederlassungen bzw. die Benennung von Authorized Representatives ist mit hohen administrativen Kosten und bürokratischen Prozessen verbunden. Daher warnt ecosistant davor, dass die Umsetzung der EU-Verpackungsverordnung in ihrer aktuellen Form einen Großteil der Online Händler vom EU Binnenmarkt ausschließen wird.
Welche Lösung schlägt ecosistant vor?
Sinnvollerweise sollte auf die in Artikel 40 Abs. 2 festgelegte Pflicht, in jedem einzelnen Mitgliedsstaat Bevollmächtigte zu benennen, verzichtet werden. So sollte eine Firma, die in einem EU-Staat ansässig ist, europaweit selbst Rücknahmesystemen beitreten und so die EPR-Pflichten erfüllen können. Firmen außerhalb der EU sollten einen einzigen Bevollmächtigten innerhalb der EU bestimmen, der dann europaweit die EPR für diese übernimmt. Laut Schätzung von ecosistant würde diese Maßnahme jedem Online Händler, der europaweit versendet, bereits voraussichtlich 5-stellige Beträge pro Jahr einsparen.
Eine weitere Überlegung könnten Ausnahmen z. B. für Micro-Businesses oder Produzenten von kleinen Mengen Verpackungsmüll sein. Zwar sieht die Verordnung vereinfachte Mengenmeldungen für Firmen vor, die weniger als 10 Tonnen Verpackungsmaterial je Mitgliedsstaat in Verkehr bringen, von der generellen Pflicht, sich in jedem Staat zu registrieren und nationalen Rücknahmesystemen anzuschließen, ist jedoch niemand befreit.
„Leider geht hier die Gesetzgebung absolut an der Realität vorbei“, so Andreas Landes. „Vor allem in die kleineren EU-Länder versenden die meisten deutschen Onlineshops so wenige Pakete, dass es sich dann schnell nicht mehr lohnt, dorthin zu verkaufen.“
Letzteres könnte dann mit der neuen EU-Verpackungsverordnung auch für die Konsumenten zum Problem werden, nämlich wenn das Angebot im Internet nur noch von nationalen Händlern zur Verfügung steht.
Noch ist die neue EU-Verpackungsverordnung nicht final verabschiedet. Im nächsten Schritt stehen Verhandlungen zwischen dem Europäischen Rat und dem Parlament im sogenannten Trilog-Verfahren, um einen Kompromisstext zu erreichen.
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