Googles KI-Beteiligungen im Kartellrechtsfall: US-Justizministerium verzichtet auf Zwangsverkauf

Das US-Justizministerium (DOJ) und 38 Generalstaatsanwälte der Bundesstaaten führen eine bedeutende Kartellklage gegen Google. Ihnen zufolge hat das Unternehmen den Online-Suchmarkt illegal monopolisiert. Im August 2024 entschied Richter Amit Mehta, dass Googles Dominanz in der Suche und Suchwerbung gegen das Wettbewerbsrecht verstößt. Dies ebnete den Weg für eine Phase, in der Maßnahmen zur Wiederherstellung des Wettbewerbs erarbeitet werden sollten.

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US-Justizministerium verzichtet auf Zwangsverkauf der KI-Beteiligungen im Kartellrechtsfall

Ende 2024 legten die Staatsanwälte weitreichende Vorschläge vor, um die Marktmacht in der Suche zu begrenzen. Diese Maßnahmen gingen über das Verbot von Standard-Suchmaschinenverträgen hinaus und umfassten strukturelle Änderungen, die mehrere Geschäftsbereiche von Google betrafen. Besonders ins Visier gerieten die umfangreichen Investitionen in Künstliche Intelligenz (KI), da KI den Suchmarkt grundlegend verändern könnte.

Google hält eine bedeutende Beteiligung am KI-Startup Anthropic, in das es rund drei Milliarden Dollar investiert hat. Anthropic entwickelt den Claude-Chatbot, eine Alternative zu OpenAIs ChatGPT. Regulierungsbehörden sahen solche Investitionen kritisch, da sie befürchteten, dass das Unternehmen durch seine Beteiligungen an aufstrebenden KI-Firmen seine Dominanz im Suchmarkt weiter ausbauen könnte. Deshalb schlug das DOJ zunächst vor, Investitionen oder Partnerschaften mit anderen KI-Unternehmen zu verbieten – eine Maßnahme, die das Unternehmen gezwungen hätte, bestehende KI-Beteiligungen wie Anthropic zu veräußern.

Ursprünglich vorgeschlagene Maßnahmen

Im November 2024 legte das DOJ ein weitreichendes Maßnahmenpaket vor. Die wichtigsten Vorschläge umfassten:

    • Verkauf von Chrome – Google sollte gezwungen werden, seinen Chrome-Browser an ein unabhängiges Unternehmen zu verkaufen. Die Behörden argumentierten, dass Chrome (der standardmäßig Google als Suchmaschine nutzt) ein zentraler Mechanismus sei, mit dem das Unternehmen Nutzer auf seine Suchmaschine lenkt.
    • Einschränkungen für Android – Zwar sahen die Behörden zunächst keinen sofortigen Verkauf von Android vor, aber sie warnten, dass dies in Betracht gezogen würde, falls andere Maßnahmen den Wettbewerb nicht wiederherstellen. In der Zwischenzeit sollten strenge Auflagen sicherstellen, dass Android nicht mehr genutzt werden kann, um Suchvoreinstellungen zu sichern.
    • Verbot exklusiver Suchverträge – Es sollte untersagt werden, Unternehmen wie Apple oder Mozilla dafür zu bezahlen, Google als Standard-Suchmaschine voreinzustellen. Dies sollte den Kreislauf milliardenschwerer Zahlungen durchbrechen, der die Marktdominanz festigt.
    • Datenfreigabe und Zugang – Google sollte verpflichtet werden, seinen Suchindex und Suchdaten mit konkurrierenden Suchmaschinen zu teilen. Ursprünglich sollte das Unternehmen seine Suchergebnisse zu minimalen Kosten lizenzieren und Suchanfragedaten kostenlos bereitstellen, um Wettbewerbern die Verbesserung ihrer Dienste zu ermöglichen.
    • Verbot der Selbstbevorzugung und exklusiver Inhalte – Google sollte daran gehindert werden, eigene Plattformen wie Android oder Chrome zu nutzen, um seine Suchmaschine oder Werbung zu bevorzugen. Zudem sollten Vereinbarungen untersagt werden, die exklusiven Zugriff auf Inhalte für seine Suchmaschine verschaffen.
    • Verbot von KI-Investitionen – Das DOJ wollte Google für mehrere Jahre daran hindern, Unternehmen zu besitzen oder in sie zu investieren, wenn sie in direkter Konkurrenz zu Suchmaschinen oder KI-gestützter Suche stehen. Dies hätte insbesondere Googles Beteiligung an Anthropic betroffen.

