Deutliche Marktkorrektur für Temu und Shein: US-Zollpolitik zeigt erste Wirkung
Die beiden aus China stammenden Online-Plattformen Temu und Shein erleben laut Marketplace Pulse derzeit einen markanten Rückgang ihrer Sichtbarkeit in den US-App-Stores. Innerhalb von nur zwei Wochen rutschte Temu von Platz 3 auf Rang 85, während Shein von Platz 7 auf Platz 80 fiel. Diese Marktkorrektur fällt zeitlich zusammen mit der bevorstehenden Aussetzung der sogenannten „de minimis“-Ausnahmeregelung zum 2. Mai, die bislang zollfreie Direktimporte bis zu einem Warenwert von 800 US-Dollar ermöglichte.
Inhaltsverzeichnis

Strategische Reduktion der Werbeausgaben
Die rückläufige Präsenz in den App-Stores ist nicht auf ein Nachlassen der Konsumentennachfrage zurückzuführen. Vielmehr handelt es sich bei der Marktkorrektur um eine strategische Anpassung beider Plattformen, die ihre massiven Werbeausgaben in den USA zurückgefahren haben. Laut Reuters sank Temus durchschnittliches tägliches Werbebudget in den USA im April gegenüber dem März um 31 %. Shein reduzierte seine Ausgaben um 19 %. Die Anzahl aktiver Anzeigen in der Meta Ad Library sank bei Temu auf ein Minimum.
Abhängigkeit vom Werbebudget und regulatorischer Vorteil
Der Rückgang in den Rankings unterstreicht die starke Abhängigkeit beider Anbieter von umfangreichen Werbeinvestitionen, die angesichts neuer regulatorischer Rahmenbedingungen nicht mehr tragbar erscheinen. Das Geschäftsmodell von Temu und Shein profitierte maßgeblich von der 2016 eingeführten Anhebung der zollfreien Importgrenze von 200 auf 800 US-Dollar. Die daraus resultierenden Importe über diese Regelung stiegen laut US-Zolldaten von 9,2 Milliarden US-Dollar im Jahr 2016 auf 54,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023. Umgerechnet entspricht dies rund 51,1 Milliarden Euro (Stand: April 2025). Dabei entfielen fast 60 % der Sendungen auf chinesische Anbieter.
Ankündigung von Preiserhöhungen
Beide Plattformen kündigten nahezu gleichzeitig Preiserhöhungen ab dem 25. April an. Dies ist ein deutliches Indiz dafür, dass das bisherige Niedrigpreismodell ohne den de-minimis-Vorteil nicht tragfähig ist. In Zukunft werden Temu und Shein mit denselben Zollkosten konfrontiert sein, mit denen US-Händler seit Jahren kalkulieren müssen.
Shein plant Börsengang in London
Parallel zur Marktkorrektur in den USA verfolgt Shein weiterhin internationale Wachstumspläne. Medienberichten zufolge erhielt das Unternehmen kürzlich die Genehmigung der britischen Finanzaufsicht für einen Börsengang in London. Während ursprünglich eine Bewertung von rund 66 Milliarden US-Dollar (etwa 61,9 Milliarden Euro) angestrebt wurde, wird inzwischen nur noch mit rund 50 Milliarden US-Dollar (47 Milliarden Euro) gerechnet – ein Hinweis auf die zunehmende Unsicherheit.
Nachfrage bleibt bestehen – neue Anbieter treten auf
Trotz des Rückzugs von Temu und Shein bleibt die Nachfrage nach günstigen Produkten aus China in den USA hoch. Andere Plattformen wie DHgate, Alibaba und Taobao verzeichneten zuletzt einen Anstieg der Downloadzahlen. DHgate erreichte kurzzeitig sogar Platz 2 im US-App-Store, begünstigt durch virale TikTok-Videos, die Preisaufschläge westlicher Luxusmarken thematisierten.
Auswirkungen auf den US-Handel
Die Änderung der Zollpolitik stellt erstmals seit der Trump-Ära einen bedeutenden Einschnitt für chinesische Direktversender dar. US-Händler, die jahrelang durch die de-minimis-Regelung benachteiligt waren, könnten durch die Marktkorrektur nun Marktanteile zurückgewinnen. Doch viele zögern derzeit mit der Nachbestellung von Waren – aus Angst vor unklaren Zollfolgen. Dies könnte dazu führen, dass der neu entstehende Bedarf nicht sofort gedeckt werden kann.