AC Milans Absturz: Vom Titelanwärter zum Chaosklub
Die 3:1-Niederlage gegen die AS Roma war nicht nur ein weiteres verlorenes Spiel – sie war der symbolische Tiefpunkt einer Saison, die für AC Milan alles andere als europareif war. Mit dieser Pleite ist endgültig klar: Die Rossoneri werden in der Saison 2025/26 keinen internationalen Wettbewerb bestreiten. Für einen siebenfachen Champions-League-Sieger ist das ein Desaster historischen Ausmaßes.
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Nur wenige Tage zuvor verpasste Milan auch die Chance auf den Coppa-Italia-Titel. Im Finale unterlag man überraschend dem FC Bologna, der damit seinen ersten großen Titel seit 51 Jahren feiern durfte. Während Milan auf der Stelle tritt – oder schlimmer: zurückfällt – schreiben andere Klubs Erfolgsgeschichten. Besonders schmerzhaft für die Fans: Stadtrivale Inter steht im Champions-League-Finale und kämpft um den Scudetto. Die Kluft zwischen den beiden Mailänder Vereinen war selten so deutlich.
Sergio Conceicaos missglückte Mission
Nach dem abrupten Aus von Paulo Fonseca, der nur sechs Monate im Amt war, sollte Sergio Conceicao frischen Wind bringen. Doch seine Bilanz spricht Bände: enttäuschende Ergebnisse, fehlende Spielidee und ein sichtbar zerrüttetes Verhältnis zur Mannschaft. Eine Trennung im Sommer scheint unvermeidlich.
Zlatan Ibrahimovic, inzwischen als Berater im Vorstand tätig, hatte vollmundige Ankündigungen gemacht – doch auf dem Platz war davon wenig zu sehen. Seine Einmischung in sportliche Entscheidungen und seine Nähe zur Kabine wurden von vielen Insidern kritisch gesehen. Die Ära Conceicao wird wohl als weiteres Kapitel im Buch der Missverständnisse in die Vereinschronik eingehen.
Finanzchaos: Vom Imperium zum Investmentobjekt
AC Milan war einst das Prestigeobjekt von Silvio Berlusconi – mit Vision, Stabilität und klarer Identität. Doch seit dem Verkauf 2017 an den chinesischen Investor Li Yonghong ging es finanziell bergab. Die Übergabe an Elliott Advisors 2018 stabilisierte die Lage nur kurzfristig. Als RedBird Capital Partners 2022 das Ruder übernahm, hofften viele auf eine neue goldene Ära – doch der Sparkurs und die Intransparenz ließen die Fans bald zweifeln.
Die finanziellen Zwänge führten zu zweifelhaften Transfers. Statt in junge Talente zu investieren, holte man den 32-jährigen Álvaro Morata und den 34-jährigen Kyle Walker. Namen mit Vergangenheit, aber ohne Zukunft in einem Team, das Dynamik und Hunger braucht. Diese Verpflichtungen wirkten wie Panikreaktionen – teuer, unstrategisch und ohne Nachhaltigkeit.
Der Bruch mit Maldini: Identitätsverlust par excellence
Der vielleicht schmerzlichste Moment der letzten Jahre war die Entlassung von Paolo Maldini aus seiner Funktion als technischer Direktor. Der Vereinslegende wurde nachgesagt, klare Vorstellungen und eine langfristige Vision zu haben. Seine Trennung vom Klub hinterließ eine Lücke – emotional wie sportlich. Viele Spieler fühlten sich entwurzelt, und auch in der Fanbasis sorgte die Entscheidung für Empörung.
Ohne Maldini fehlt Milan nicht nur ein Gesicht, sondern auch eine Richtung. Stattdessen regiert ein Sammelsurium aus Investoren, Beratern und Entscheidungsträgern ohne gemeinsamen Nenner. Eine starke sportliche Führung? Fehlanzeige.
Verlorene Talente und fehlender Biss
Ein Team ist nur so stark wie seine Leistungsträger. Doch genau hier liegt das nächste Problem. Joao Félix, als Hoffnungsträger gefeiert, erzielte in 16 Spielen nur ein einziges Tor – ein enttäuschender Wert für einen Spieler seines Kalibers. Santiago Gimenez konnte ebenfalls nicht überzeugen, seine Auftritte blieben blass und ideenlos. Selbst Leistungsträger wie Theo Hernández verloren an Form – vom unermüdlichen Linksverteidiger zum Risiko in der Defensive.
Die Mannschaft wirkte oft lethargisch, ideenlos und ohne erkennbare Struktur. Der Abstand zur Spitze spricht Bände: 18 Punkte hinter Inter, 19 hinter dem wahrscheinlich neuen Meister Napoli. Die Statistiken dieser Saison sind ein Spiegelbild der Krise.
Der lange Abschied von der Elite
Ein Blick auf die Historie zeigt, dass Milans Absturz kein einmaliges Phänomen ist, sondern Teil eines schleichenden Prozesses. Seit der Jahrtausendwende holte der Klub nur drei Scudetti (2004, 2011, 2022). Trotz des Triumphs unter Stefano Pioli vor drei Jahren konnte die Euphorie nicht konserviert werden. Vielmehr reiht sich diese Meisterschaft ein in eine Abfolge kurzer Höhenflüge mit anschließendem Fall.
Die aktuelle Lage ist jedoch besonders dramatisch. Erstmals seit Jahren droht Milan, endgültig den Anschluss an die europäische Elite zu verlieren. Und anders als in der Vergangenheit fehlt diesmal eine klare Vision, um den Turnaround zu schaffen.
Wie geht es weiter?
Die Frage nach der Zukunft stellt sich dringlicher denn je. Wer übernimmt die sportliche Leitung? Welche Spieler bleiben, wer geht? Wird Ibrahimovic weiter Einfluss nehmen, oder zieht sich RedBird zurück? Klar ist nur: Der Umbruch muss fundamental sein. Ein bisschen Feinschliff reicht nicht. Milan braucht eine neue Identität – auf und neben dem Platz.
Die Fans verdienen Antworten. Denn dieser Verein hat zu viel Geschichte, zu viele Titel, zu viele Emotionen, um in Mittelmaß zu versinken. Und auch wenn aktuell kein europäischer Wettbewerb auf dem Spielplan steht – die Sehnsucht nach besseren Zeiten ist ungebrochen.
Fazit: Der Preis der Orientierungslosigkeit
AC Milan steht am Scheideweg. Die sportliche Krise ist tief, die strukturellen Probleme gravierend. Finanzielle Fehlentscheidungen, identitätslose Transfers und ein zerrissenes Führungsmodell haben den Klub in die Bedeutungslosigkeit geführt. Die einst ruhmreichen Rossoneri müssen sich neu erfinden – oder riskieren, dauerhaft in der zweiten Reihe des europäischen Fußballs zu verschwinden.
Diese Entwicklung zeigt eindrucksvoll, wie eng Erfolg und Misserfolg im modernen Fußball verknüpft sind. Wer keine Vision hat, verliert. Wer nicht investiert, bleibt zurück. Und wer seine Wurzeln verleugnet, verliert auch die Fans.
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