Verfahren gegen Temu: Bundeskartellamt prüft mögliche Preisvorgaben

Das Verfahren gegen Temu sorgt in der deutschen E-Commerce-Branche für Aufmerksamkeit. Das Bundeskartellamt hat Ermittlungen gegen die Whaleco Technology Limited eingeleitet, die den Online-Marktplatz Temu betreibt. Im Mittelpunkt steht der Verdacht, dass Temu in Deutschland unzulässige Vorgaben für die Preisgestaltung seiner Händler macht. Die Behörde will klären, ob die Plattform Händler in ihrer Preisfreiheit beschränkt und damit den Wettbewerb behindert.

Verfahren gegen Temu: Bundeskartellamt prüft mögliche Preisvorgaben
Verfahren gegen Temu: Bundeskartellamt prüft mögliche Preisvorgaben

Bundeskartellamt untersucht mögliche Preisvorgaben

Laut der Mitteilung vom 8. Oktober 2025 stehen die Konditionen für Händler auf der deutschen Plattform temu.com im Fokus des Verfahrens gegen Temu. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, erklärte, man gehe dem Verdacht nach, dass Temu die Endverkaufspreise der Händler selbst bestimmen oder beeinflussen könnte. Eine solche Praxis könnte erhebliche Wettbewerbsbeschränkungen nach sich ziehen und zu höheren Preisen auf anderen Vertriebswegen führen.

Ausgangspunkt der Untersuchung ist eine Beschwerde des Handelsverband Deutschland (HDE). Ihm zufolge könnten algorithmische Vorgaben oder Preisempfehlungen von Temu indirekt in die Preisgestaltung eingreifen. Das würde einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstellen, das eine freie Preisbildung verlangt.

Temu unter Beobachtung europäischer Behörden

Temu, eine Tochter des chinesischen Konzerns PDD Holdings, ist seit 2023 auch auf dem deutschen Markt aktiv. Das Unternehmen betreibt verschiedene Onlineplattformen, ohne selbst als Verkäufer aufzutreten. Verbraucher können über die Website und App „Temu: Shoppe wie Milliardäre“ Produkte aus nahezu allen Warengruppen erwerben – meist zu besonders niedrigen Preisen.

Seit Mai 2024 ist Temu im Rahmen des Digital Services Act (DSA) als Very Large Online Platform (VLOP) klassifiziert. Damit unterliegt der Marktplatz besonderen Transparenzpflichten gegenüber der Europäischen Union. Im ersten Halbjahr 2025 erreichte Temu laut EU-Daten monatlich durchschnittlich 115,7 Millionen aktive Nutzer in der EU, davon 19,3 Millionen in Deutschland. Diese Reichweite macht die Plattform zu einem der größten Player im europäischen Onlinehandel – und rückt sie damit zunehmend in den Fokus der Aufsichtsbehörden.

Bedeutung des Verfahrens gegen Temu für Händler und Verbraucher

Das Verfahren gegen Temu hat potenziell weitreichende Konsequenzen für Händler, Verbraucher und die gesamte Plattformökonomie. Sollte sich der Verdacht bestätigen, dass Temu aktiv in die Preisbildung eingreift, könnte dies den Wettbewerb erheblich verzerren. Händler, die ihre Preise unabhängig festlegen möchten, wären dann im Nachteil.

Für Verbraucher hätte eine solche Einschränkung möglicherweise höhere Preise zur Folge, insbesondere wenn Plattformen wie Temu bestimmte Preisniveaus vorgeben oder durch Algorithmen steuern. Das Bundeskartellamt will daher prüfen, inwieweit Händler auf Temu tatsächlich frei über ihre Preise entscheiden können.

Stand des Verfahrens und mögliche Folgen

Das Verfahren gegen Temu befindet sich derzeit in einem frühen Stadium. Das Bundeskartellamt sammelt zunächst Informationen von Temu und betroffenen Händlern, um die tatsächlichen Abläufe zu bewerten. Sollte die Behörde Belege für eine Einflussnahme auf Händlerpreise finden, könnten Sanktionen folgen. Dazu zählen Bußgelder oder Auflagen zur Anpassung der Geschäftsbedingungen.

Temu hat sich bislang nicht öffentlich zu den laufenden Ermittlungen geäußert. Nach Einschätzung von Branchenexperten dürfte das Verfahren auch als Signal an andere internationale Onlineplattformen verstanden werden, die in der EU tätig sind. Ziel sei es, einheitliche Wettbewerbsregeln zu schaffen und die Preisautonomie der Händler zu sichern.

Einordnung im europäischen Kontext

Das Verfahren gegen Temu ist Teil einer breiteren europäischen Entwicklung zur Kontrolle großer Digitalplattformen. Schon zuvor haben Wettbewerbsbehörden Verfahren gegen Amazon, Booking.com und andere Unternehmen eingeleitet, die Händlerpreise beeinflusst haben sollen.

Mit dem Digital Markets Act (DMA) und dem Digital Services Act (DSA) will die EU sicherstellen, dass Plattformen ihre Marktmacht nicht missbrauchen. Der Fall Temu könnte damit zu einem Präzedenzfall werden, wenn es um den Umgang mit neuen, schnell wachsenden Anbietern aus Asien geht.

Das Verfahren gegen Temu dürfte die Debatte über faire Wettbewerbsbedingungen im Onlinehandel weiter anheizen. Sollte sich der Verdacht bestätigen, könnte dies zu schärferen Auflagen für digitale Marktplätze führen. Händler hoffen auf mehr Transparenz, während Verbraucher langfristig von einem freien Preiswettbewerb profitieren könnten.

Faktenbox

Fakten zum Verfahren gegen Temu
Datum der Verfahrenseinleitung 8. Oktober 2025
Behörde Bundeskartellamt, Bonn
Betroffenes Unternehmen Whaleco Technology Limited (Temu), Dublin
Gegenstand Prüfung möglicher Preisvorgaben für Händler
Beschwerdeführer Handelsverband Deutschland (HDE)
Aktive Nutzer in der EU (1. Halbjahr 2025) 115,7 Mio. monatlich
Aktive Nutzer in Deutschland 19,3 Mio. monatlich
Status Ermittlungsverfahren, ergebnisoffen