Zalando gründete konzernweiten Betriebsrat – verdi kritisiert Verfahren

Zalando beschäftigt in Europa mittlerweile 7.000 Mitarbeiter. Dem Konzern, der seit einiger Zeit eine europäische Aktiengesellschaft ist, wurde in der Vergangenheit von der Gewerkschaft dahingehend kritisiert, seine Mitarbeiter hinsichtlich Mitbestimmung im Dunklen stehen zu lassen.

Vor kurzem hat Zalando einen konzernweiten Betriebsrat nach europäischem Recht gegründet (SE-Betriebsrat).  Den Vorsitz des sechsköpfigen Betriebsrats mit Sitz in Berlin hat der Schwede Michael Lindskog (36 Jahre) inne. Lindskog verantwortet als Manager das Skandinavien-Business des Online-Händlers.

Stellvertreter des Schweden ist Dustin Köster, Teamleiter aus dem Erfurter Logistikzentrum. Der Schwede möchte die Zukunft Zalandos sichern und in einen „offenen und konstruktiven Dialog“ mit dem Management treten. Es sei kein deutscher Betriebsrat und ob man diesen wolle, müsse jeder Mitarbeiter für sich selbst entscheiden.

Die Zuständigkeiten eines SE-Betriebsrats sind beschränkt. Das Gremium hat nur Informations- und Anhörungsrechte für Fragen, die den Gesamtkonzern und grenzüberschreitende Fragen betreffen. Jedoch hat der SE-Betriebsrat Einfluss auf die Besetzung der Arbeitnehmersitze im Aufsichtsrat, ferner ermöglicht er in EU-Nationen, die keine gesetzliche Mitbestimmung kennen, ein Mindestmaß an Beteiligung.

Kritik von verdi

Der für den Internet-Handel zuständige Sekretär der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Stefan Najda, beanstandet gegenüber tagesspiegel.de Zalandos Wahlverfahren. Kritische Kandidaten außerhalb der Führungsebene hätten keine Chance bekommen. Die Anwärter hätten sich wie bei einem „Casting“ bei einer Vorstellungsrunde selbst darstellen müssen. Ferner hätten sie Englisch sprechen müssen, weniger gut qualifizierte deutsche Mitarbeiter seien dadurch benachteiligt gewesen.

Die Wahlverfahren lief in zwei Ebenen ab: Erst einmal wählten die Beschäftigten Wahldelegierte und konnten sich als Delegierte selbst aufstellen lassen. Diese Delegiertengruppe wiederum wählte aus einem Kandidatenkreis die Betriebsratsmitglieder.

Boris Radke, Sprecher von Zalando, weist die Vorwürfe zurück. Er erklärte, dass man eine internationale Belegschaft habe. Englisch sei die am häufigsten gesprochene Sprache bei Zalando. Beschäftigte aus dem Ausland hätte man benachteiligt, wenn man darauf bestanden hätte, Deutsch zu sprechen. 40% der Angestellten an den Berliner Standorten kommen aus dem Ausland.

Den „Casting“-Charakter der Wahl habe die Belegschaft ausdrücklich erbeten. „Wenn es nach ver.di gegangen wäre, hätte sie eine Liste von Kandidaten vorgelegt, die die Belegschaft dann hätte wählen sollen“, sagte Radke.

Das Verhältnis zwischen ver.di und Zalando ist seit einiger Zeit bereits angespannt. Die Gewerkschaft wirft dem Konzern vor, bei der Umwandlung in eine SE Arbeitnehmerrechte nicht genügend bedacht zu haben. Die Arbeitnehmerseite bei Zalando räumt ein, dass sie die Bedeutung der SE-Betriebsratswahlen unterbewertet und zu wenig mobilisiert habe.

Die Wahlbeteiligung lag bei nur 25%. Zuletzt habe man sich eher auf die Gründung von regionalen Betriebsräten konzentriert.