EU-Kommission untersucht luxemburgische Steuervorbescheide von Amazon

Die EU stellt die Steuerregelungen von Amazon.com in Luxemburg infrage. Aus diesem Grund wurde eine formelle Überprüfung veranlasst. Die Kommission hat den Verdacht, dass der Steuerdeal dem Konzern selektive Sonderrechte verschafft. seit 2012 ist auch der luxemburgische Firmensitz von eBay im Visier der Steuerbehörden.

Amazon verrechnet rund 50% seiner Einnahmen außerhalb der USA über Luxemburg, zahlte jedoch durchschnittlich 6% Steuern in den vergangenen 4 Jahren auf den außer-amerikanischen Gewinn. eBay hingegen 3% Steuern.

Die EU-Kommission hat am vergangenen Dienstag eine vierte Prüfung von eventueller Staatshilfe in Form von Steuerprivilegien eingeleitet. Diesmal geht es um einen Steuer-Vorbescheid, den das Land Luxemburg im Jahr 2003 Amazon ausgestellt hat und der noch immer in Kraft ist.

Solange sogenannte Tax-Rulings den Steuerbehörden nur dazu dienen, einem Unternehmen zu erklären, wie sich die Körperschaftssteuer berechnet, sind sie übliche, erlaubte Praxis. Im derzeitigen Fall jedoch hat die Kommission auf Basis einer Voruntersuchung den vorläufigen Verdacht, dass über das Tax-Ruling selektive, nur für Amazon gültige Vorteile ausgehandelt worden sind und bewilligt werden.

Wenn sich das bekräftigt, dann wäre es ein eindeutiger Fall von Wettbewerbsverzerrung, wie EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia erläuterte. Steuergeschenke wirken wie Subventionen und können die EU-Staatshilferegelungen verletzen.

Die Einzelheiten sind komplexer Natur

Es geht um Verrechnungspreise, die für Transaktionen zwischen verschiedenen Einheiten des Konzerns angewendet werden. Amazon hat seinen Europa-Hauptsitz in Luxemburg. Gemäß der Kommission richtet sich das problematische Tax-Ruling an die Luxemburger Tochtergesellschaft Amazon EU SARL (SARL – Gesellschaft mit beschränkter Haftung). Auf diese Tochtergesellschaft entfällt das Gros der in Europa generierten Gewinne. Doch auf Basis einer im Steuer-Vorbescheid bestimmten Handhabung zahlt Amazon EU SARL eine steuerlich absetzbare Lizenzabgabe an eine andere Amazon-Einheit. Diese ist ebenfalls in Luxemburg beheimatet. Diese unterliegt jedoch nicht der luxemburgischen Körperschaftssteuer.

Je höher die absetzbare Lizenzabgabe ist, desto minimaler wird der steuerbare Gewinn. Laut der vorläufigen Auffassung der Kommission stimmt die Höhe der Lizenzabgabe offenbar nicht den Marktbedingungen überein. Ungewöhnlich sei, dass das Tax-Ruling eine Deckelung des steuerbaren Gewinns enthalte. Die Luxemburger Steuerbehörden haben laut ergänzenden Angaben zugestimmt, die Steuerbemessungsgrundlage auf einen bestimmten prozentualen Anteil des Umsatzes zu deckeln, wie immer auch der tatsächliche Gewinn ausfalle. Erreicht werde die Deckelung mit der erwähnten Lizenzgebühr, mit der Mittel in die nicht steuerpflichtige Gesellschaft verschoben würden. So wird laut Kommission der größte Teil der europäischen Gewinne von Amazon zwar in Luxemburg verbucht, dort aber nicht besteuert.

Die aktuelle EU-Untersuchung richtet sich gegen den Staat Luxemburg und nicht gegen Amazon. Sollte das weitere Verfahren jedoch zu Tage bringen, dass tatsächlich eine ungesetzliche Staatshilfe in Form von Steuerprivilegien besteht, kann die Kommission nicht nur deren Abschaffung verfügen, sondern unter Umständen auch verfügen, dass Luxemburg die in der vergangenen Dekade auf diese Weise erlaubte Hilfe zurückfordert.

Die Eröffnung der formellen Prüfung ist ein weiteres Resultat einer seit 2013 laufenden Voruntersuchung. Diese betrifft die Steuer-Vorbescheide und Patentboxen in einer Reihe von EU-Nationen. Im Juni wurde schon eine genauere Prüfung von Tax-Rulings von Irland für Apple, Luxemburg für Fiat Finance & Trade und der Niederlande für Starbucks eingeleitet.

Zwischen Luxemburg und Brüssel war es Anfang 2014 zu einer Auseinandersetzung darüber gekommen, wie weit die Auskunftspflichten eines Mitgliedstaats in solchen Voruntersuchungen gehen. Die Kommission hat im Juni 2014 rechtliche Schritte gegen Luxemburg eingeleitet, das aus ihrer Sicht zu wenig Informationen geliefert hat. Luxemburg hat im Gegenzug bei den EU-Gerichten gegen die Kommission Klage eingereicht. Diese Verfahren bleiben anhängig. Die Kommission erklärte Anfang der Woche, dass Luxemburg zwar dem damaligen Auskunftsersuchen noch immer nicht komplett gefolgt sei, zu einer bestimmten Anzahl von Fällen, darunter Amazon, habe der Staat im August die geforderten Informationen abgegeben.

Die Luxemburger Regierung zeigte sich sicher, dass die Staatshilfe-Vorwürfe unberechtigt seien. Die detaillierte Untersuchung werde zeigen, dass man Amazon keine Ausnahmen gestattet habe.