eBay und Amazon aufgepasst: Adidas will harte Bandagen anlegen

Auf Amazon kann man den aktuellen Adidas Schuh „Mundial Goal Indoor“, der im offiziellen Adidas Online-Shop 110,00 Euro kostet aktuell für 70,00 Euro erwerben. Das jedoch ist dem Vorstandschef von Adidas, Herbert Hainer, ein Dorn im Auge. Ab dem 1. Januar 2013 soll daher mit dem Schnäppchen-Verkauf Schluss sein. Unwillkommene Vertriebskanäle, wie beispielsweise auf Amazon oder eBay soll es dann nicht mehr geben. Der Sportartikelhersteller will an seinen Produkten selbst verdienen oder im Höchstfall mit ausgewählten Internet-Händlern das Business im Netz betreiben.

Ab 2013 setzt Adidas in ganz Europa eine neue E-Commerce-Richtlinie durch, was der Konzern bereits Mitte 2012 ankündigte. Änderungen in den Verkaufs- und Lieferbedingungen sollen Vertriebspartner ebenso daran hindern, Adidas-Waren über eBay und Amazon zu verkaufen. Eine Adidas-Sprecherin bekräftigt, dass offene Marktplätze, wie Amazon und eBay, nach dem Jahreswechsel nicht mehr in Frage kämen. Die Marke Adidas solle geschützt werden.

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Es gibt auch noch eine weitere Botschaft für die bisherigen Handelspartner in Europa: Ab dem 1. Januar 2013 darf nur noch an Kunden im Europäischen Wirtschaftsraum sowie der Schweiz geliefert werden. Das bedeutet: An Kunden in den Balkanstaaten, Russland, der Türkei, Asien oder den USA dürften einheimische Adidas-Partner nicht mehr liefern. Die Konkurrenten Nike und Asics ziehen mit Adidas an einem Strang. Händler, die sich gegen die Pflichten sperren, müssen damit rechnen, nicht mehr beliefert zu werden. „Je nach Schwere und Häufigkeit der Verstöße reichen unsere Maßnahmen von der Anmahnung des Regelverstoßes bis zur Schließung der Kundennummer“, so der verantwortliche Vertriebsdirektor Hans Ruprecht.

Der Sportartikel-Markt steht mit der Neuregelung vor einer nicht ganz neuen Auseinandersetzung. Adidas, Nike oder Asics verbünden sich mit Fachhändlern, die auf eine gute Beratung und höhere Preise setzen. eBay und Amazon kämpfen zusammen mit ihren auf den Plattformen aktiven Händlern. Zerrissenheit herrscht bei den Händlern die neben ihrem stationären Ladengeschäft auch die Vertriebskanäle über eBay und Amazon nutzen.

Wie die großen Hersteller immer wieder betonen, geht es bei den neuen Vertriebsregeln einzig um den Markenschutz. Angemessene Präsentation und die Qualitäts- und Servicegedanken stünden im an erster Stelle. Äußerst genau ist festlegt, wie die Waren präsentiert werden sollen und welche Erreichbarkeiten für den Kunden gewährleistet werden müssen. Kleinere Vertriebspartner können da eventuell nicht mithalten. Ruprecht im Markt-Intern-Interview: „Es sollten sich auch nur Händler für das Online-Business entscheiden, die es wirklich wollen und bereit sind zu investieren.“

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Das Bundeskartellamt ist nach Beschwerden Betroffener alarmiert. Es untersucht die neuen Bedingungen der Hersteller bereits seit Juni 2012, um mögliche Wettbewerbs-Restriktionen zu beleuchten. Eine Entscheidung ist bislang noch nicht gefallen. Adidas gibt sich jedoch furchtlos und optimistisch: „Wir werden alles tun, was in unserer Macht steht, diese Richtlinien durchzusetzen“, sagt eine Adidas-Sprecherin dem Wall Street Journal Deutschland.

