Abgabe für Pakete aus China: Kommt jetzt die 2-Euro-Paketgebühr?
Die EU-Kommission erwägt aktuell, eine Abgabe für Pakete aus China einzuführen, die bis zu 2 Euro pro Sendung betragen könnte. Betroffen wären vor allem extrem günstige Bestellungen bei Online-Plattformen wie Shein und Temu, die in letzter Zeit mit einer Flut an Billig-Paketen den europäischen Markt überschwemmen. Mit der neuen Abgabe sollen mehrere Ziele erreicht werden: Zum einen will man der Paketflut Herr werden und die daraus entstehenden Kosten für Zoll und Kontrollen decken, zum anderen soll die Maßnahme Verbraucher besser schützen und für fairen Wettbewerb sorgen.
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Gründe für die Abgabe für Pakete aus China
Warum denkt die EU über eine Abgabe für Pakete aus China nach? Die Hintergründe liegen in mehreren Entwicklungen:
- Enorme Paketflut aus Drittstaaten: Die Menge an Kleinsendungen aus Nicht-EU-Ländern ist in den letzten Jahren explodiert. 2024 wurden rund 4,6 Milliarden Pakete mit geringem Warenwert (unter 22 €) in die EU importiert – etwa 90 % davon aus China. Das Volumen dieser Sendungen hat sich seit 2023 mehr als verdoppelt. Im Durchschnitt entspricht das ungefähr zwölf Millionen Paketen pro Tag, was die Kapazitäten der Zollbehörden extrem beansprucht. Das europäische Kontrollsystem war nie auf eine derart kleinteilige Paketflut ausgelegt.
- Hohe Kosten für Zollkontrollen: Jede Warensendung aus Übersee muss prinzipiell zoll- und sicherheitsrechtlich geprüft werden. Durch die schiere Masse an Billig-Paketen entstehen „erhöhte Überwachungskosten“, die bislang größtenteils der Steuerzahler trägt. Mit der geplanten Abgabe von 2 € pro Paket soll ein Teil dieser Kosten gedeckt und die Finanzierung der zusätzlichen Zollkontrollen gesichert werden. Ein Teil der Einnahmen soll direkt den Zollbehörden zugutekommen, der Rest in den EU-Haushalt fließen. Schätzungen zufolge könnte die Abgabe EU-weit jährlich rund 3 Milliarden Euro einbringen, die unter anderem zur besseren Überwachung der Warenströme genutzt würden.
- Produktmängel und Sicherheitsrisiken: Zahlreiche Billigprodukte, die über Plattformen wie Shein oder Temu direkt an Verbraucher geliefert werden, entsprechen nicht den EU-Standards. Über 90 % der getesteten Produkte von solchen Plattformen sind laut Verbraucherorganisationen nicht EU-rechtskonform und enthalten z. B. giftige Chemikalien. Die Behörden stehen vor der Herausforderung, diese Waren auf Einhaltung von Sicherheits-, Umwelt- und Verbraucherschutzstandards zu prüfen. Durch strengere Kontrollen – finanziert aus der Abgabe für Pakete aus China – sollen gefährliche oder mangelhafte Artikel besser aus dem Verkehr gezogen werden. Die EU möchte so Verbraucher vor Gesundheitsgefahren schützen.
- Unlauterer Wettbewerb für heimische Händler: Europäische Einzelhändler und Online-Shops beklagen seit längerem Wettbewerbsnachteile durch die ausländischen Billigimporte. Oft gelangen Produkte aus China sehr günstig zum Endkunden, da sie in großer Zahl einzeln versendet werden und bis vor kurzem von Zollfreigrenzen profitierten. Beschwerden über unlauteren Wettbewerb haben zuletzt deutlich zugenommen. Die Pauschalabgabe auf China-Pakete soll dazu beitragen, die Bedingungen etwas auszugleichen. Wenn jedes Paket aus Asien 2 Euro teurer wird, verringert sich der extreme Preisvorteil der Übersee-Schnäppchen geringfügig – das könnte den heimischen Handel entlasten und den Marktplätzen einen Anreiz geben, faire Wettbewerbsregeln einzuhalten.
