Bundesgerichtshof entscheidet über Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen in Kartellverfahren: Präzedenzfall für Google und Co.

In einem richtungsweisenden Urteil vom 20. Februar 2024 hat der Bundesgerichtshof eine Entscheidung getroffen, die die Balance zwischen dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und der Notwendigkeit der Wettbewerbsüberwachung neu definiert. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob das Bundeskartellamt vertrauliche Informationen von Google im Rahmen eines Kartellverwaltungsverfahrens gegenüber Wettbewerbern offenlegen darf.

Bundesgerichtshof entscheidet über Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen in Kartellverfahren: Präzedenzfall für Google und Co.
Bundesgerichtshof entscheidet über Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen in Kartellverfahren: Präzedenzfall für Google und Co.. AI generated picture by ©onlinemarktplatz.de

Der Fall begann, als das Bundeskartellamt im Juni 2023 eine vorläufige rechtliche Einschätzung zu Googles Praktiken mit den Google Automotive Services (GAS) an Alphabet Inc. und Google Germany GmbH sendete. GAS, ein Bündel aus Google Maps, Google Play und dem Google Assistant, wird Fahrzeugherstellern zur Lizenzierung angeboten, allerdings mit der Auflage, diese Dienste bevorzugt zu präsentieren. Das Bundeskartellamt sieht in diesen Praktiken eine potenzielle Gefahr für den Wettbewerb und berief sich auf die neuen Vorschriften für Digitalkonzerne, um eine Änderung dieser Praktiken zu fordern.

Google reagierte auf die Absicht des Bundeskartellamts, seine vorläufige Einschätzung in teilgeschwärzter Form mit zwei Wettbewerbern zu teilen, mit einer Beschwerde. Das Unternehmen befürchtete, dass die unzureichenden Schwärzungen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse preisgeben könnten.

Der Bundesgerichtshof urteilte größtenteils gegen Google, mit der Ausnahme eines einzelnen Zitats aus internen Unterlagen, und wies die Beschwerde im Übrigen zurück. Diese Entscheidung stützt sich auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Die Offenlegung ist zulässig, wenn sie zur Aufklärung des Sachverhalts geeignet, erforderlich und angemessen ist und das Interesse an der Aufklärung das Interesse am Schutz der Geheimnisse überwiegt.

Diese Urteilsbegründung betont die Bedeutung der Wahrung des rechtlichen Gehörs und des Sachaufklärungsinteresses gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse. Besonders interessant ist, dass der Gerichtshof einige der von Google als geheim eingestuften Informationen nicht als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse ansah oder das öffentliche Interesse an der Aufklärung als gewichtiger einschätzte.

Dieses Urteil setzt einen bedeutenden Präzedenzfall für die Behandlung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen in kartellrechtlichen Verfahren. Es unterstreicht die Notwendigkeit, einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Schutz unternehmerischer Geheimnisse und der Gewährleistung eines fairen und wettbewerbsfähigen Marktes zu finden.

Frank