Amazon-, eBay- und andere Plattform-Händler im Visier der Finanzbehörden

Tausende von Privatanbietern auf Plattformen wie Amazon oder eBay müssen demnächst mit der Gefahr der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens rechnen. Im schlimmsten Fall steht sogar ein Besuch der Steuerfahndung ins Haus. Der Grund hierfür sind in der Vergangenheit über Plattformen getätigte Verkäufe als Privatperson, die sich bei genauer Betrachtung der Finanzbehörden als gewerbliche Aktivität darstellen. Darauf weist Jeroen Breforth, freier Dozent für Steuerstrafrecht, Forensiker in Wirtschaftsstrafsachen sowie Fachjournalist zum Thema Wirtschaftskriminalität und Steuerstrafrecht, hin.

So mancher Verkäufer wird sich an seinen Verkäufen demnächst nicht mehr erfreuen können. Vor allem betroffen sind die Privatanbieter, die in den Jahren nach 2003, ob wissentlich oder unbewusst, auffallend viele Verkäufe oder Umsätze von insgesamt über 17.500 Euro jährlich generiert haben.

Auf den Internet-Plattformen gibt es eine Vielzahl nicht willkommener Besucher: Kriminelle und potentielle Steuerhinterzieher. Die Finanzverwaltungen setzen aus diesem Grund schon seit Jahren spezielle Internetkontrolleure, Fahnder oder spezielle Computerprogramme ein, denn der Online-Handel hat sich in der Vergangenheit enorm ausgeweitet. Die Verdachtsfälle auf kriminelle Machenschaften und Steuerhinterziehungen sind stark angewachsen.

Die Steuerfahndung Hannover forderte im Jahr 2012 einen großen Internetanbieter auf, im Rahmen eines Sammelauskunftsverfahrens alle Händler mit Klarnamen und Adressen, die einen Umsatz von über 17.500 Euro im Jahr erzielten, zu benennen, jedoch ohne konkrete Ermittlungshandlungen gegen einzelne Verkäufer darzulegen.

Das Verfahren landete nach der Ablehnung auf Herausgabe der Daten vor dem Niedersächsischen Finanzgericht. Das Finanzgericht erteilte erstinstanzlich dem Finanzamt für Fahndung und Strafsachen in Hannover eine Absage und ließ ein solches Sammelauskunftsverfahren nicht zu, da der Internetriese sich zu Recht wehre, so die Richter. Die Internetplattform berief sich auf eine vertragliche Klausel, wonach das hier in Deutschland ansässige Unternehmen mit einer in Luxemburg ansässigen Partnergesellschaft vertragliche Verschwiegenheit vereinbart hatte und die Daten überdies auf dem Server im Ausland gespeichert waren.

Die Parteien trafen sich vor dem Bundesfinanzhof, der diese Entscheidung jedoch im Juli 2013 wieder aufhob und an das in Hannover ansässige Finanzgericht zurückverwies. Aktuell kommt dasselbe Gericht abermals zu der gleichen Entscheidung, dass das Auskunftsersuchen legitim war, daher wurde  einer erneuten Revision nicht zugestimmt. Wenn das Urteil Anfang September rechtskräftig wird, wovon Beobachter des Verfahrens nach dem aktuellen Stand ausgehen, wird die Freude in den Steuerfahndungsstellen groß sein.

Wie aber funktioniert Steuerhinterziehung auf den Online-Plattformen?

Unter den vielen gewerblichen Verkäufern auf eBay, Amazon & Co., findet man neben Hehlern auch viele Anbieter, die sich als Privatverkäufer auf den Plattformen präsentieren, es in Wirklichkeit aber gar nicht sind.

Bei eBay wird die Anzahl der Verkäufe offen ausgewiesen, bei Amazon hingegen nur die Anzahl von Kundenbewertungen, die auf eine möglich verkaufte Menge und damit auf eine mögliche gewerbliche Handlung  hinweisen. Alibaba ist für deutsche Ermittler dagegen fast gar nicht greifbar.

Die Verkäufer treten selten mit ihrem wirklichen Namen auf, sondern größtenteils unter Pseudonymen, was es den Fahndern der Finanzverwaltungen erschwert gegen diese Verkäufer etwas unterzunehmen.

Seit Jahren müssen die Ermittler zusehen, wie Tausende als privat getarnte Verkäufer Jahr insgesamt millionenschwere Umsätze generieren, ohne diese zu versteuern. Dem Fiskus entgehen dadurch pro Jahr Umsatz-, Gewerbe- und Einkommensteuer in Millionenhöhe.
Verkauft eine Privatperson ab und an Dinge aus dem eigenen Umfeld, so interessiert das die Finanzbehörden nicht. Einige nutzen die Plattformen aber dazu Geld zu verdienen, indem sie Waren einkaufen oder ersteigern, und diese anschließend zu einem höherem Betrag wieder verkaufen. Diese Aktionen jedoch sieht der Gesetzgeber schon als unternehmerische Handlung an.

Als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes gilt nämlich, wer eine gewerbliche Tätigkeit selbständig ausübt. Jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ist damit – im Sinne des Umsatzsteuergesetzes – als gewerbsmäßig zu betrachten, selbst wenn keine Gewinnerzielungsabsicht besteht.

Amazon, eBay und andere Internet-Plattformen mussten sich in der Vergangenheit auch immer wieder nachsagen lassen, dass sie Gauner geradezu einladen, Hehlerware anzubieten.
Seit Anfang 2015 haben eBay, Amazon & Co. ihre Regeln daher verschärft. Verkäufer müssen neben der Kopie des Personalausweises und Angaben zu Bankverbindungen auch die Gewerbeanmeldung oder ein Handelsregisterauszug vorlegen, was dazu dienen soll, die Verkäufer transparent zu erfassen und Kriminalität und Steuerhinterziehung zu reduzieren.

Betroffene Personenkreise haben noch die Möglichkeit sich mit einer strafbefreienden Selbstanzeige vor den Folgen eines Steuerstrafverfahrens zu schützen, solange die Taten durch die Steuerfahnder noch nicht aufgeflogen sind. Entdeckt sind sie allerdings schon dann, wenn die betroffenen Personen bei einem Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung mit auf der Liste stehen.