Landgericht Frankfurt untersagt Deuter selektives Vertriebssystem

Das Landgericht Frankfurt am Main hat dem Rucksackhersteller Deuter untersagt, die Belieferung eines Händlers davon abhängig zu machen, dass dieser die Waren nicht über eine bestimmte offene Handelsplattform vertreibt. Auch die Nutzung von Preissuchmaschinen sei kein Grund für eine Nicht-Lieferung, heißt es in dem erst jetzt be-kannt gewordenen Urteil (AZ 2-03 O 158/13).

Deuter ist einer der führenden Outdoor-Hersteller Deutschlands und nicht nur in Online-Handelskreisen für sein rigides selektives Vertriebssystem bekannt. „Das ist ein weiterer Punktsieg für den Online-Handel, denn nach den Entscheidungen des Kammergerichts Berlin sowie des Oberlandesgerichts Schleswig und des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist das Landgericht Frankfurt nun das vierte Gericht, das gegen Hersteller-Beschränkungen urteilt. Das lässt uns zwar optimistisch in die Zukunft schauen, doch der Kampf geht weiter“, sagt Oliver Prothmann, Präsident des Bundesverbands Onlinehandel (BVOH). Auch das Bundeskartellamt in Bonn hatte in jüngster Zeit in seinen Ermittlungen gegen adidas und Asics pro Online-Handel votiert. Auch die Wettbewerbsbehörden in Österreich und der Schweiz gehen in dieselbe Richtung.

Frankfurter Richter sehen Logo-Klausel der EU-Kommission nicht als bindend an
Viele Hersteller berufen sich bei ihren selektiven Vertriebsbeschränkungen auf die sog. Logo-Klausel der Europäischen Kommission. Nach Ziffer 54 der Leitlinien der Europäischen Kommission zur Vertikal-GVO (Gruppenfreistellungsverordnung) vom 19.05.2010 kann der Hersteller verlangen, dass, wenn sich die Website des Händlers auf der Plattform eines Dritten befindet, Kunden die Website des Händlers nicht über eine Website aufrufen, die den Namen oder das Logo dieser Plattform tragen.

Nach dem Wortlaut der Logo-Klausel scheint es Herstellern damit gestattet, den Vertrieb über Drittplattformen generell zu untersagen, denn diese tragen regelmäßig ihr eigenes Logo. Laut den Richtern des Frankfurter Landgerichts sei ein solches Verständnis jedoch weder mit Art. 101 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) noch mit Sinn und Zweck von Art. 4 lit. c Vertikal-GVO  vereinbar. Denn es würde faktisch dazu führen, dass Hersteller einen auch nach den tatsächlichen Umsätzen ganz wesentlichen Teil des Internetvertriebs ohne jegliche qualitative Differenzierung untersagen könnten. Im Urteil heißt es deshalb: „(…) Die Leitlinien stammen aus dem Jahr 2010. Mit dem Urteil des EuGH in Pierre-Fabre (GRUR 2012, 844 = EuZW 2012, 28) muss Ziffer 54 der Leitlinien daher als überholt gelten. Schließlich binden die Leitlinien lediglich die Kommission, nicht jedoch die Kammer.“

Mit dieser Entscheidung hat das Landgericht Frankfurt einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zu einem beschränkungsfreien Online-Handel gesetzt. „Auf Grundlage dieses Urteils können wir mit unseren Mitgliedern weitere Schritte gegen Beschränkungen des Online-Handels und insbesondere von existenzbedrohenden Plattform-Verboten diskutieren und weiter Schritte gegen Hersteller planen“, sagt Oliver Prothmann.

Beschränkungen – Worum geht es? 
2012 lag der Umsatz aller online gehandelten Produkte und Dienstleistungen in Europa bei 311,6 Milliarden Euro. Schätzungen zufolge entstanden durch den Online-Handel in Europa bis zu zwei Millionen Arbeitsplätze.  Einseitige Verkaufsverbote durch einzelne Hersteller bedrohen diesen Erfolg, indem sie Händler von ihrem oft wichtigsten Verkaufskanal abschneiden und ihnen damit die Möglichkeit nehmen, preisgünstige und beliebte Online-Plattformen in einem wettbewerbsorientierten Markt zum Vorteil der Kunden zu nutzen. Verbrauchern nimmt man so den Zugang zu transparenten Preisen und der zusätzlichen Auswahl, von der sie im Online-Handel profitieren.

Frank