BGH-Urteil: Internet-Anbieter sind zur Herausgabe von Name und Adresse des Nutzers einer IP-Adresse verpflichtet

Internet-Provider müssen Rechteinhabern auf deren Anforderung den Namen und die Adresse des Nutzers einer IP-Adresse mitteilen, wenn dieser ein urheberrechtlich geschütztes Musikstück offensichtlich unbefugt in eine Internet-Tauschbörse eingestellt hat. Das hat der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) im Streit zwischen einem Musikvertrieb und der Deutschen Telekom entschieden(I ZB 80/11).

BGH-Urteil: Internet-Anbieter sind zur Herausgabe von Name und Adresse des Nutzers einer IP-Adresse verpflichtet
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In dem zu verhandelnden Fall ging es konkret um das Album „Alles kann besser werden” von Xavier Naidoo. Die Naidoo Records GmbH hatte dem klagenden Musikvertrieb das ausschließliche Recht gewährt, die Tonaufnahmen über Online-Tauschbörsen zu vermarkten. Damit diese Rechte gewahrt werden, hatte der Musikvertrieb eine Firma damit beauftragt, IP-Adressen von Personen herauszufinden, die im September 2011 den Titel „Bitte hör nicht auf zu träumen” über eine Online-Tauschbörse augenscheinlich unerlaubt anderen Usern zum Download dargeboten hatten.

Die Internet-User waren Kunden der Deutschen Telekom und hatten dynamische IP-Adressen zugewiesen bekommen. Das mit der Nachforschung beauftragte Unternehmen forderte von der Deutschen Telekom unter Berufung auf §3, Nr. 30 des Telekommunikationsgesetzes die Herausgabe von Namen und Anschrift der Nutzer, denen die genannten IP-Adressen zu den entsprechenden Terminen zugewiesen waren.

Die Telekom wollte dieser Anordnung nicht nachkommen, sodass der Fall vor Gericht entschieden werden musste. Das Landgericht Köln (Beschluss vom 29. September 2011 – 213 O 337/11) hatte den Antrag erst einmal abgelehnt. Ebenso blieb die Beschwerde dagegen erfolglos: Das Oberlandesgericht Köln(Beschluss vom 2. November 2011 – 6 W 237/11) hatte zugrundegelegt, dass die Herausgabe der Adressen eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß bedinge. Die sahen die Richter bezüglich des Musiktitels „Bitte hör nicht auf zu träumen” jedoch nicht als gegeben an.

Der BGH hat nun allerdings die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und dem Antrag stattgegeben: Der bei offensichtlichen Rechtsverletzungen bestehende Anspruch des Rechtsinhabers auf Auskunft gegenüber einer Person, die in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbracht hat, setze nicht voraus, dass die Verletzung des Urheberrechts in gewerbsmäßigem Ausmaß ausgeübt wurde. Eine solche Beschränkung widerspräche laut BGH überdies dem Ziel des Gesetzes, Rechtsverletzungen im Internet durchgreifend zu bekämpfen.

Rechtsinhabern stehen Ansprüche auf Unterlassung und Schadenersatz nicht nur gegen in gewerblichem Umfang handelnde Personen, sondern gegen jede einzelne Person zu. In Fällen, in denen ein Auskunftsanspruch besteht, haben Gerichte Providern auf Antrag zu erlauben, Namen und Adresse der Nutzer, denen zu bestimmten Zeitpunkten bestimmte IP-Adressen zugewiesen waren, unter Verwendung von Verkehrsdaten zu erteilen. Ein solcher Antrag setzt laut Bundesgerichtshof kein gewerbliches Ausmaß der Rechtsverletzung voraus, sondern ist unter Abwägung der betroffenen Rechte des Rechtsinhabers, des Auskunftspflichtigen und der Nutzer sowie unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in aller Regel ohne weiteres begründet.