Quick-Commerce: Ein Geschäftsmodell zwischen rasantem Wachstum und hohen Verlusten

In der heutigen Zeit der Digitalisierung und Schnelllebigkeit werben Online-Lieferdienste für Lebensmittel mit dem Versprechen: „Kaum bestellt, schon geliefert.“ Doch wie stabil und nachhaltig ist dieses Geschäftsmodell wirklich? Eine tiefgreifende Untersuchung des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.) der Hans-Böckler-Stiftung hat sich genau mit dieser Frage beschäftigt und dabei einige interessante Erkenntnisse gewonnen.

Quick-Commerce: Ein Geschäftsmodell zwischen rasantem Wachstum und hohen Verlusten
Quick-Commerce: Ein Geschäftsmodell zwischen rasantem Wachstum und hohen Verlusten. pixabay.com ©GraphicMama-team (Creative Commons CC0)

Die Versprechen der Blitzlieferdienste

Für viele Menschen, insbesondere für Single-Haushalte, Berufstätige und Stadtbewohner, sind Blitzlieferdienste ein wahrer Segen. Wer kennt es nicht? Nach einem langen Arbeitstag fehlen noch Brot, Butter oder Wurst im Kühlschrank. Der Gang zum Supermarkt erscheint mühsam. Genau hier setzen die Blitzlieferdienste an. Sie versprechen, Lebensmittel oder sogar fertige Gerichte aus Restaurants in kürzester Zeit direkt an die Haustür zu liefern. Ein paar Klicks in einer App, und schon ist die Bestellung unterwegs.

Die wirtschaftliche Realität hinter den Kulissen

Doch hinter den Kulissen dieser bequemen Dienstleistung verbirgt sich eine komplexe wirtschaftliche Realität. Die Studie des I.M.U., durchgeführt von Navid Armeli, Dr. Sebastian Campagna, Alexander Sekanina und Dr. Markus Sendel-Müller, hat die wirtschaftliche Situation von fünf großen Lebensmittellieferdiensten über einen Zeitraum von sechs Jahren analysiert. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Trotz des starken Wachstums sind viele dieser Unternehmen weit von einer stabilen Profitabilität entfernt.

Unternehmen wie Just eat Takeaway, Delivery Hero, Hello Fresh, JD.com und Meituan Maicai standen im Fokus der Untersuchung. Andere, wie Getir oder Flink, konnten nicht berücksichtigt werden, da sie ihre Finanzdaten nicht regelmäßig veröffentlichen.

Die Herausforderungen der Plattformökonomie

Blitzlieferdienste sind ein Paradebeispiel für die sogenannte Plattformökonomie. Sie bieten eine digitale Plattform, die Angebot und Nachfrage in Echtzeit zusammenführt. Doch während die Kunden von der Bequemlichkeit profitieren, stehen die Unternehmen vor großen Herausforderungen. Sie müssen Lager in städtischen Gebieten mieten, ein effizientes Liefernetzwerk aufbauen und mit der Konkurrenz mithalten. Hinzu kommt, dass viele ihrer Rider, die die Bestellungen ausliefern, als (Schein-)Selbstständige arbeiten. Dies bietet zwar Flexibilität, führt aber auch zu Unsicherheiten in Bezug auf soziale Absicherung und Arbeitsbedingungen.

Zukunftsaussichten und Marktveränderungen

Die Studie zeigt deutlich, dass trotz des rasanten Wachstums der Branche viele Unternehmen Schwierigkeiten haben, profitabel zu arbeiten. Ein Großteil des Wachstums wurde durch Risikokapital finanziert, was langfristig zu einem ruinösen Wettbewerb führen könnte. Einige Unternehmen, wie der deutsche Branchenprimus Gorillas, wurden bereits von größeren Wettbewerbern übernommen. Es wird erwartet, dass der Markt sich weiter konsolidieren wird, wobei nur wenige große Anbieter und einige Nischenanbieter übrig bleiben.

Die Studie betont auch die Notwendigkeit einer breiten gesellschaftlichen Debatte über die Arbeitsbedingungen in der Plattformökonomie. Es ist klar, dass für eine erfolgreiche Transformation des Marktes sowohl starke Unternehmen als auch eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern notwendig sind. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Markt in den kommenden Jahren entwickeln wird und ob das Geschäftsmodell des Quick-Commerce langfristig tragfähig ist.