Wo Retail und E-Commerce sich ergänzen

Was die Studie “Handel digital – Online-Monitor 2016” des Handelsverbands Deutschland HDE (Download als PDF) zutage fördert, ist auf den ersten Blick wenig überraschend: 2015 stiegen die in Deutschland getätigten Ausgaben für Online-Käufe um 9 % an, für 2016 wird eine Steigerung des Umsatzvolumens im Online-Handel in Höhe von 4,2 Milliarden Euro prognostiziert. Dennoch bleibt der Einzelhandel weiterhin relevant, denn auch dort stiegen 2015 die Ausgaben, wenn auch nur um 0,2 %. Eine Rolle spielen Synergieeffekte, die Retail-orientierte Unternehmen durch die Nutzung des Internets erzielen.

Sehen…

Einen interessanten Ansatz verfolgt das Optikunternehmen Fielmann. 2015 wurden laut der HDE-Studie 71,3 % des Umsatzes im Nonfood-Bereich durch Cross-Channel-Käufer erzielt: Das sind Kunden, die sowohl online als auch offline einkaufen. Fielmann verfügt über ein flächendeckendes Netz an Filialen, praktisch überall in Deutschland ist eine Niederlassung zu finden – einen Online-Shop gibt es jedoch nicht. Anstatt sich wie viele Wettbewerber auf den Online-Vertrieb zu konzentrieren, verkauft Fielmann seine Produkte ausschließlich in den Ladengeschäften. Online kann lediglich das Sortiment eingesehen werden. Die Website bietet außerdem informative Artikel rund ums Thema Auge, zudem lassen sich ausgewählte Produkte in einer Merkliste speichern.

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Das Konzept funktioniert auch deshalb, weil eine individuelle Beratung vor Ort beim Kauf von Sehhilfen unabdingbar ist: Ein verlässlicher Sehtest oder die Anpassung einer Brille oder von Kontaktlinsen sind über das Internet schlicht nicht durchführbar.

…hören…

Hier zeigt sich, dass in Geschäftsfeldern, die die Gesundheit der Konsumenten betreffen, kein Weg daran vorbeiführt, die eigenen vier Wände zu verlassen, sofern das Produkt ideal auf die Bedürfnisse des Endnutzers zugeschnitten sein soll. Dass auch kleine Unternehmen ohne eigenes Filialnetz deswegen vom Internet profitieren können, zeigt das Beispiel von audibene. Das auf Hörakustik spezialisierte Portal bietet neben Informationen zu den Themen Hörverlust und Hörgeräte auf der Website eine telefonische Expertenberatung an. Anpassung und Verkauf sind, ähnlich wie bei Fielmann, nicht online, sondern nur vor Ort möglich. Anders als die Optikerkette verfügt audibene nicht über ein eigenes Filialnetz, sondern über ein bundesweites Partnernetzwerk von selbstständigen Hörakustikern. Je nach Standort des Kunden wird dieser an einen Hörakustiker in der Nähe vermittelt, der den Kunden individuell betreut.

…und schmecken

Den umgekehrten Weg gehen mittlerweile viele Lebensmittelanbieter. In Großbritannien drängt Onlineriese Amazon mit seinem Service “Amazon Fresh” aggressiv auf den Markt – und sagt traditionellen Supermärkten den Kampf an. In Deutschland starten viele Lebensmittelketten ihre eigenen Online-Shops, über die man sich frische Ware liefern lassen kann. Laut der HDE-Studie wächst der Markt für Lebensmittelbestellungen im Internet langsam, aber stetig. Viele Nutzer betrachten das Konzept (noch) skeptisch. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob Retail in diesem Bereich weiterhin den Ton angeben wird.

Frank