16. März 2024

Wettbewerbswidrige Lebensmittelwerbung: Auch bei diätetischen Lebensmitteln ist Verbot krankheitsbezogener Werbung zu beachten

Das LG Bielefeld stellte mit Urteil vom 12.08.2008 (Az. 10 O 36/08) fest, dass auch für diätetische Lebensmittel grundsätzlich das Verbot krankheitsbezogener Werbung des § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB gilt – zumindest wenn die Werbung außerhalb der Fachkreise, außerhalb der nach § 3 Abs. 2 DiätV zugelassenen Ausnahmen und außerhalb der Kennzeichnung gem. § 21 DiätV erfolge.

Die Furcht vor Krankheiten dürfe nicht für Werbeaussagen instrumentalisiert oder der Verbraucher davon abgehalten werden, rechtzeitig den Arzt aufzusuchen. Ferner solle gerade eine nicht verantwortliche Selbstmedikation des Verbrauchers vermieden werden – so das Gericht.

Sachverhalt

Der Kläger verklagte die Beklagte auf Unterlassung der Werbung im geschäftlichen Verkehr außerhalb der Fachkreise für das von der Beklagten vertriebene Mittel “Telcor® Arginin plus”. Die Beklagte bewarb dieses Mittel als “diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke ” mit der Zweckbestimmung zur Behandlung von Frühstadien der Arterienverkalkung (allgemeine arterielle Sklerose), Bluthochdruck, erhöhtem Homocysteinspiegel sowie gestörter Gefäßfunktion bei diabetis mellitus.

Der Kläger meinte, die Werbung der Beklagten sei krankheitsbezogen und damit nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB außerhalb der Fachkreise verboten. Die Beklagte war dagegen der Ansicht, für das Produkt dürfe als ergänzend bilanzierte Diät im Sinne des § 1 Abs. 4 a Nr. 2 b Diätverordnung auch gegenüber Endverbrauchern geworben werden. Insoweit sei unter europarechtskonformer Auslegung des § 12 Abs. 1 LFGB geboten, in der Werbung das zuzulassen, was auch durch die Pflichtkennzeichnungselemente des § 21 Diätverordnung vorgeschrieben sei.

Entscheidung des LG Bielefeld

Das LG Bielefeld stellte zunächst einmal fest, dass es sich bei den beanstandeten Werbeaussagen tatsächlich um nicht rein gesundheitsbezogene, sondern krankheitsbezogene Aussagen i.S.v. § 12 Abs. 1 Nr. LFGB handelt:

  “Bei dem von der Beklagten vertriebenen und beworbenen Produkt handelt es sich nach übereinstimmendem Parteivortrag um ein diätetisches Lebensmittel, u.a. zur Behandlung von Bluthochdruck. Nach dem Beipackzettel des Produkts sieht die diätetische Anwendung von Telcor® Arginin plus speziell auf die Verbesserung einer gestörten Gefäßfunktion (endotheliale Disfunktion), auf deren Grundlage sich die Arteriosklerose entwickelt und fortschreitet. Es wurde für die Gefäßgesundheit nach neuesten ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse für Erwachsene mit Bluthochdruck und Arterienverkalkung entwickelt und auf die speziellen Ernährungserfordernisse dieser Patienten sorgfältig abgestimmt.

    Aus dieser Zweckbeanstandung des von der Beklagten vertriebenen Produkts folgt, dass die beanstandeten Werbeaussagen nicht rein gesundheitsbezogen, sondern krankheitsbezogen i. S. v. § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB sind. Denn das Mittel soll seiner Zweckbestimmung nach den Verbraucherkreis von Erwachsenen mit Bluthochdruck und Arterienverkalkung ansprechen.”

Sodann wies das Gericht darauf hin, dass prinzipiell auch für diätetische Lebensmittel das Verbot krankheitsbezogener Werbung des § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB gilt (s. hierzu gem. § 12 Abs. 2 S. 2 LFGB i. V. m. § 3 Abs. 1 Diätverordnung). Auch in der Werbung für ein diätetisches Lebensmittel dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, es diene der Beseitigung, Verhütung  oder Linderung bestimmter Krankheiten (vgl. hierzu auch OLG Hamm, 4 U 194/06 v. 07.08.2007). Zwar sehe § 3 Abs.1 Diätverordnung von dem Verbot krankheitsbezogener Werbung bestimmte Ausnahmen vor, diesen seien jedoch vorliegend ersichtlich nicht gegeben. Auch könne sich die Beklagte für die Zulässigkeit der beanstandeten Werbung nicht auf die ihr nach § 21 Diätverordnung obliegende Kennzeichnungspflicht stützen:

    “Das Verbot der krankheitsbezogenen Werbung ist außerhalb der Fachkreise durch ganz erhebliche Interessen der Allgemeinheit, insbesondere der Volksgesundheit gerechtfertigt und kann deshalb die Grundrechte der Gewerbetreibenden aus Art. 5 und 12 Grundgesetz zulässigerweise einschränken. Lebensmittel sollen grundsätzlich nicht der Verhütung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten dienen. Insbesondere soll die Furcht vor Krankheiten nicht für Werbeaussagen instrumentalisiert oder der Verbraucher davon abgehalten werden, rechtzeitig den Arzt aufzusuchen. Ferner soll gerade eine nicht verantwortliche Selbstmedikation des Verbrauchers vermieden werden.Aus diesen Gründen stehen die nationalen Regelungen auch im Einklang mit dem europäischen Lebensmittelrecht. Aus den genannten Schutzzwecken darf außerhalb der Fachkreise, außerhalb der nach § 3 Abs. 2 zugelassenen Ausnahmen und außerhalb der Kennzeichnung keine Werbung mit Krankheitsbezug vorgenommen werden.”

Fazit

Außerhalb der Fachkreise, außerhalb der nach § 3 Abs. 2 DiätV zugelassenen Ausnahmen und außerhalb der Kennzeichnung gemäß § 21 DiätV darf auch im Zusammenhang mit dem Verkauf diätetischer Lebensmittel nicht krankheitsbezogen geworben werden.

 

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