BGH: Recht auf Anonymität im Internet bleibt bestehen

BGH: Recht auf Anonymität im Internet bleibt bestehen
BGH: Recht auf Anonymität im Internet bleibt bestehen 1

Wie auf der Seite  der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE zu lesen ist, hat der BGH am gestrigen Dienstag folgendes Urteil gefällt: Bewertungsportale sind nicht verpflichtet, über die Löschung der ungesetzlichen Kommentare hinaus, die Identität des Verfassers preiszugeben. Der BGH hat mit dieser überraschenden Entscheidung das Recht auf Anonymität im Internet bekräftigt. Betroffene müssen damit weiterhin ausschließlich den Umweg über das Strafrecht wählen, um herauszubekommen, wer unwahre Tatsachen oder Beleidigungen veröffentlicht.

Die Entscheidung ist deshalb erstaunlich, weil der BGH damit den Urteilen der Vorinstanzen widersprochen hat. Diese hatten jeweils einen Auskunftsanspruch des Arztes bejaht, der von dem Bewertungsportal Sanego erfahren wollte, wer hinter den illegalen zu löschenden Kommentaren steckte.

Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit dem Fehlen einer Rechtsgrundlage. § 13 Abs. 6 Satz 1 TMG (Telemediengesetz) besagt, dass ein Diensteanbieter die Nutzung von Telemedien anonym oder unter Pseudonym einzurichten hat, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Eine Veröffentlichung der Daten darf ferner laut § 12 Abs. 2 TMG generell nicht ohne Einverständnis des Nutzers oder einer speziellen gesetzlichen Basis, die sich auf Telemedien bezieht, erfolgen. Da eine solche gesetzliche Grundlage fehle, könne kein Auskunftsanspruch bejaht werden.

IT-Rechtsanwalt Christian Solmecke erklärt hierzu: „Für Betroffene rechtswidriger Äußerungen im Netz bleibt es nach dieser Entscheidung schwierig denjenigen ausfindig zu machen, der etwas anonym veröffentlicht hat.“ Die Möglichkeit zivilrechtlich die Autoren ungesetzlicher Bewertungen in Anspruch zu nehmen, bleibe ihnen versagt. Das Urteil sei jedoch kein Freibrief für das Verfassen ausfallender Kommentare im Internet. Für Betroffene gebe es immer noch die Option im Wege eine Strafanzeige an die Verfasseridentität zu gelangen.

Der BGH stellte auch klar, dass Betroffene einen Unterlassungsanspruch gegen den Dienstanbieter haben. Problematisch sei allerdings, dass im Falle wiederholter rechtswidriger Äußerungen der Aufwand immer wieder einen Unterlassungsanspruch zu beantragen sehr hoch sei. Ebenso begründe nicht jede unwahre Tatsachenbehauptung eine Straftat, sodass den Betroffenen ohne weitergehenden zivilrechtlichen Anspruch die Hände gebunden bleiben, so Anwalt Solmecke weiter.

Für Bewertungsportale bedeutet das Urteil des BGH eine Entlastung. Der Mehraufwand wäre für sie beträchtlich geworden. Für Betroffene ist die Verteidigung gegen diffamierende Aussagen auch zukünftig langwierig und anstrengend. Der einzige Weg die Identität des Verfassers der Bewertung zu erfahren ist eine Strafanzeige zu stellen und später Akteneinsicht zu beantragen. RA Christian Solmecke beurteilt das Urteil als „ein Schlag ins Gesicht für alle Mobbing-Opfer“. Diese hätten es nun beachtlich schwerer, gegen die Verursacher vorzugehen. Ist keine Straftat gegeben, haben sie lediglich die Möglichkeit persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalte einzeln entfernen zu lassen. Erst wenn die Grenze zur Strafbarkeit überschritten ist, können die Staatsanwälte eingeschaltet werden.

Fazit Rechtsanwalt Christian Solmecke

Durch diese Entscheidung wurde das Recht auf Anonymität im Netz weiter gestärkt. Die Richter des BGH mussten hier abwägen zwischen den gesetzmäßigen Normen, die eine anonyme Bewertung im World Wide Web ausdrücklich gestatten und den Persönlichkeitsrechten des Betroffenen. Die Einschätzung ist aufgrund der eindeutigen Gesetzeslage zugunsten der Betreiber von Bewertungsportalen ausgefallen. Ausschließlich der Gesetzgeber könne hier Abhilfe schaffen indem er neue Gesetze beschließe.