Auswirkungen auf Verbraucher
Für Verbraucher in der EU dürfte die geplante Abgabe für Pakete aus China vor allem bei Bestellungen auf Plattformen wie Shein, Temu & Co. spürbar werden. Künftig könnten pro Online-Bestellung aus China bis zu 2 € zusätzliche Gebühren anfallen. Zwar soll die Abgabe formal von den Online-Plattformen gezahlt werden, auf denen die Kunden bestellen – weitergeben dürfen die Händler die Kosten jedoch an die Käufer, etwa in Form höherer Preise. Es ist also wahrscheinlich, dass Schnäppchenjäger beim Checkout einen Aufpreis sehen oder die Artikelpreise leicht steigen, um die Paketgebühr einzukalkulieren.

Kurzfristig bedeutet dies: Einkaufen bei China-Billigshops wird etwas teurer. Wer etwa ein einzelnes Gadget für 5 € bestellt, müsste möglicherweise bald rund 7 € bezahlen. Für Verbraucher relativiert sich damit der Preisvorteil bei Kleinstbestellungen – spontane Impulskäufe extrem günstiger Artikel könnten unattraktiver werden. Möglicherweise lohnt es sich dann eher, mehrere Artikel gesammelt zu bestellen (sofern die Plattform die Gebühr pro Bestellung erhebt) oder auf europäische Händler auszuweichen, bei denen diese Zusatzkosten nicht anfallen.
Auf der positiven Seite verspricht die EU, dass verstärkte Kontrollen und die neue Abgabe den Verbraucherschutz verbessern. Wenn gefährliche Billigprodukte verstärkt aus dem Verkehr gezogen werden, sinkt für Kunden das Risiko, unsichere Waren (etwa elekronische Geräte ohne CE-Kennzeichnung oder schadstoffbelastete Textilien) zu erhalten. Außerdem geraten die Plattformen unter Druck, ihre Produktqualität und Kundentransparenz zu verbessern – bereits jetzt häufen sich Kundenbeschwerden über mangelhafte Qualität oder irreführende Rücksendeangaben bei einigen China-Shops. Langfristig könnten Verbraucher also von höheren Standards und zuverlässigeren Angeboten profitieren, auch wenn dafür ein kleiner Obolus pro Paket anfällt.
Auswirkungen auf Händler und Online-Marktplätze
Die Einführung einer Abgabe für Pakete aus China hätte auch spürbare Effekte auf Händler – sowohl auf hiesige Unternehmen als auch auf die großen Online-Marktplätze aus China. Europäische Einzelhändler und E-Commerce-Anbieter dürften die Maßnahme grundsätzlich begrüßen. Die Gebühr von 2 € pro Sendung erhöht den Endpreis für Direktimporte geringfügig und könnte somit Wettbewerbsverzerrungen abmildern. Lokale Händler, die höhere Kosten (für Personal, Lager, Steuern und strengere Auflagen) haben, erhalten relativ gesehen wieder etwas bessere Chancen gegenüber den reinen Online-Billigversendern. Zwar sind 2 Euro Aufpreis kein vollständiger Ausgleich, aber es ist ein Signal, dass gleiche Regeln für alle gelten sollen und Dumpingpreise nicht völlig unbeachtet bleiben.

China-Plattformen wie Shein und Temu müssten ihr Geschäftsmodell in der EU anpassen. Die Abgabe für Pakete aus China trifft genau ihr Erfolgsrezept, extrem billige Produkte direkt vom Hersteller zum Kunden zu schicken. Kurzfristig könnten diese Anbieter versuchen, die Zusatzkosten durch noch günstigere Preise oder Rabatte zu kompensieren, um ihre Kunden nicht zu verlieren. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass sie längerfristig in die europäische Logistik investieren: Der Vorschlag der EU sieht nämlich vor, dass für Sendungen an europäische Warenlager nur 0,50 € Gebühren fällig wären, während Direktlieferungen an private Kunden mit 2 € belegt würden. Das schafft einen Anreiz für Shein, Temu und ähnliche Unternehmen, Waren verstärkt in größeren Mengen in die EU zu importieren und hier zwischenzulagern.
Folgen könnte ein Wandel vom Direktversand hin zu EU-Lagern und Versandzentren, was zum einen die Zollabfertigung bündeln würde und zum anderen eventuell Arbeitsplätze in der EU schaffen könnte. Allerdings müssten die Unternehmen dann auch alle EU-Vorschriften (etwa Produktsicherheit und Verbraucherschutz) für diese Waren einhalten, sobald sie im EU-Lager sind – ein Schritt hin zu mehr Verantwortlichkeit der Anbieter.
