De-minimis-Regelung jetzt abgeschafft: USA kippen Zollfreigrenze für China-Importe
Die De-Minimis-Regelung bezeichnet eine Zollfreigrenze, bis zu der Waren ohne Importabgaben in die USA eingeführt werden dürfen. Bis vor kurzem konnten Sendungen mit einem Wert unter 800 US-Dollar (ca. 740 Euro) zollfrei in die USA gelangen. Diese großzügige Freigrenze – eine der höchsten weltweit – wurde vor allem von ausländischen Online-Händlern intensiv genutzt: Täglich kamen Millionen von Kleinpaketen aus dem Ausland zollfrei ins Land.
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Die Regel geht auf ein Prinzip aus den 1930er-Jahren zurück, das über die Jahrzehnte mehrmals angepasst wurde. So wurde die Grenze 2016 auf 800 US-Dollar angehoben, was mit dem Boom des grenzüberschreitenden Online-Handels zusammenfiel. Vor allem durch chinesische E-Commerce-Plattformen stieg die Zahl solcher Kleinsendungen sprunghaft an: 2015 waren es rund 139 Millionen, doch 2023 überschritt die Menge erstmals die Milliardengrenze. Ende 2024 meldete die US-Zollbehörde CBP bereits etwa 4 Millionen Pakete pro Tag.
Trump beendet Zollfreigrenze für China und Hongkong
Angesichts dieser Entwicklung und auf Druck heimischer Unternehmen hat die US-Regierung unter Präsident Donald Trump nun durchgegriffen. Am 2. April 2025 unterzeichnete Trump ein Dekret, das die De-Minimis-Ausnahmeregelung für Importe aus China und Hongkong aufhebt. Ab dem 2. Mai 2025 gelten damit auch für niedrigpreisige Lieferungen aus diesen Herkunftsländern die vollen US-Zölle und Einfuhrabgaben. Zuvor waren Bestellungen etwa über Plattformen wie Temu oder Shein in kleinen Einzelpaketen versendet worden, um unter der Zollgrenze zu bleiben und so Abgaben zu vermeiden.
Diese Lücke wird nun geschlossen. Schon im Februar hatte Trump einen ersten Versuch unternommen, die Regel abzuschaffen, sah sich aber gezwungen, kurzfristig zurückzurudern, da die Maßnahme zunächst zu logistischen Problemen führte. So kam es vorübergehend zu einem Rückstau bei der Zollabfertigung und sogar zu einem Stopp von China-Paketen bei der US-Post. Nachdem das Handelsministerium und die Zollbehörden ihre Systeme angepasst haben, wurde die Abschaffung nun umgesetzt.
Neue Zollabgaben und Kontrollen für Kleinsendungen
Durch die Änderung unterliegen nun selbst Kleinsendungen aus China einer Verzollung. Privatpakete bis 800 US-Dollar Warenwert, die bislang zollfrei waren, werden künftig regulär verzollt. Für auf dem Postweg verschickte Pakete gilt ein pauschaler Sonderzollsatz von 30 % des Warenwerts beziehungsweise mindestens 25 US-Dollar (rund 23 Euro) pro Sendung – ab dem 1. Juni sogar 50 US-Dollar (ca. 46 Euro) Mindestabgabe. Paketdienste wie USPS, FedEx oder UPS müssen detaillierte Daten jeder Sendung an die Zollbehörde übermitteln und eine Sicherheit hinterlegen, um für die fristgerechte Zahlung der Zölle zu garantieren. Die Zollbehörde kann zudem im Einzelfall eine förmliche Zollanmeldung verlangen, was den Verwaltungsaufwand erhöht. Insgesamt bedeuten diese Maßnahmen einen deutlich höheren Aufwand bei der Abwicklung von Online-Bestellungen aus China.

Handelspolitische Gründe: Schutz der US-Wirtschaft
Hinter Trumps Entscheidung die De-Minimis Regelung abzuschaffen, stehen klare handelspolitische Motive. Vertreter beider großer Parteien in den USA betrachten die alte Freigrenze schon länger als Schlupfloch, das ausländischen Anbietern Wettbewerbsvorteile verschaffte und heimische Branchen unter Druck setzte. Vor allem preisgünstige Massenware aus China profitierte: Plattformen wie Shein und Temu konnten den US-Markt mit äußerst billigen Produkten fluten und umgingen dank der Zollbefreiung die üblichen Importabgaben. Das führte zu Wettbewerbsverzerrungen zulasten amerikanischer Unternehmen. So musste etwa die US-Modekette Forever 21 im Frühjahr 2025 Insolvenz anmelden und begründete dies auch mit der übermächtigen Konkurrenz durch Fast-Fashion-Anbieter aus China, die mit zollfrei eingeführter Ware wesentlich günstiger anbieten konnten.
US-Hersteller und Händler – von Modehäusern über Warenhäuser bis zu Spielzeug- und Elektronikanbietern – begrüßen daher die Schließung der Lücke. Sie erhoffen sich eine fairere Konkurrenzsituation, da nun für importierte Billigprodukte dieselben Zölle fällig werden wie für reguläre Warensendungen.
Zudem fügt sich der Schritt in Trumps allgemein protektionistische Handelsstrategie ein. Zeitgleich mit der De-Minimis-Änderung hat Trump weitere Schutzzölle verkündet, darunter einen Pauschalzoll von 10 % auf alle Importe sowie teilweise drastische Aufschläge von bis zu 50 % auf Waren bestimmter Länder. Mit diesen Maßnahmen will die Regierung die inländische Produktion stärken und China wirtschaftlich unter Druck setzen.