Google kritisierte diese Vorschläge scharf und bezeichnete sie als übermäßig und extrem. In einem Blogbeitrag im November 2024 argumentierte das Unternehmen, dass die Maßnahmen weit über die Entscheidung des Gerichts hinausgingen und sogar Innovationen im Bereich der Künstlichen Intelligenz gefährden könnten.

DOJ nimmt Forderung nach KI-Veräußerung zurück

Anfang März 2025 zog das DOJ seinen Vorschlag zurück, Google zum Verkauf seiner KI-Beteiligungen zu zwingen. Ursprünglich hatte die Regierung diesen drastischen Schritt empfohlen – insbesondere in Bezug auf Googles milliardenschwere Beteiligung an Anthropic –, um zu verhindern, dass Google aufstrebende Wettbewerber in der KI-gestützten Suche unterdrückt. Doch in einer endgültigen Eingabe vom 7. März revidierte das DOJ seine Haltung und erklärte, dass es diese spezifische Maßnahme nicht weiterverfolgen werde.

Das bedeutet, dass Google nicht gezwungen wird, seine Minderheitsbeteiligung an Anthropic oder anderen KI-Firmen zu verkaufen. Stattdessen soll Google künftig verpflichtet sein, alle neuen Investitionen oder Übernahmen im Bereich generative KI vorab bei den Behörden zu melden. Dies gibt Regulierungsbehörden die Möglichkeit, Investitionen zu prüfen und gegebenenfalls Einwände zu erheben.

Diese Kurskorrektur stellt eine deutliche Abschwächung der ursprünglichen Haltung dar. Anstatt Google komplett aus dem KI-Sektor auszuschließen, wollen die Behörden seine zukünftigen Schritte genau überwachen. Alle anderen wesentlichen Maßnahmen, darunter die mögliche Veräußerung von Chrome und die Einschränkung von Googles Suchverträgen, bleiben jedoch weiterhin im Verfahren.

Warum das DOJ die KI-Veräußerungsforderung fallen ließ

Mehrere Faktoren führten dazu, dass die Regierung von der Forderung abrückte:

    • Neue Erkenntnisse und Branchenfeedback – Die Behörden kamen zu dem Schluss, dass ein generelles Investitionsverbot unbeabsichtigte negative Folgen für die KI-Branche haben könnte. Anthropic selbst hatte argumentiert, dass ein Ausschluss Googles dem Unternehmen schaden und Microsoft/OpenAI oder anderen großen Konkurrenten einen ungerechtfertigten Vorteil verschaffen könnte.
    • Innovationsschutz und wirtschaftliche Interessen – Das DOJ erkannte, dass eine Einschränkung der KI-Beteiligungen unbeabsichtigt die technologische Führungsrolle der USA gefährden könnte. Da der globale KI-Wettbewerb intensiv ist, wollten die Behörden sicherstellen, dass sie nicht versehentlich die Innovationskraft einer wichtigen US-Firma schwächen.
    • Fokus auf Kernverstöße – Der Fall dreht sich um die monopolartige Kontrolle des Suchmarkts. Durch den Verzicht auf das KI-Investitionsverbot konzentrieren sich die Behörden stärker auf Maßnahmen, die direkt mit den kartellrechtlichen Verstößen zusammenhängen.

Auswirkungen auf das Kartellverfahren

Während Google seine KI-Investitionen beibehalten kann, bleibt das Unternehmen weiterhin mit erheblichen kartellrechtlichen Herausforderungen konfrontiert. Der zentrale Konflikt über die Marktmacht in der Internetsuche bleibt bestehen. Die kommenden Gerichtsverhandlungen, insbesondere zur möglichen Veräußerung von Chrome, werden darüber entscheiden, wie tiefgreifend die regulatorischen Eingriffe sein werden.

Mit dem Verzicht auf die KI-Veräußerungsforderung hat das DOJ möglicherweise seine Erfolgschancen bei den verbleibenden Maßnahmen erhöht. Die Konzentration auf das Suchmonopol könnte es dem Gericht erleichtern, gezielte und rechtlich stabile Maßnahmen zu erlassen. Google hingegen hat bereits signalisiert, dass es gegen drastische Anordnungen Berufung einlegen wird, was den Rechtsstreit weiter verlängern könnte.

Frank