ifo Institut prognostiziert Wachstum in Deutschland nahe Null
Die deutsche Wirtschaft befindet sich laut ifo-Institut weiterhin in einer Phase der Stagnation. Nach einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,2 % im Jahr 2024 zeichnet sich für 2025 nur ein geringes Wachstum von 0,2 % ab. Die Wirtschaftsleistung liegt damit knapp über dem Durchschnittswert von 2019. Auffällig sind deutliche Unterschiede zwischen den Sektoren: Während das Baugewerbe und die Industrie weiterhin in einer Rezession stecken, konnten die öffentlichen Dienstleistungen zulegen. Unternehmensnahe Dienstleistungen bewegten sich hingegen weitgehend seitwärts.
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Lage der deutschen Wirtschaft – Wachstum nahe Null
In nahezu allen Bereichen klagen Unternehmen über Auftragsmangel. Trotz gesunkener Zinsen und einer gestiegenen Kaufkraft blieb die Binnennachfrage verhalten, da Unsicherheiten hinsichtlich der wirtschaftspolitischen Ausrichtung und geopolitischer Entwicklungen bestehen. Besonders der Wohnungsbau verzeichnete einen starken Rückgang: Die Investitionen sanken 2024 um 5 %, was das vierte Jahr in Folge eines Rückgangs bedeutet. Auch der private Konsum konnte sich nicht erholen und zeigte preisbereinigt ein Wachstum von nur 0,3 %, obwohl die real verfügbaren Haushaltseinkommen um 1,3 % zunahmen. Viele Haushalte nutzten ihre zusätzliche Kaufkraft für vermehrtes Sparen, sodass die Sparquote um einen Prozentpunkt auf 11,4 % anstieg.
Die Unternehmen hielten sich ebenfalls mit Investitionen zurück: Die Bruttoanlageinvestitionen gingen 2024 um 2,8 % zurück. Besonders die Industrie konnte nicht von der globalen Erholung profitieren. Während das weltweite BIP um 2,7 % stieg, sanken die deutschen Exporte um 1,7 %. Dies liegt unter anderem am zunehmenden Wettbewerbsdruck aus China, das sich von einem Abnehmer deutscher Produkte zu einem Konkurrenten entwickelt hat. Deutsche Exporte nach China sind 2024 das dritte Jahr in Folge gesunken und lagen 23 % unter dem Niveau von 2021.
Zudem befindet sich das Verarbeitende Gewerbe im strukturellen Wandel: Die Wertschöpfung verlagert sich von der Produktion hin zur Produktentwicklung und zum Vertrieb. Auch Dienstleistungen rund um industrielle Produkte sowie Outsourcing an kostengünstigere Standorte gewinnen an Bedeutung. Trotz dieser Entwicklungen deutet die gesunkene Bruttowertschöpfung auf eine anhaltende Krise in der Industrie hin.
Prognose für die deutsche Wirtschaft
Die wirtschaftliche Unsicherheit bleibt hoch. Zum einen beeinflussen wirtschaftspolitische Entwicklungen in den USA die globalen Märkte. Unter der neuen US-Regierung dürften Importzölle steigen, insbesondere auf Waren aus China, Mexiko und Kanada. Dies könnte die Handelsströme und die deutsche Exportwirtschaft weiter belasten. Zum anderen stehen in Deutschland wirtschaftspolitische Entscheidungen an, die sich auf die Konjunktur auswirken könnten. Nach der Bundestagswahl sind Sondierungsgespräche im Gange, deren Ausgang über fiskalische Entlastungen in Bereichen wie Infrastruktur und Verteidigung entscheiden wird.
