Die chinesische Kundschaft wird es danken: Paymill gibt Kooperation mit WeChat Pay bekannt

Ab 2019 können deutsche KMU mit dem Münchener Zahlungsdienstleister Paymill über WeChat Pay an chinesische Online-Kunden oder Touristen bargeldlos Waren und Dienstleistungen verkaufen. Für deutsche Online-Händler eröffnet sich somit ein Riesenmarkt.

Die Volksrepublik China tickt anders als der Rest der Welt. Dort haben sich auch ganz andere Zahlungsdienstleister, Handels-, Internet- und Versicherungsriesen entwickelt. Die größten davon sind Alibaba („Chinas Amazon“) und Alipay, die WeChat-Mutter Tencent („Chinas Facebook“), der größte Internet-Player des Landes mit einer Marktkapitalisierung und Ping An Insurance, mittlerweile die größte Versicherungsgesellschaft der Welt – vor AXA und der Allianz SE.

Die chinesische Kundschaft wird es danken: Paymill gibt Kooperation mit WeChat Pay bekannt – pixabay.com ©GDJ (Creative Commons CC0)
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WeChat Pay hat 2017 nach eigenen Angaben Alipay der Alibaba Group mit 600 zu 450 Millionen aktiven Nutzern als größte chinesische Mobile-Payment-Plattform überholt und setzt nun auch einen Fuß nach Europa. Unlängst hat die Schweizer Muttergesellschaft CYBERservices SA für Paymill und Klik & Pay eine internationale Übereinkunft mit dem chinesischen Zahlungsanbieter getroffen. Ab Januar 2019 können demnach kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), die Paymill als Zahlungsdienst nutzen, chinesischen Online-Kunden oder Touristen die Abrechnung über WeChat Pay in der DACH-Region anbieten. Zunächst können chinesische Kunden mit Paymill und WeChat online bezahlen, die Offline-Bezahlmöglichkeit für den stationären Handel wird später zur Verfügung stehen.

Paymill deckt als Zahlungsdienstleister mit SEPA-Lastschrift, Kredit- und Debitkarten wie VISA und MasterCard, mit PayPal und SOFORT (-Überweisung) rund um den Globus bereits sichere Zahlungen in über 100 Ländern ab. Der Vertrag mit dem chinesischen Riesen WeChat ist ein wichtiger Schritt, um deutschen, österreichischen und Schweizer KMU-Kunden den Zugang zu dem größten Einzelmarkt weltweit zu eröffnen.

WeChat Pay in der Praxis

Händler können WeChat Pay auf zweierlei Weise nutzen: in Form einer elektronischen Geldbörse bei Online-Zahlungen oder in Form einer WeChat App mit QR-Code für den stationären Handel. Die Online-Funktion erlaubt deutschen E-Commerce-Treibenden oder Online-Shops, Waren und Dienstleitungen ab Januar 2019 auch in China anzubieten und abzubuchen.

WeChat Pay dient dabei als elektronische Geldbörse. Der chinesische Kunde wählt einfach WeChat Pay als Zahlungsoption, gibt seine Zugangsdaten ein und bestätigt die Zahlung. Sobald die WeChat-Funktion onlinegeschaltet ist, müssen sich deutsche Händler um nichts kümmern, die Zahlung erfolgt mit Paymill so einfach und sicher wie gewohnt.

Chinesische Touristen, die in einem deutschen Souvenirgeschäft etwas sehen, was ihnen gefällt, müssen normalerweise ausreichend Bargeld in Euro mit sich führen oder zum nächsten Wechselautomaten gehen – und sind dann als Kunden meist schon verloren. Mit WeChat Pay kann das bei besagten 600 Millionen Nutzern – Tendenz stark steigend – nicht so schnell passieren. Der chinesische Mobile Payment Service ist Teil der WeChat App und wird sich künftig ganz einfach in die Paymill-Plattform integrieren.

Um bargeldlos bezahlen zu können, muss der chinesische Tourist dafür nur die WeChat App auf dem Smartphone installiert haben, darüber einen QR-Code generieren und diesem dem Händler zum Einscannen vorzeigen. Die Zahlung erfolgt dann automatisch und absolut sicher für beide Seiten. Paymill wird diese Offline-Funktion zeitnah für den stationären Handel freizuschalten. Voraussichtlich werden chinesische Touristen in der zweiten Jahreshälfte 2019 mit Paymill über die WeChat App in deutschen Ladengeschäften bezahlen können.

Chinesisch kein Pflichtprogramm, aber…

„Nǐ huì shuō hàn yǔ ma?“ Kein Chinese, der nach Deutschland kommt, wird Ihnen die Frage stellen, ob Sie Chinesisch sprechen können. Das müssen Sie auch nicht. Aber wenn Ihr Geschäft sehr zentral gelegen ist und Sie im Hochpreissegment Kleidung, Taschen oder Armbanduhren verkaufen, kann es nicht schaden, sich mit entsprechenden Hinweisschildern oder einer Übersetzungs-App auf gut zahlende chinesische Touristen einzustellen. Für Schweizer Nobelläden gehört das fast schon zum guten Ton, manche Verkäufer können die oben gestellte Frage dort sogar bejahen.

