Wirtschaftsexperte: Die Streiks bei Amazon sind Unsinn
Prof. Dr. Thomas Roeb M.A. aus dem Fachbereich Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg kritisierte in einem Interview mit Liane von Billerbeck vom Deutschlandradio Kultur die verdi Streiks bei Amazon. Der Handelsexperte ist der Meinung, verdi solle sich lieber an anderen Unternehmen „abarbeiten“! Was die Gewerkschaft bei Amazon treibt ist laut Roeb „wirtschaftlich und auch gesellschaftspolitisch Unsinn„.
Natürlich sei Amazon ein PR-trächtiger Gegner, so der Wirtschaftswissenschaftler weiter, aber es gebe andere Unternehmen, an denen verdi sich versuchen sollte, als ausgerechnet eines, das problemlos seinen Geschäftsbetrieb ins Ausland verlagern könne.
„Amazon schafft sozialversicherungspflichtige, ordentlich bezahlte Arbeitsplätze“ meint Roeb und verglich die Lage bei Amazon mit der bei Schlecker. Amazon schafft – wie früher bei Schlecker – Arbeitsplätze in den Gegenden, wo es sonst keine Arbeitsplätze gibt. Die meisten Angestellten von Schlecker seien nach dem Ende des Unternehmens ohne Arbeit geblieben.
Auch bei Amazon ist die Alternative nicht „Einzelhandels- oder Logistiklohn“, sondern die Alternative ist: Logistiklohn oder gar kein Lohn.
Aber auch in der Belegschaft von Amazon hat sich erneut Widerstand gegen die Verdi-Streiks formiert. Bereits Ende Dezember 2014 waren in Leipzig und Bad Hersfeld mehr als 1.000 Unterschriften gegen die negative Darstellung des Unternehmens in der Öffentlichkeit durch die Belegschaft gesammelt worden.
Auch wurden durch die Mitarbeiter Shirts mit dem Aufdruck „Pro Amazon“ bedruckt. Dadurch wollten die Mitarbeiter zeigen, dass nicht hinter den seit Monaten andauernden Streiks der Gewerkschaft verdi stehen. Verdi kritisierte die Unterschriftenaktion als Spaltung der Belegschaft.
verdi kämpft nicht für die Beschäftigten
Es geht bei den verdi Streiks nicht mehr um die Arbeitnehmer, es geht um das Selbstverständnis von verdi und die gekränkte Gewerkschafterseele. verdi ignoriert seit Monaten die Wünsche derer, die sie vorgeben zu vertreten und setzt weiter auf Selbstverwirklichung.
Verdi geht im Streit mit Amazon ein großes Risiko ein, denn sollten sie ihre Ziele nicht erreichen, wird dies zu einer erheblichen Schwächung von verdi führen, denn den großen Arbeitnehmerverbänden laufen seit Jahren die Anhänger in Scharen davon. Alleine ver.di hat seit 2001 satte 750.000 Mitglieder verloren und ist damit auf zwei Millionen Mitglieder geschrumpft. Der Mitgliederschwund drückt bei verdi auch mächtig auf die Finanzen, zuletzt schrieb verdi sogar rote Zahlen. Neue zahlende Anhänger hätte sie also dringend nötig.
Es geht für verdi also nicht um ein paar Cent pro Stunde für einige wenige Beschäftigte. Der Arbeitskampf bei Amazon entscheidet vielmehr darüber, ob die frühere Massengewerkschaft zukünftig wirklich noch als Stimme der Beschäftigten ernst genommen wird.
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