Neue Studie bestätigt dem E-Commerce eine bessere Klimabilanz als dem stationären Handel

Das Jahr 2020 markierte für den Online-Handel in Deutschland, Österreich und der Schweiz einen Wendepunkt. Erstmals überschritt der Gesamtumsatz des E-Commerce die 100-Milliarden-Grenze. Dies ergaben Untersuchungen der Handelsverbände der drei Länder. Dabei wurde ausschließlich der Umsatz im Bereich Business-to-Consumer erfasst. Pro Kopf bestellten die Kunden Produkte für knapp 1.000 Euro. Das klingt nach viel, ist es jedoch nicht. Das Volumen der drei Märkte liegt immer noch bei lediglich einem Viertel jenes Umsatzes, den E-Commerce in den USA erzielt.

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Als wäre diese Nachricht noch nicht schlimm genug, muss der stationäre Handel nun einen weiteren Rückschlag verkraften. Eine neue Studie kam zu dem Schluss, dass der Internet-Handel eine bessere Klimabilanz aufweist, als sein älterer Bruder. Wer seine Produkte im Netz bestellt, verursacht offenbar weniger CO2-Emissionen, als beim Kauf in einem Geschäft. Die überraschenden Ergebnisse werden sicherlich zahlreiche Konsumenten vor ein Problem stellen. Einerseits ist es vielen von ihnen enorm wichtig geworden die Umwelt zu schützen, andererseits möchte man auch den lokalen Handel nicht im Stich lassen.

Konsumenten verfügen über enorme Marktmacht

Die nun bekannt gewordenen Fakten stellen Verbraucher allerdings zwangsläufig vor die Wahl. Diese haben schließlich eine enorme Marktmacht entwickelt. Sie greifen Probleme, wie jenes des Mikromülls in den Meeren auf und zwingen Produzenten durch ihren Aktivismus zum Umdenken. Bestes Beispiel dafür ist der Tag des Meeres. Dieser findet bereits seit dem Jahr 1970 statt und hat sich zum Ziel gesetzt dafür zu sorgen, dass weniger Plastikmüll im Meer landet. Seither ist viel passiert. Glasbehälter werden gereinigt, Plastikstrohhalme haben durch Produkte aus Stroh Konkurrenz bekommen und Sodaflaschen werden recycelt. Bis der Handel jedoch klimaneutral agieren kann, wird noch einige Zeit vergehen. Doch die E-Commerce-Kritiker haben nun ein Argumentationsproblem.

Das schlechte Gewissen ist unbegründet

Immerhin ist der Umsatz im Onlinehandel auch im vergangenen Jahr weiter deutlich angestiegen. Angesichts dessen haben viele Konsumenten ein schlechtes Gewissen. Sie befürchten, dass das Verpackungsmaterial der Umwelt nichts Gutes tut. Doch diese Angst in offenbar unbegründet. Die Unternehmensberatung Oliver Wyman hat in Zusammenarbeit mit einem Spin-off der Universität St. Gallen eine detaillierte Untersuchung der Lieferkette durchgeführt. Diese besagt, dass die Klimabilanz des Onlinehandels besser ist, als jene des stationären Handels.

Der errechnete Ausstoß von CO2 ist dieser Analyse zufolge im Schnitt 2,3 Mal zu hoch als im E-Commerce. Das hat verschiedene Ursachen. Einerseits werden beim Onlinehandel die Waren beim Transport gebündelt, andererseits benötigt E-Commerce viel weniger physische Flächen. Die Umweltbelastung durch das Heizen und die Beleuchtung fällt weg. Gleichzeitig wären gerade die großen Onlinehändler massiv bestrebt ihre Klimabilanz zu verbessern und hätten bereits in den letzten Jahren zahlreiche Maßnahmen gesetzt, erläuterten die Studienautoren.

Die Ergebnisse bestätigen bisherige Vermutungen

Dieses Ergebnis ist nicht völlig überraschend. Schon in der Vergangenheit hatten Experten des Umweltbundesamts auf die Vorteile des Einkaufs im Netz hingewiesen. Ihre Schlüsse wurden nun bestätigt. Kritiker werden nun einwerfen, dass die Studie schließlich von Amazon beauftragt wurde, doch die Autoren weisen jede Einflussnahme des Auftraggebers strikt zurück. Ihre Ergebnisse basieren auf einer Befragung von insgesamt 10.000 Konsumenten und deren Kaufverhalten. Gleichzeitig flossen die Antworten von 800 Händlern und öffentliche Statistiken in die Auswertung mit ein.

Der Modehandel ist am schädlichsten

Die Folgen für die Umwelt, sind je nach Produkt und Land unterschiedlich zu bewerten. Der stationäre Modehandel zeigt dabei die stärkten Auswirkungen. Die Hauptursache liegt am hohen Anteil fossiler Energie in Deutschland. Das wirkt sich auf die Klimabilanz der Branche massiv aus, schließlich müssen die zahlreichen Geschäfte beleuchtet und beheizt werden. Gleichzeitig wirken sich die Anfahrtswege der Konsumenten aus. In Deutschland fährt ein Kunde durchschnittlich 15 Kilometer zum Einkaufen. In Italien beträgt diese Strecke nur sieben Kilometer. Dieses Verhalten beim Einkauf hat Auswirkungen auf die Klimabilanz. Das macht zwar einen großen Unterschied aus, kann den Klimavorteil des E-Commerce gegenüber dem stationären Handel jedoch nicht ausgleichen. Lediglich im Buchhandel könnte der Weg zu Fuß in den Buchladen den Vorsprung des Internet-Handels aufholen. In der Mode erzeugen Konsumenten in diesem Fall immer noch den doppelten ökologischen Fußabdruck.

Die Studienautoren weisen daher darauf hin, dass die Einschränkung von stationären Verkaufsflächen die beste Möglichkeit darstellt, etwas für den Klimaschutz zu tun. Eine Einführung von digitalen Services könnte dazu führen, dass die Händler nicht mehr alle Angebote auf Lager haben müssten.

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Das sind schlechte Nachrichten für den Modehandel. Dieser kämpft seit Jahren mit Umsatzrückgängen. Eine Erholung der Umsätze erwarten Experten von McKinsey frühestens für das Jahr 2022. Die überraschenden Ergebnisse ihrer Studie werden die Diskussion E-Commerce gegen stationären Handel jedoch weiter anheizen.