Bei der angekündigten Neuregelung geht es aber nicht nur um die markenkonforme Produktpräsentation. Experten, wie zum Beispiel Matt Powell, Analyst beim amerikanischen Branchendienst SportsOneSource erklären, dass das wirkliche Ziel der Erhaltung der Hochpreise diene. Die Hersteller wollten die Preise im Internet stärker kontrollieren können sowie den eigenen Internet-Vertrieb gegenüber der Konkurrenz bei eBay und Amazon schützen.

Das zu dieser Ansicht passende definierte Ziel von Adidas-Vorstandschef Herbert Hainer ist die Unabhängigkeit von fremden Handelsstrukturen und der verstärkte eigene Vertrieb der Unternehmensprodukte. Das ist für Adidas und alle anderen Hersteller deutlich gewinnbringender. Laut SportsOneSource bringt dem Hersteller der direkte Vertrieb eine Gewinnspanne von zirka 60%. Wird das Produkt über den Großhandel angeboten, liegt die Marge nur bei rund 40%.

Analyst Zafer Rüzgar von der Analysegesellschaft Independent Research meint, dass Adidas im E-Commerce noch nicht gut aufgestellt sei, denn bislang habe dieser Vertriebskanal bei dem Unternehmen noch keine Rolle gespielt. Doch der Verkauf im Internet ist für Sportartikelhersteller sehr wichtig. So prognostiziert das Marktforschungsunternehmen Ystats.com, dass im nächsten Jahr schon 50% aller Deutschen Bekleidung und Sportartikel im World Wide Web kaufen werden. Das erfreut den Einkaufsverbund Intersport. Sie wollen im März 2013 mit einer eigenen gemeinsamen Plattform, die den Adidas-Anforderungen entspricht, an den Start gehen.

Die Belieferungen an Amazon kann Adidas nicht so einfach stoppen. Der Internetriese bezieht seine Adidas-Artikel nicht direkt vom Hersteller, sondern über Großhändler. Ferner bieten viele kleine Web-Shops Markenartikel über den Marketplace von Amazon an. Es wird in jedem Fall viel davon abhängen, mit welcher Akribie die Hersteller ihre Vorschriften überprüfen und durchsetzen können.

Rechtsanwalt Martin Schirmbacher von der Berliner Kanzlei Härting stellt klar: „Wenn so ein selektives Vertriebssystem nicht konsequent umgesetzt wird, ist die Beschränkung der Händler unzulässig. Die Händler haben dann die Möglichkeit, gegen die Hersteller auf Wiederbelieferung zu klagen und können weiterhin mit den Verkaufsplattformen arbeiten.“

Experten glauben, dass es für die Markenhersteller schwierig werden wird, alle Markenhändler von Amazon und eBay zu verbannen. Mit Blick auf alle Hersteller sagt die McKinsey-Beraterin Dauriz: „Sie können höchstens Anreize schaffen, die eigene Marke nach ihren Vorstellungen zu präsentieren und zu vertreiben.“

Einzelhändler haben berechtigte Angst, dass sie noch weiter ins Aus geraten werden. Ein Insider berichtet sogar von der Praxis von Ladenbesitzern, die Artikel über Amazon ordern, da Adidas den Schuh angeblich lieber selbst verkauft und den Ladeninhaber nicht mehr mit Ware versorgt.

Vertragskonforme Vertriebspartner fürchten einen Graumarkt. Erik Hahn, der neben seinem Weimarer-Schuhladen auch den Versandhandel Shoebedo führt, meint, dass es weiter Händler geben werde, die Markenprodukte auf eBay und Amazon anböten. Er selbst halte sich an die Vorgaben von Nike und verkaufe seit dieser Zeit etwa 80% weniger Nike-Schuhe im Netz. Sein eigener Web-Shop sei klein, eher unbekannt und arbeitsintensiv. Die Reichweite, die er durch Amazon und eBay gehabt hätte, fehle ihm nun.