Bundeskartellamt kritisiert Preiskontrollmechanismen bei Amazon – Vorläufige Einschätzung

Das Bundeskartellamt hat am 2. Juni 2025 seine vorläufige rechtliche Einschätzung zu den Preisvorgaben auf dem Amazon Marketplace veröffentlicht. Konkret geht es um sogenannte Preiskontrollmechanismen bei Amazon, mit denen das Unternehmen die Preise von Drittanbietern auf seiner Plattform überwacht und sanktioniert. Die Behörde sieht hierin einen potenziellen Missbrauch marktbeherrschender Stellung nach § 19a Abs. 2 GWB sowie einen Verstoß gegen § 19 GWB und Artikel 102 AEUV.

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Bundeskartellamt kritisiert Preiskontrollmechanismen bei Amazon – Vorläufige Einschätzung

Preisgrenzen im Alleingang – das Problem mit der Buy Box

Amazon nutzt Preisalgorithmen und statistische Modelle, um dynamische Obergrenzen für Angebote von Händlern zu berechnen. Überschreiten Händler diese internen Preisgrenzen, werden ihre Produkte vom Marktplatz entfernt oder verlieren Sichtbarkeit – etwa durch Ausschluss aus der sogenannten „Buy Box“ oder einer herabgestuften Darstellung in den Suchergebnissen. In einigen Fällen erscheint für ein Produkt gar kein Einkaufsfeld, wenn kein Anbieter Amazons Preisvorstellungen erfüllt.

Nach Einschätzung des Bundeskartellamts sind diese Eingriffe weder transparent noch objektiv nachvollziehbar.

Die betroffenen Händler erhalten in solchen Fällen lediglich eine Nachricht mit einem Verweis auf „angemessene“ Preise – definiert allein durch Amazon.

Mangelnde Transparenz und hohe Hürden für Händler

Die Preisgrenzen beruhen laut Behörde auf internen Kriterien, die Amazon nach eigenem Ermessen festlegt. Das erschwert Händlern die Nachvollziehbarkeit und macht eine faire Preisgestaltung nahezu unmöglich. Zudem könnten die Mechanismen dazu führen, dass Anbieter mit höheren Kosten vom Marktplatz verdrängt werden – was den Wettbewerb einschränkt.

Gefahr für den Wettbewerb auf dem digitalen Marktplatz

Amazon agiert auf seiner Plattform sowohl als Marktplatzbetreiber als auch als direkter Wettbewerber über den Eigenhandel „Amazon Retail“. Das Bundeskartellamt sieht deshalb eine besondere Verantwortung bei der Ausgestaltung der Plattformregeln. Eine einseitige Beeinflussung der Preise durch Amazon könne dazu führen, dass andere Onlinehändler von Preissenkungen abgeschreckt werden. Die systematische Orientierung an den niedrigsten externen Preisen verschärft diesen Effekt.

Kartellrechtliche Einordnung der Preiskontrollmechanismen bei Amazon

Die vorläufige Einschätzung ist Teil eines laufenden Verfahrens nach § 19a Abs. 2 GWB. Bereits im Juli 2022 hatte das Bundeskartellamt festgestellt, dass Amazon eine marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb besitzt. Diese Einschätzung wurde im April 2024 vom Bundesgerichtshof bestätigt. Seitdem unterliegt Amazon der erweiterten Missbrauchsaufsicht.

In die aktuellen Ermittlungen sind auch die Europäische Kommission und die Bundesnetzagentur eingebunden. Ziel ist eine abgestimmte Durchsetzung des Digital Markets Act und der Plattform-zu-Unternehmen-Verordnung (P2B).

Ausblick: Stellungnahme von Amazon steht aus

Das Unternehmen hat nun Gelegenheit, zu den Vorwürfen der Preiskontrollmechanismen bei Amazon Stellung zu nehmen. Ob es zu einer offiziellen Abmahnung oder einer kartellrechtlichen Anordnung kommt, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch: Die Preiskontrollmechanismen bei Amazon steht zunehmend unter regulatorischer Beobachtung.

Für Händler auf amazon.de bedeutet das Verfahren, genau hinzusehen, wie sich ihre Preisstrategien mit den Richtlinien des Marktplatzes vereinbaren lassen – und welche Optionen bei Einschränkungen bestehen.

Frank