Medikamente auf Amazon: BGH-Urteil bremst Onlinehandel aus

Ab Ende April 2025 könnte der Verkauf rezeptfreier, apothekenpflichtiger Medikamente über Amazon in Deutschland eingestellt werden. Mehrere Versandapotheken haben angekündigt, ihre Produkte nicht länger auf dem Online-Marktplatz anzubieten. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 27. März 2025, das den Schutz personenbezogener Gesundheitsdaten in den Fokus rückt.

Rezeptfreie Medikamente bald nicht mehr über Amazon erhältlich: Versandapotheken reagieren auf BGH-UrteilAI generated picture by ©onlinemarktplatz.de
Rezeptfreie Medikamente bald nicht mehr über Amazon erhältlich: Versandapotheken reagieren auf BGH-Urteil

Datenschutz im Mittelpunkt der Entscheidung

Der BGH stützt seine Entscheidung auf die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Nach dem Urteil (Az. I ZR 222/19, I ZR 223/19), das auf einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof basiert, gelten Bestelldaten wie Name, Adresse und Informationen zu bestellten Medikamenten als besonders schützenswerte Gesundheitsdaten. Ohne ausdrückliche Einwilligung der Kunden in die Verarbeitung dieser Daten liegt ein Verstoß gegen Artikel 9 der DSGVO vor.

Ein solcher Verstoß kann mit Ordnungsgeldern von bis zu 250.000 Euro geahndet werden – ein erhebliches Risiko für die betroffenen Versandapotheken.

Verantwortung liegt bei Apotheken – nicht bei Amazon

Die datenschutzrechtliche Verantwortung liegt laut Urteil nicht bei Amazon, sondern bei den anbietenden Apotheken. Die Plattform bietet derzeit keine technische Möglichkeit, eine DSGVO-konforme Einwilligung während des Bestellvorgangs einzuholen. Bereits rund 40 Apotheken haben aufgrund von Abmahnungen Unterlassungserklärungen abgegeben. Die Frist für weitere Anbieter endet am 28. April 2025.

Daher ist zu erwarten, dass rezeptfreie Arzneimittel ab diesem Datum nicht mehr über Amazon erhältlich sein werden.

Sanicare warnt vor negativen Folgen für Markt und Verbraucher

Die Versandapotheke Sanicare sieht die aktuelle Entwicklung kritisch. Marcus Diekmann, Chief Digital Officer und Mitgesellschafter der Sanicare Gruppe, betont, dass ohne eine rechtssichere technische Lösung ein Vertrieb über Amazon nicht länger tragbar sei.

Er warnt davor, dass sich Kunden aus Deutschland künftig ausländischen Plattformen – insbesondere aus den Niederlanden – zuwenden könnten. Diese Verlagerung könnte nicht nur ein Sicherheitsrisiko für Verbraucher darstellen, sondern auch zu einem Wertschöpfungsverlust in Deutschland führen.

Diekmann ruft Politik, Plattformbetreiber und Apotheken zum Handeln auf. Es brauche jetzt schnelle und konkrete Maßnahmen, um den Vertriebskanal für Medikamente zu sichern. Die Entwicklung könne sonst auch andere sensible Produktgruppen im Onlinehandel gefährden.

Ziel müsse es sein, kurzfristig eine technische Lösung zur Einholung der Einwilligung im Bestellprozess zu etablieren. Nur durch eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten könne ein moderner, rechtssicherer und kundenorientierter Onlinehandel gewährleistet werden.

Frank