Insgesamt wäre die Abgabe ein weiterer Dämpfer für die Boom-Plattformen: Medien sprechen von einem „Schlag für Online-Händler wie Temu und Shein“, da deren Geschäftsmodell auf zahllosen Kleinsendungen basiert. Dennoch dürfte ein Aufpreis von 2 € allein diese Marktgiganten nicht vertreiben – sie werden eher Wege suchen, das System zu umgehen oder effizienter zu gestalten. Für kleinere Händler außerhalb der EU, die Dropshipping oder Direktverkauf betreiben, könnte die Gebühr hingegen spürbarer sein und das Angebot an Kleinstartikeln aus Fernost etwas reduzieren.
Politische Hintergründe und Ausblick
Hinter der geplanten Abgabe für Pakete aus China steckt eine breitere Strategie der EU, den Online-Handel aus Drittstaaten stärker zu regulieren. Schon länger suchen die Behörden nach Wegen, die Schwemme an Billigimporten einzudämmen und die Kosten für Zoll und Überwachung gerecht zu verteilen. Bereits 2021 hatte die EU die Steuerfreigrenze von 22 € für Importsendungen abgeschafft, damit auch Kleinstwaren aus China der Mehrwertsteuer unterliegen. Doch trotz dieser Maßnahme und steigender Einfuhrumsatzsteuer-Einnahmen hat sich das Grundproblem – unzählige billige Direktlieferungen – weiter verschärft. Die nun diskutierte Paketabgabe ist Teil eines umfassenderen Zollreform-Pakets, das EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič vorangetrieben hat. In diesem Rahmen wurde auch vorgeschlagen, die bislang zollfreien Wertgrenzen (unter 150 € Warenwert) abzuschaffen, sodass künftig alle Importsendungen Verzollung und ggf. Abgaben durchlaufen müssen.

Politisch betrachtet kommt die Initiative nicht von ungefähr: Verbraucherschützer und EU-Politiker haben Temu, Shein & Co. seit Monaten im Visier. Im Februar 2025 startete die EU-Kommission ein offizielles Verfahren gegen Temu wegen des Verdachts auf Verstöße gegen Verbraucherrechte, und auch gegen Shein wurden Untersuchungen wegen möglicher Regelbrüche angekündigt. Die geplante Paketgebühr fügt sich in dieses Bild ein – sie soll nicht nur Finanzen generieren, sondern signalisiert auch, dass die EU strengere Regeln im Online-Handel durchsetzen will. „Wir sprechen über zwei Euro pro Paket“, erklärte Šefčovič im EU-Parlament und verwies darauf, dass die Zahl der Billig-Bestellungen weiter rasant wächst. Mit der Abgabe für Pakete aus China werde man Verstöße ahnden und Verbraucher schützen, so der Tenor.
Bevor die Abgabe für Pakete aus China Realität wird, müssen allerdings noch mehrere Hürden genommen werden. Der Kommissionsvorschlag muss von den EU-Mitgliedstaaten und dem Europaparlament gebilligt werden. Dabei könnten Details (Höhe der Gebühr, Schwellenwerte oder Ausnahmen) noch angepasst werden. Einige Länder oder Abgeordnete könnten Bedenken haben – etwa, ob die Maßnahme mit WTO-Regeln vereinbar ist oder ob sie letztlich doch die Verbraucher zu stark belastet. Doch angesichts des wachsenden Drucks, etwas gegen Temu und Shein zu unternehmen, stehen die Chancen nicht schlecht, dass es zu einer Einigung kommt.
Abgabe für Pakete aus China ist ein Signal
Die mögliche Abgabe für Pakete aus China ist ein Signal, dass die EU den ungezügelten Strom an Billigwaren nicht mehr tatenlos hinnimmt. Verbraucher müssten sich auf leicht höhere Kosten einstellen, könnten dafür aber von mehr Sicherheit und Fairness profitieren. Händler in Europa dürften die Maßnahme als Schritt in Richtung fairerer Wettbewerb begrüßen. Ob die Abgabe letztlich kommt und wie wirksam sie sein wird, bleibt abzuwarten – klar ist jedoch, dass das Thema „Billigpakete aus China“ nun ganz oben auf der politischen Agenda in Brüssel steht.