Amazons neue Versandbedingungen verärgern viele US-Händler

Amerikanische Marketplace-Händler müssen ab Mai eine kostenfreie Versandoption anbieten. Zwar betrifft die neue Regelung nur einige Produkte, doch sie könnte richtungsweisend sein. Das befürchten jedenfalls die Händler und reagieren mit Empörung. Auch deutsche Händler fürchten weitere Eingriffe in ihre Preisgestaltung.

Es vergeht kein Tag, ohne das Amazon für Schlagzeilen sorgt. Seine kommerziellen Aktivitäten verwirren immer wieder die Teilnehmer unterschiedlicher Märkte. Nun hat es die Marketplace-Händler in den USA erwischt. Ab dem 26. Mai 2016 sollen sie ganz bestimmte Produkte versandkostenfrei liefern. Das hat Amazon kürzlich angeordnet und in seinen Versandkostenbedingungen festgeschrieben. Betroffen sind alle Artikel aus der Kategorie „Schuhe, Handtaschen & Sonnenbrillen“, wobei die kostenlose Versandoption für Marketplace-Händler erst ab einem Kaufpreis von 49,- Dollar verpflichtend sei. Darüber informierte sie der Online-Händler kürzlich in einer Mitteilung und bat zugleich, die bestehenden Angebote zu überprüfen und zu aktualisieren.

Viele Marketplace-Händler sind verärgert

Amazons neue Versandbedingungen verärgern viele US-Händler
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Noch wissen die Marketplace-Händler nicht recht, wie sie auf die neuen Bedingungen reagieren sollen. Sie befürchten jedoch, dass die Neuerung Amazons zukünftige Politik vorwegnimmt. Bald könnte die kostenfreie Versandlieferung auch andere Kategorien betreffen. Selbst kostenfreie Retouren wären möglich. Daher empfinden viele Shop-Betreiber die neuen Vorschriften als einen Machtmissbrauch und versuchen im Amazon-Forum ihren Ärger auszudrücken. Lauthals beklagen sie sich über die tückischen Methoden, mit denen der Online-Riese ihre Preisgestaltung zunehmend unter seine Kontrolle bringt. Die Dominanz, mit der Amazon seine Regeln diktiert, wirkt insbesondere auf kleine Händler erdrückend. Für sie hat der E-Commerce-Riese schon lange die Grenzen überschritten. Dementsprechend ratlos blicken sie in die Zukunft. Das gilt auch für die deutschen Händler. Denn es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie schon bald das Schicksal ihrer US-Kollegen teilen müssen.

Hängt die neue Vorschrift mit Amazons Engagement auf dem Modemarkt zusammen?

Amazons neue Versandvorschriften könnten ein Teil der Strategie sein, die der Konzern seit jüngster Zeit in der Modebranche verfolgt. Er investiert in sämtliche Projekte und bemüht sich um Marktanteile. Er kreiert eigene Modemarken, produziert Modesendungen und plant eigene Modeläden, die sowohl on- als auch offline Fashion-Artikel anbieten. Dass der Gigant nun den kostenfreien Versand ausgerechnet für Modeartikel anordnet, wirkt daher mehr als suspekt: er schwächt dadurch die kleinen Modehändler. Da sie in Zukunft den Versand für die betroffenen Produkte selber bezahlen müssen, fällt der Erlös geringer aus. Als Konkurrenten auf dem Modemarkt verlieren sie auf diese Weise an Einfluss, während Amazon seine Stellung stärkt. Die neuen Versandvorschriften für Marketplace-Händler könnten daher ein Instrument sein, mit dem er sich in der Fashion-Branche Marktvorteile verschaffen will.

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