Zolltransparenz bei Amazon? US-Regierung sieht feindlichen und politischen Akt

Ein neuer Konflikt zwischen dem Weißen Haus in Washington und dem Online-Riesen Amazon sorgt für Aufsehen. Hintergrund ist ein Medienbericht, wonach der Konzern erwogen haben soll, die Auswirkungen von Importzöllen auf Produktpreise transparent zu machen. Konkret plante das Unternehmen demnach, auf seiner Discount-Plattform Haul auszuweisen, wie viel die von Ex-Präsident Donald Trump verhängten Zölle den Preis eines Produkts erhöhen.

Diese Überlegung wurde von der US-Regierung prompt als Affront gewertet und hat zu politischen Spannungen zwischen beiden Seiten geführt. Amazon dementierte zwar umgehend, derartige Hinweise auf der Hauptseite einführen zu wollen, doch die Kontroverse war zu diesem Zeitpunkt bereits in vollem Gange.

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Zolltransparenz? US-Regierung sieht feindlichen und politischen Akt

Hintergrund: Amazon Haul und der Zoll-Konflikt

Amazon Haul ist eine im November 2024 gestartete Discount-Plattform, mit der Amazon ultra-günstige Produkte anbietet – als Antwort auf die Konkurrenz durch chinesische Online-Händler wie Temu und Shein. Viele dieser Billigprodukte stammen direkt aus China, was sie ins Visier der US-Handelspolitik rückt. Unter der Trump-Regierung wurden auf Importe aus China Strafzölle von bis zu 145 % des Warenwerts erhoben.

Diese Zölle treiben die Preise entsprechender Produkte in die Höhe. Berichten zufolge dachte das Haul-Team darüber nach, für Kunden sichtbar zu machen, welcher Anteil des Preises durch Trumps Zollpolitik entsteht. Damit sollte offenbar verdeutlicht werden, dass nicht Amazon selbst, sondern politische Entscheidungen für Preissteigerungen verantwortlich sind. Der Schritt wäre insbesondere vor dem Hintergrund neuer US-Zollregeln relevant, da nun auch niedrigpreisige Direktimporte nicht mehr zollfrei sind und Verbraucher verstärkt mit Aufschlägen rechnen müssen.

Scharfe Kritik aus dem Weißen Haus

Die Reaktion aus Washington fiel eindeutig und ungewöhnlich harsch aus. Karoline Leavitt, die Pressesprecherin des Weißen Hauses, verurteilte das Vorhaben in deutlichen Worten als „feindlichen und politischen Akt“. Sie warf dem Unternehmen vor, mit der geplanten Zoll-Kennzeichnung gezielt die Handelspolitik Trumps zu attackieren. Leavitt merkte spitz an, Amazon habe eine solche Transparenz nicht während der Inflation unter Trumps Vorgänger gezeigt – ein Hinweis darauf, dass das Weiße Haus hinter dem Vorstoß eine politische Botschaft vermutet.

US-Präsident Trump selbst schaltete sich ebenfalls ein: Er ließ mitteilen, er habe mit Gründer Jeff Bezos ein „gutes Telefonat“ geführt, was auf die Brisanz der Lage hindeutet. Gleichzeitig unterstellte die Trump-Administration Amazon eine Nähe zu China – Leavitt hielt vor der Presse demonstrativ einen alten Bericht hoch und warf Bezos vor, „chinesische Propaganda“ zu unterstützen. Dieser Vorwurf spielte auf frühere Vorfälle an, etwa Amazons einstiges Entgegenkommen gegenüber Zensurwünschen chinesischer Behörden, und unterstrich die Verärgerung im Weißen Haus über den E-Commerce-Giganten.

