20. April 2024

Verhütung juristischer Unfälle im Online-Handel mit Kondomen

Den Umgang mit Kondomen sollte nicht nur der Endverbraucher sicher beherrschen, auch die Händler müssen einige Vorkenntnisse mitbringen. Denn wer Kondome bisher unter der Kategorie „Spielzeug“ verortet hat, wird umdenken müssen – der Gesetzgeber sieht die Sache nämlich anders.

Die folgenden Themen zum Verkauf von Kondomen werden behandelt:

  • Kondome – ein Medizinprodukt?!
  • Auswirkung auf die Hersteller
  • Auswirkung auf den Handelsverkehr
  • Vorsicht, Falle!
  • Sanktionierung
  • Fazit

Kondome – ein Medizinprodukt?!

Um es kurz zu machen: Ja, Kondome sind ein Medizinprodukt. Auch wenn sie nicht nur in der Apotheke erhältlich sind, sind sie „Vorrichtungen, die zur Anwendung für Menschen zum Zwecke der Empfängnisregelung zu dienen bestimmt sind“ im Sinne des § 3 Abs. 1 lit. d des Medizinproduktegesetzes (MPG). Gemäß § 13 Abs. 1 MPG i.V.m. Regel 14 aus Anhang IX der Richtlinie 93/42/EWG sind Kondome Medizinprodukte der Klasse IIb und unterliegen somit strikten Herstellungs- und Vertriebsbestimmungen.

Diese wirken sich natürlich auch auf den Handelsverkehr aus. Zunächst sei jedoch ein Blick auf die Herstellerseite geworfen.

Auswirkung auf den Hersteller

Gemäß § 6 MPG dürfen Kondome in Deutschland nur auf den Markt gebracht werden, wenn sie vom Hersteller mit einer CE-Kennzeichnung versehen sind. Diese wiederum setzt voraus, dass der Hersteller

  • bei der Erzeugung der Kondome gemäß § 7 MPG einen umfangreichen Anforderungskatalog erfüllt (vgl. Anhang I der Richtlinie 93/42/EWG) und
  • Herstellung und Vertrieb einem Konformitätsbewertungsverfahren durch eine externe Stelle unterwirft.

Zu dem genannten Anforderungskatalog aus Anhang I der genannten Richtlinie gehören z.B.

  • Auslegung, Herstellung und Verpackung des Kondoms dergestalt, dass es seine Funktion ordnungsgemäß erfüllt (Abschnitt 3);
  • Verpackung insbesondere dergestalt, dass das Kondom Transport und Lagerung unbeschadet übersteht (Abschnitt 5);
  • Bereitstellung einer leicht verständlichen Gebrauchsanweisung, möglichst in Form von Symbolen (Abschnitte 13.1, 13.2, 13.6), sowie
  • Herstellerangaben, Produktbezeichnung, Loskennzeichnung, Verfallsdatum, Lagerungs- und Anwendungshinweise etc. (Abschnitt 13.3 lit. a ff.).

Die Gründe für diese strikten Anforderungen dürften naheliegend sein: Das Kondom dient nicht nur (wie im Gesetz genannt) der Empfängnisverhütung, sondern immer mehr auch dem Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten. Von daher ist sowohl aus gesundheitlicher wie auch aus familienstrategischer Sicht des Anwenders ein Höchstmaß an Zuverlässigkeit und Bedienerfreundlichkeit unabdingbar.

Auswirkung auf den Handelsverkehr

Nachdem nun der Hersteller das Kondom unter streng reglementierten und von einer externen Stelle kontrollierten Bedingungen hergestellt hat, könnten die Händler davon ausgehen, dass sie sich nicht mehr groß um die Produktsicherheit kümmern müssen.

Doch – weit gefehlt. § 6 MPG bezieht sich nämlich nicht nur auf die Herstellerseite, sondern auch auf den Handelsverkehr. Heißt konkret: Auch im Handel dürfen Kondome nur dann abgegeben werden, wenn sie mit einer gültigen CE-Kennzeichnung versehen sind.

Die Gültigkeit dieser Kennzeichnung wiederum hängt sowohl von der Erfüllung des o.g. Anforderungskataloges, als auch von dem Konformitätsbewertungsverfahren ab. Sobald ein Händler also Änderungen an dem gehandelten Produkt vornimmt, erlischt die Gültigkeit des CE-Kennzeichens, das Kondom darf folglich nicht mehr in den Handelsverkehr gebracht werden.

Vorsicht, Falle!

Genau an dieser Stelle findet sich eine kleine, aber tückische Falle: Anforderungskatalog und Konformitätsbewertungsverfahren beziehen sich nämlich nicht nur auf das Kondom selbst, sondern ausdrücklich auch auf Verpackung und Beilage (vgl. oben, zum Anhang I der Richtlinie 93/42/EWG). Die Gültigkeit des CE-Kennzeichens erlischt somit schon dann, wenn ein Händler Änderungen an der Verpackung der Kondome vornimmt, ohne hierzu autorisiert und in das Bewertungsverfahren einbezogen zu sein.

In der Praxis ist dies insbesondere dann der Fall, wenn ein Händler Kondome aus Großpackungen entnimmt und selbst konfektioniert, z.B. um seinen Kunden „bunte Mischungen“ mit Kondomen von verschiedenen Herstellern anzubieten. Da hier in der Regel von der externen Kontrollstelle nicht mehr sichergestellt werden kann, dass die Kondome auch weiterhin ordnungsgemäß und sicher verpackt sind, erlischt mit Öffnen der Originalpackung durch den Händler die Gültigkeit des Konformitätsbewertungsverfahrens.

Sanktionierung

Die – auch auf den einzelnen Folienpackungen angebrachte – CE-Kennzeichnung wird hierdurch ungültig und zu einer täuschenden Bezeichnung i.S.d. § 4 Abs. 2 Nr. 3 MPG. Der Verkauf kann dann u.U. eine Straftat gem. § 41 Nr. 1 MPG darstellen, die immerhin mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bzw. entsprechender Geldstrafe bedroht ist. Zumindest liegt regelmäßig eine Ordnungswidrigkeit i.S.d. § 42 Abs. 1 MPG vor, die mit einer Geldbuße von bis zu € 25.000,- geahndet wird.

Je nach konkretem Vorgehen des Händlers kann hierin auch ein Verstoß gegen § 3 UWG zu erkennen sein, so dass hier Konkurrenten und Interessenverbänden das Tor für die beliebte Praxis der Abmahnung geöffnet wird.

Fazit

Kondome schützen – aber nur dann, wenn sie in ordnungsgemäßem Zustand beim Endverbraucher ankommen. Von daher ist die vorstehend beschriebene Gesetzeslage durchaus sinnvoll; schließlich ist auch gerade der E-Commerce, der sich im Handelsverkehr regelmäßig der Dienste externer Logistikunternehmen bedient, auf eine robuste Verpackung der angebotenen Kondome angewiesen – auch ein noch so ordentlich hergestelltes und geprüftes Kondom fällt beim losen Versand in einem schlichten Kuvert spätestens dem Poststempel zum Opfer.

Wer also im Online-Handel Kondome anbietet, sollte sich stets davor hüten, die Originalverpackung des Herstellers anzutasten – es droht regelmäßig ein (strafbewehrter!) Verstoß gegen das Medizinproduktegesetz.

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