Während die USA jahrelang großzügige Zollausnahmen gewährt haben, schottet China seinerseits viele Märkte durch eigene Importbeschränkungen ab. Die Abschaffung der Zollfreigrenze sendet somit auch ein politisches Signal: Sie zeigt, dass die USA gewillt sind, unfaire Handelsvorteile zu beseitigen, und markiert einen weiteren Höhepunkt der Handelskonflikte zwischen Washington und Peking.
Drogenbekämpfung: Fentanyl-Schmuggel unterbinden
Offiziell wird die Abschaffung der De-Minimis Regelung auch mit der Bekämpfung der Drogenkrise in den USA begründet. Insbesondere das synthetische Opioid Fentanyl gelangt in großen Mengen über versteckte Sendungen ins Land. Nach Angaben der US-Zollbehörde nutzen chinesische Chemieunternehmen immer wieder harmlose Kleinsendungen, um Fentanyl oder Vorprodukte für dessen Herstellung in die USA zu schmuggeln. Wegen der hohen Freigrenze wurden viele dieser kleinen Päckchen bislang nur stichprobenartig kontrolliert – eine Lücke, die Drogenhändler ausgenutzt haben. Im Jahr 2024 beschlagnahmte der US-Zoll über 21.000 Pfund (rund 9.500 kg) Fentanyl, genug, um rein rechnerisch Milliarden Menschen zu töten. Die Dunkelziffer der unentdeckten Importe dürfte noch weit höher liegen.

Die US-Regierung macht in diesem Zusammenhang auch China Verantwortungsvorwürfe: Peking tue zu wenig, um den Export von Chemikalien zur Drogenherstellung zu unterbinden, und bestreitet jede Mitschuld an der Opioid-Flut. Durch die Abschaffung der De-Minimis-Grenze erhofft sich Washington, illegale Lieferungen besser abfangen zu können, da nun jede Sendung aus China deklariert und verzollt werden muss.
Auswirkungen auf chinesische Online-Händler
Die neuen Regeln treffen vor allem die boomenden Online-Plattformen aus China, die bislang von der Zollfreiheit profitierten. Temu, Shein, AliExpress und ähnliche Anbieter konnten Waren direkt vom chinesischen Hersteller zum Endkunden in den USA schicken, solange der Wert pro Paket unter 800 US-Dollar blieb. So sparten sie Zollgebühren und boten Produkte extrem günstig an. Dieses Geschäftsmodell wird durch die Abschaffung der De-Minimis Regelung erschwert.
Marktexperten rechnen damit, dass die Preise für solche Direktbestellungen um bis zu 30 % steigen könnten. Das könnte allein US-Kunden jährlich rund 20 Milliarden Euro mehr kosten, was die Attraktivität der Billigangebote mindert.
Schon nach Trumps erstem (kurzzeitig zurückgenommenen) Dekret im Februar begannen die Unternehmen gegenzusteuern: Temu etwa stellte um, indem es Lieferanten aufforderte, Waren verstärkt in US-Lager zu schicken und von dort zu verteilen, statt jedes Teil einzeln aus China zu versenden. Shein hatte bereits zuvor damit begonnen, Lagerhäuser in den USA aufzubauen, um näher am Kunden zu sein. Dennoch zeigte sich bereits im Frühjahr ein spürbarer Effekt: Nach der ersten Ankündigung brachen die Verkäufe beider Plattformen kurzfristig ein – bei Temu um knapp ein Drittel, bei Shein um rund 40 %.
Auch Amazon hatte zuletzt mit seinem neuen „Amazon Haul“-Angebot versucht, auf diesem Markt mitzumischen, indem es Billigartikel direkt aus China anbot. Diese Strategie verliert nun an Vorteil. Chinesische Händler und Marktplätze müssen perspektivisch entweder höhere Preise verlangen oder ihre Lieferketten anpassen – etwa durch Zwischenlager in Nachbarländern oder verstärkte Lokalisierung der Warenbestände und Logistik. So oder so bedeutet es Mehraufwand und Kosten, was den bisherigen Wettbewerbsvorteil schmälert.
Folgen für Verbraucher und Unternehmen in den USA
In den USA selbst zeichnet sich ein gemischtes Bild der Folgen ab. Auf der einen Seite stehen die Gewinner
Viele amerikanische Unternehmen dürften von der Abschaffung der De-minimis-Regelung profitieren. Händler, die bisher nicht in den Genuss der Steuerbefreiung kamen – etwa stationäre Einzelhändler, Modeketten, Kaufhäuser, Discounter und Kinderbekleidungsmarken – haben nun bessere Chancen, Kunden zurückzugewinnen. Die inländische Produktion könnte an Fahrt gewinnen, wenn importierte Alternativen teurer werden.
Auf der anderen Seite stehen die Verlierer
Vor allem preisbewusste Verbraucher werden die Auswirkungen der Abschaffung der De-Minimis Regelung spüren, da Schnäppchen aus China weniger günstig zu haben sind. Schätzungen gehen davon aus, dass die zusätzlichen Zollkosten letztlich an die Kunden weitergegeben werden und Haushalte insgesamt stärker belasten. Auch kleinere Unternehmen und Online-Händler in den USA, die auf günstige Importwaren setzen oder eigene Produkte über Marktplätze wie Temu anbieten, könnten unter höherem Aufwand und Kosten leiden. Sie verfügen oft über weniger Kapital und Flexibilität, um höhere Importabgaben oder längere Lieferzeiten abzufedern.
Abschaffung der De-minimis-Regelung
Unterm Strich erhöht die Abschaffung der De-Minimis-Regelung die Transparenz und Fairness im internationalen Versandhandel, kommt aber mit Preissteigerungen und potenziellen Spannungen im Welthandel. Ob die erhofften positiven Effekte – von der Eindämmung illegaler Drogen bis zur Belebung der US-Wirtschaft – die Nachteile überwiegen, wird sich in der Praxis zeigen müssen.