Amazon dementiert Pläne

Amazon reagierte umgehend auf die Anschuldigungen aus Washington. Ein Unternehmenssprecher stellte klar, dass niemals geplant gewesen sei, Zollkosten auf der Hauptseite Amazon.com auszuweisen. Weder auf Amazon.com noch anderswo sei eine solche Funktion jemals eingerichtet worden. Vielmehr habe lediglich das Team des Niedrigpreis-Shops Amazon Haul in Erwägung gezogen, Einfuhrzölle für bestimmte Produkte sichtbar zu machen. Diese Idee sei jedoch nie genehmigt worden und werde auch nicht umgesetzt.

Das Unternehmen betonte damit, dass es sich um interne Überlegungen in einem Nischen-Bereich gehandelt habe und nicht um eine konzernweite Strategie. In einer zweiten Stellungnahme bekräftigte der Konzern kurz darauf erneut, dass die Idee verworfen wurde und „nie zur Ausführung gekommen wäre“. Mit diesen Dementis versuchte Amazon, die Wogen zu glätten und den politischen Druck aus der Situation zu nehmen. Tatsächlich wurde die Klarstellung von Regierungsseite positiv aufgenommen – sogar ein hochrangiger Handelsbeamter lobte die zügige Rücknahme des Plans als „guten Schachzug“ in den sozialen Medien.

Zwischenfall an der Börse: Aktienkurs rutscht kurz ab

Die aufgeheizte Stimmung schlug sich auch an der Börse nieder. Die Nachricht über den vermeintlichen „Zollplan“ ließ die Amazon-Aktie zunächst spürbar nachgeben. Im vorbörslichen Handel am Dienstag fiel der Aktienkurs zeitweise um gut 2 %, was einer kurzfristigen Vernichtung von beträchtlichen Aktionärswerten gleichkam. (Eine Kursbewegung von 2 % entspricht bei Amazons Börsenwert von knapp 2 Billionen US-Dollar rund 40 Milliarden US-Dollar – etwa 37 Milliarden Euro.)

Diese Verluste waren jedoch nur von kurzer Dauer. Im Verlauf des Tages beruhigten sich die Anleger wieder, nachdem Amazon die Sachlage klargestellt hatte. Der Kurs erholte sich rasch von seinem Einbruch und machte die anfänglichen Verluste vollständig wett. Am Ende des Handelstages notierte die Aktie nahezu wieder auf dem Ausgangsniveau, sodass keine bleibenden Schäden für Amazons Marktwert entstanden. Die schnelle Beruhigung der Börse zeigt, dass Investoren die Konfrontation zwar aufmerksam verfolgten, aber aufgrund des Dementis keine nachhaltigen negativen Folgen für das Geschäft erwarteten.

Auswirkungen und Ausblick

Für Onlinehändler, Händler und Verbraucher zeigt dieser Vorfall vor allem, wie eng verzahnt Politik und E-Commerce inzwischen sind. Ein zunächst internes Gedankenspiel über mehr Preistransparenz – motiviert durch hohe Importgebühren – führte umgehend zu einem politischen Sturm. Händler dürften die Entwicklung mit Interesse verfolgt haben: Sie sind darauf angewiesen, dass Plattformen transparent und fair mit zusätzlichen Kosten umgehen, ohne Kunden abzuschrecken. Gleichzeitig wollen Händler vermeiden, ins Fadenkreuz politischer Debatten zu geraten.

Verbraucher hingegen hätten von einer Zoll-Kennzeichnung womöglich profitiert, da sie besser verstehen könnten, warum bestimmte Importprodukte teurer sind. Allerdings könnte eine solche Maßnahme auch ihr Kaufverhalten beeinflussen – etwa indem sie vermehrt nach günstigeren Alternativen ohne Zollaufschlag suchen. Letztlich blieb es vorerst bei der Diskussion, doch der öffentliche Schlagabtausch hat deutlich gemacht, wie sensibel das Thema Handelspolitik im Onlinegeschäft ist.

Beide Seiten – Amazon und das Weiße Haus – bemühten sich nach der Eskalation um Deeskalation, was darauf hindeutet, dass weder die Regierung noch das Unternehmen an einer langfristigen Konfrontation interessiert sind.

Frank