Die Wirtschaftsaussichten bleiben insgesamt verhalten mit einem Wachstum nahe Null. Frühindikatoren wie der ifo-Geschäftsklimaindex und die Auftragslage in Bau und Industrie deuten darauf hin, dass die Wirtschaft 2025 zumindest nicht weiter schrumpft. Eine deutliche Erholung ist jedoch nicht zu erwarten. Das BIP wird im Jahr 2025 voraussichtlich ein Wachstum von nur um 0,2 % aufweisen, während für 2026 ein Anstieg um 0,8 % prognostiziert wird.
Entwicklung einzelner Wirtschaftssektoren
Im Verarbeitenden Gewerbe wird nach einem positiven Jahresbeginn mit einem weiteren Rückgang gerechnet. Investitionen und Exporte dürften weiter sinken, erst 2026 wird eine leichte Erholung erwartet. Die Bauwirtschaft hat möglicherweise ihre Talsohle erreicht und könnte sich allmählich stabilisieren. Allerdings bleibt der Wohnungsbau schwach, während der öffentliche Bau robust bleibt.
Der private Konsum wird 2025 preisbereinigt voraussichtlich ein Wachstum von um 0,4 % erreichen. Dies setzt jedoch voraus, dass die Sparquote zurückgeht. Die Kaufkraft der Haushalte wird durch eine voraussichtliche Inflation von 2,3 % leicht geschwächt, während die Einkommen nur um 2,0 % steigen. Zudem dürfte das Ende der steuerfreien Inflationsausgleichsprämien die Lohnzuwächse bremsen.
Die Arbeitslosigkeit wird 2025 voraussichtlich leicht steigen. Die Zahl der Erwerbstätigen wird von 46,1 Millionen auf 46,06 Millionen zurückgehen, während die Arbeitslosenquote von 6,0 % auf 6,2 % ansteigen dürfte. Erst ab der zweiten Jahreshälfte 2025 wird mit einem leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit gerechnet.
Prognoserisiken und wirtschaftspolitische Einflussfaktoren
Die wirtschaftliche Entwicklung bleibt von zahlreichen Unsicherheiten geprägt. In Deutschland hängt viel von den wirtschaftspolitischen Entscheidungen der neuen Regierung ab. Sollte es zu signifikanten Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung kommen, könnte dies die Konjunktur kurzfristig ankurbeln. Auch die internationale Handelspolitik, insbesondere die Beziehung der USA zu China und Europa, wird die deutsche Wirtschaft beeinflussen.
Langfristig bleibt die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie eine Herausforderung. Der zunehmende Konkurrenzdruck aus Asien und die strukturelle Verlagerung der Wertschöpfung erfordern eine strategische Neuausrichtung vieler Unternehmen. Die deutsche Wirtschaft steht somit vor einem Jahr der Unsicherheit, in dem leichte Wachstumsimpulse erwartet werden, eine durchgreifende Erholung jedoch ausbleibt.
Eckdaten der Prognose für Deutschland
Jahr | 2023 | 2024 | 2025 | 2026 |
---|---|---|---|---|
Bruttoinlandsprodukt (Veränderung in %) | -0,3 | -0,2 | 0,2 | 0,8 |
Erwerbstätige (1.000 Personen) | 46.011 | 46.082 | 46.060 | 46.174 |
Arbeitslose (1.000 Personen) | 2.609 | 2.787 | 2.889 | 2.791 |
Arbeitslosenquote (%) | 5,7 | 6,0 | 6,2 | 6,0 |
Gesamtinflationsrate (%) | 5,9 | 2,2 | 2,3 | 2,0 |
Kerninflationsrate (%) | 6,0 | 2,9 | 2,5 | 2,1 |
Finanzierungssaldo (Mrd. EUR) | -103,8 | -118,8 | -93,0 | -107,8 |
Finanzierungssaldo (% des BIP) | -2,5 | -2,8 | -2,1 | -2,4 |
Leistungsbilanzsaldo (Mrd. EUR) | 243,1 | 248,7 | 187,8 | 165,7 |
Leistungsbilanzsaldo (% des BIP) | 5,8 | 5,8 | 4,2 | 3,6 |