Folgen des ElektroG auf den mittelständischen Handel noch tiefgreifender als angenommen

Zusätzlich zur neu eingeführten Rücknahmepflicht von Elektroschrott muss zukünftig jeder Internethändler, der in EU-Nationen verkauft, in jedem dieser Länder eine Zweigstelle oder Bevollmächtigten nachweisen. Doch ist das nicht alles: Der Händler wird im Sinne des ElektroG2 in dem jeweiligen Land zum Hersteller. Das bedeutet: Er muss je Marke und Geräteart eine Registrierung durchführen. Doch zur Erfassung der Gerätemengen, die international verkauft werden, bedarf es dieses „Bürokratie-Monsters“ nicht. Eine Kleinstmengenregelung ist in dem von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) vorgelegten Gesetzentwurf nicht vorgesehen.

BVOH: Folgen des ElektroG auf den mittelständischen Handel noch tiefgreifender als angenommen
Folgen des ElektroG auf den mittelständischen Handel noch tiefgreifender als angenommen 1

„Das ElektroG verpflichtet den Handel nicht nur zum Umgang mit gefährlichem Schrott, sondern es wird zu einem K.o.-Kriterium für viele Web-Händler, die Elektrogeräte EU-weit verkaufen wollen oder müssen, um überleben zu können“, so Oliver Prothmann, Präsident des Bundesverband Onlinehandel e.V. (BVOH). Diese Form von behördlicher Handelsbeschränkung helfe ausschließlich den Herstellern, die durch ein solches Konstrukt ihre territorialen Grenzen wieder festigen könnten. Die dramatische Folge sei, dass die EU ihren Binnenmarkt im Elektronikhandel verliere.

Der Handel ist sich natürlich seiner Pflicht zu ökologischen und ökonomischen Handeln bewusst. Der BVOH unterstützt explizit das Vorhaben der Regierung, die Rücknahmequote bei Elektroschrott zu erhöhen. Der von den Kommunen gesammelte E-Schrott wird ohnehin auf Kosten der sog. Inverkehrbringer verwertet. Eine Zersplitterung der Rücknahmewege ist unnötig. Daher schlägt der BVOH vor, aktiv eine Aufklärung der Verbraucherinnen und Verbraucher zu unterstützen, damit die Elektro-Altgeräte auch wirklich bei den kommunalen Entsorgern ankommen, die auf eine fach- und sachgerechte Abfallbeseitigung eingerichtet sind.

Das neue Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG2) fordert auch von Internet-Händlern, dass sie umweltschädliche, gesundheitsgefährdende oder leicht in Brand geratende Stoffe zurücknehmen. Dazu zählen etwa lithiumhaltige Batterien und Akkus, blei- oder cadmiumhaltige Batterien, ozonschichtschädigende Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), Fluorkohlenwasserstoffe (FKW), Quecksilberschalter, bleihaltige Bildröhren, asbesthaltige Bauteile, PCB-haltige Kondensatoren oder flammschutzmittelhaltige Leiterplatten.

Das sei verantwortungslos, denn viele dieser Inhaltsstoffe dürfen eigentlich nur unter speziellen Auflagen versendet und vor allem gelagert werden.“ An den Online-Händler zurückgeschickte Pakte mit E-Schrott könnten sich als böse Überraschung herausstellen. Die Gefahr für den Händler und seine Mitarbeiter, nicht ordnungsgemäß verpackten Elektroschrott zu öffnen, ohne zu wissen, was im Paket sei, sollte nicht unterschätzt werden, fährt Oliver Prothmann fort. Diese übertriebene Pflicht zur Rücknahme gefährlichen Abfalls und zu dessen Weiterverbringung wäre zur Erfüllung der ökologischen Ziele der WEEE-Richtlinie nach Ansicht des BVOH allerdings gar nicht erforderlich.

Eine Rücknahmepflicht für Elektro- und Elektronik-Altgeräte im Handel würde einen erheblichen Erfüllungsaufwand erfordern, der in keinem Verhältnis zum ökologischen Nutzen stünde. Die langjährigen Erfahrungen mit der so genannten Selbstentsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen zeigen deutlich, dass am „point of sale“ keine relevanten Mengen erfasst werden können, die den Aufwand für Aufbau und Betrieb einer Rücknahmeinfrastruktur der Händler rechtfertigen würden.

Der massive bürokratische und organisatorische Aufwand, vor allem bei grenzüberschreitendem Handel in Europa, sowie die finanziellen Belastungen für den deutschen Online-Handel sind von kleinen und mittleren Händlern nicht zu bewältigen. Das wirtschaftliche Aus droht. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum das Gesetz, welches seit anderthalb Jahren überfällig ist und bereits von der EU angemahnt wurde, gerade zur wichtigsten Handelszeit des Jahres im Weihnachtsgeschäft rechtskräftig werden muss. Selbst die eingeräumten Fristen von drei Monaten sind nicht einzuhalten und schaden der Handelswirtschaft und damit Deutschland maßgeblich.