Wenn Sie zukünftig Zahlungen über WeChat akzeptieren, sollten Sie die chinesische Kundschaft darüber in Kenntnis setzen und entsprechende Informationen auf Chinesisch bereithalten. Überlassen Sie die Übersetzung am besten den Profis oder einem Chinesen mit ausgezeichneten Deutschkenntnissen. Das erhöht die Chance auf mehr gut zahlende Besucher aus dem Milliardenreich der Mitte, attraktive Produkte natürlich auch.

Was Chinesen aus Deutschland mögen

Deutsche Automobilmarken wie Daimler, BMW und Audi sind bei den Chinesen ganz oben auf der Beliebtheitsskala. Als Souvenir sind sie allerdings eher ungeeignet. Messer und Scheren sind es als Geschenk eigentlich auch und gehören sogar zu den absoluten Tabus im Reich der Mitte, weil sie die Freundschaft oder die bei den Chinesen so wichtige Beziehung (guānxi ) zerschneiden könnten. Bei Zwilling und anderen Edelmarken aus Solingen macht man aber gerne eine Ausnahme oder kauft sie zunächst für sich, um sie dann in der Familie oder an Freunde weiterzugeben. Rasierapparate und andere Produkte der Marke Braun sind auch sehr beliebt bei den Chinesen, ebenso Füller von Montblanc, am besten die mit Goldfeder.

Überraschend hoch ist die Zahl der Milchprodukte, die von Chinesen in Deutschland gekauft werden. Wie e-woow schreibt, ist Milch mit bis zu 3,50 Euro pro Liter ein Luxusprodukt in China und haben sich die Milchexporte aus Deutschland dorthin zwischen 2010 und 2012 vervierzehnfacht. Der eigentliche Hintergrund ist allerdings weniger der Preis als eine Reihe von Skandalen um gepanschtes oder sogar vergiftetes Milchpulver in der Zeit zwischen 2009 und 2011, in die die zwei größten Molkereien Chinas verwickelt waren, darunter der WM-2018-Sponsoren Mengniu, die Nummer 10 weltweit. Die Folge davon war, dass die Regale in deutschen Super- und Drogeriemärkten teilweise jahrelang von chinesischen Kunden praktisch wie leergefegt wurden und einzelne Ketten wie in DDR-Zeiten die Ware schon rationieren mussten.

Deutscher Wein und deutsche Qualität

Deutsche Weine, vor allem liebliche und halbtrockene, erfreuen sich bei den Chinesen auch wachsender Beliebtheit, der Export hat sich laut e-woo im letzten Jahrzehnt verzehnfacht. Im Textilbereich sind vor allem Sportmarken wie Adidas und Puma sehr gefragt in Fernost. Die beiden Marken stehen bei den Chinesen, wie so viele andere Waren Made in Germany, für „Qualität, Leistung, Zuverlässigkeit und Prestige“, so e-woo.

Manche chinesischen Touristen kleiden sich ähnlich bunt wie die Amerikaner, sind es vielleicht sogar. Es fällt aber auf, dass immer mehr Chinesen eher auf nachhaltige Stoffe und Marken stehen. Nicht umsonst hat neben bekannteren deutschen Modelabels wie Marc O’Polo und Escada auch OSKA aus Garching bei München mit viel Leinen und gewalkter Wolle eine Filiale im teuren Shanghai eröffnet.

Kuckucksuhren und Trachtenmode

Deutsche Kuckucksuhren gehören zu den Klassikern bei den chinesischen Touristen, ebenso Fußball, Bier und – zur Münchener Wiesn aktuell – Trachtenmode. In Taiwans Hauptstadt Taipeh hat um 1990 in einer der teuersten Einkaufsmeilen ein großes Trachtengeschäft eröffnet und Dirndl teilweise zu Preisen von damals jenseits der 100.000 NT$ oder 6.500 DM angeboten.

Im Kosmetikbereich kommen Nivea und Dr. Wolff mit dem bei Männern beliebten Alpecin in China sehr gut an. Denn Haarausfall ist auch im Reich der Mitte ein immer wichtigeres Thema. Die Haarpracht ist den Chinesen so wichtig, dass etwa 30 Prozent von ihnen 80 Euro und mehr dafür ausgeben – pro Monat.

Im Luxussegment läuft in China alles, was Rang und Namen hat, egal ob deutsche oder andere europäische Marken, so zum Beispiel auch bei Elektronik. Schließlich kosten die Produkte in Deutschland weit weniger als in China. Zu den beliebtesten Marken bei Kleidung und Schmuck gehören Chanel, Louis Vuitton, Cartier, Hermès, Giorgio Armani und Rolex. Prada, Gucci und Co. haben natürlich auch große Zugkraft bei Chinesinnen, von denen die betuchteren am Wochenende schon mal tausende von Kilometer nach Hongkong, Beijing oder Shanghai fliegen, um sich damit „einzudecken“.