Kooperative Zusammenarbeit als Erfolgsfaktor im B2B

Wenn der B2B-Handel sich mit Digitalisierung beschäftigt, kommt er am Thema „Plattformen“ nicht mehr vorbei. Dabei steht allerdings nicht allein Prozessoptimierung im Vordergrund. Fachhändler und Hersteller bewerten Plattformen verstärkt danach, wie sehr diese sie in ihren Geschäftsbeziehungen unterstützen. Dies wurde auch deutlich, als sich rund 300 Händler, Hersteller und Dienstleister beim Mercateo Unite Supplier Day 2017 in Leipzig in der Kongresshalle am Zoo trafen und sich in Foren und Vorträgen miteinander austauschten.

„Das Plattformenzeitalter hat begonnen, oder besser gesagt: das Kooperationszeitalter. Hersteller und Händler müssen lernen, jetzt in eine echte Kooperation zu kommen“, lautete das Plädoyer von Ralph Hübner, Partner der Beratung Suberg Strategy Consultants, der in seinem Vortrag über Plattformstrategien sprach. B2B-Unternehmen müssten verstehen, dass Plattformen im Gegensatz zu Marktplätzen, auf denen häufig Anonymität herrscht und der beste Preis im Vordergrund steht, von einem kooperativen Miteinander leben: „Der Begriff Plattformen wird derzeit häufig missbraucht, da in der Regel direkte Beziehungen unterbunden und die Anbieter vom Einkäufer abgeschnitten werden. Aber der Grundgedanke von Plattformen ist ja, dass es ein gemeinsames Fundament gibt, auf dem aufgebaut werden kann.“ Davon ist auch Mercateo Vorstand Bernd Schönwälder überzeugt: „B2B-Handel ist gelebte Arbeitsteilung. Eine echte B2B-Plattform stärkt die Kooperation zwischen den Teilnehmern und fördert somit direkte Geschäftsbeziehungen.“ Das ist auch das Ziel der neuen Vernetzungsplattform Mercateo Unite, die im März 2017 live ging. Die Plattform schafft die Infrastruktur für Händler und Hersteller, damit diese mit ihren Kunden einfach online Geschäfte abwickeln können.

Während Plattformen für die einen den Einstieg ins digitale Geschäft bilden, können sie auch onlineaffinen Unternehmen Arbeit abnehmen. Dazu Hübner: „Ein Online-Shop muss alle zwei Jahre neu gemacht werden; in dieser Hinsicht profitieren sie viel mehr von Plattformen.“ Diese Meinung vertrat auch Ralf Kruse, Prokurist beim Werkzeughersteller PFERD, der neben dem eigenen Online-Shop auf ein breites Fachhandelsnetz und dessen Präsenz auf Plattformen setzt. Er sieht die Herausforderungen der Digitalisierung vor allem darin, die Erfolgsfaktoren aus der analogen Welt in die digitale zu übertragen, zum Beispiel die Beratungskompetenz. „Seit Beginn des Onlinehandels haben wir Bauchschmerzen, dass wir den Beratungsservice online nicht leisten können. Durch die Verbindung mit dem Fachhandel über Mercateo Unite haben wir dies gelöst.“

Ein Vordenker in Sachen B2B-Onlinehandel ist der Werkzeugfachhändler Reidl aus der Nähe von Passau. Geschäftsführer Richard Reidl stellte beim Mercateo Unite Supplier Day seine Vertriebsstrategie vor, die sich aus den klassischen Vertriebskanälen, einem Webshop sowie Präsenzen auf verschiedenen Marktplätzen und Plattformen zusammensetzt – eine Bandbreite und technisches Know-how, das nur wenige Fachhändler aufweisen und bei dem sich Reidl von den Anbietern mehr Unterstützung wünscht: „Die Hersteller sollten die Zugkraft ihrer Marke mehr nutzen, beispielsweise durch die Bereitstellung von Marketingmaterial und digitalen Features für den Fachhandel.“

Während einige Hersteller versuchen, diesen Anforderungen und dem Digitalisierungsdruck gerecht zu werden, beschäftigt sich PFERD bereits seit vielen Jahren mit diesen Themen: „Bei anderen brennt die Hütte, bei uns brennt nur das Feuer im Herd, auf dem wir digitale Spezialitäten köcheln.“ Ralf Kruse sieht einen wichtigen Faktor für eine erfolgreiche Digitalisierung im Aufbau von Know-how über das eigene Personal: „Ein Nebeneffekt der Digitalisierung ist eine wachsende Geschwindigkeit in allen Bereichen des Unternehmens. Dieser muss man gewachsen sein, indem man die Kompetenzen im eigenen Haus hat.“

Diesen Ansatz unterstützte auch Jan Grosser, Leiter E-Commerce bei fischer Befestigungssysteme in der Podiumsdiskussion. Dabei betonte er die Wichtigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Fachhändlern: „Beim Thema Digitalisierung fällt es vielen schwer, den richtigen Weg zu finden. Wir versuchen genau hier, unsere Herstellerkompetenzen mit einzubringen: Forschung und Produktentwicklung, Lieferung sowie Prozessintegration, um uns mit dem Handel zu vernetzen. Hier versuchen wir eine große Spielwiese zu bieten, je nachdem, über welche Kanäle sich der Händler positioniert.“

Grosser machte deutlich, dass Firmen ihre Kunden nicht an Plattformen verlieren, sondern von deren Infrastruktur profitieren: „Mit Mercateo Unite können wir ein wichtiges Thema outsourcen: Die operative Umsetzung. Somit sparen wir wahnsinnig viel Zeit, in der wir sonst mit Händlern und Kunden über technische Anforderungen und deren Machbarkeit kommunizieren müssten, und die wir so in unsere originären Kernkompetenzen investieren können.“ Wie wichtig für Hersteller ein digitaler und fortschrittlicher Handel ist, wurde im Workshop des Tastaturherstellers Cherry mit Business Development Manager Stefan Lutter klar: „Wir leben vom Fachhandel. Wir sind keine Marketingfirma. Wir fokussieren uns auf die Fachhändler und gehen nicht über die ‚Großen‘.“

Fachhandel und Hersteller müssen die Möglichkeit erhalten, sich unkompliziert zu verbinden, um digital zusammenzuarbeiten. Plattformen können hier eine wichtige technische Infrastruktur bieten, wodurch Händler Zeit für die Beratung vor Ort gewinnen und sich Hersteller auf die Produktentwicklung konzentrieren können. „Kooperatives Miteinander ist ein Erfolgsfaktor im B2B-E-Commerce“, fasste Schönwälder die Erkenntnisse des Tages zusammen. „Die Einsparung von Prozesskosten durch Digitalisierung kann nicht das wichtigste Ziel sein. Vielmehr muss kooperatives B2B im Mittelpunkt aller Anstrengungen liegen, bei dem die persönlichen Beziehungen erhalten bleiben, um leistungsfähige industrielle Kooperationen auch im digitalen B2B zu ermöglichen. Wertschöpfung entsteht nicht durch Normierung, sondern durch Vielfalt, Differenzierung und Beziehungsfähigkeit.“

Frank