Deliveroo-Rückzug aus Hongkong und Übernahme von Assets durch Delivery Hero
Im März 2025 gab Deliveroo bekannt, sich aus dem Hongkonger Markt zurückzuziehen und bestimmte Vermögenswerte an Delivery Hero (deren Marke foodpanda in Hongkong) zu verkaufen. Die finanziellen Details – einschließlich des Kaufpreises – wurden nicht öffentlich bekannt gegeben. Allerdings war Hongkong für Deliveroo ein vergleichsweise kleiner, unprofitabler Markt: 2024 entfielen nur etwa 5 % des gesamten Bruttotransaktionsvolumens (Gross Transaction Value, GTV) des Konzerns auf Hongkong, und das Geschäft dort war operativ verlustbringend (negatives bereinigtes EBITDA).
Inhaltsverzeichnis
Laut Deliveroo-Führung gab es mehrere marktspezifische Dynamiken in Hongkong, weshalb man entschied, dass ein Fortbetrieb dort nicht im besten Interesse der Aktionäre sei. Folglich wurden Teile des Hongkong-Geschäfts an foodpanda veräußert und der Rest geordnet liquidiert.

Aus Delivery Heros Sicht dürfte die Übernahme ausgewählter Deliveroo-Assets die eigene Position in Hongkong stärken. Offizielle Angaben zum Umfang der übernommenen Assets fehlen zwar, doch handelt es sich vermutlich um Kunden- und Partnerdatenbanken sowie möglicherweise logistische Ressourcen. Da der Kaufpreis nicht genannt wurde, gehen Beobachter davon aus, dass der Deal für Delivery Hero finanziell nicht hoch-material war. Vielmehr steht die strategische Konsolidierung im Vordergrund, um foodpandas Reichweite in Hongkong zu erhöhen.
Auswirkungen auf den Liefermarkt in Hongkong
Deliveroos Ausstieg verändert die Wettbewerbslandschaft des Essensliefermarkts in Hongkong deutlich. Statt zuvor drei relevanten Akteuren (foodpanda, Deliveroo und seit 2023 Meituans KeeTa) verbleiben nun hauptsächlich zwei große Plattformen: foodpanda (gehört zu Delivery Hero) und KeeTa (betrieben vom chinesischen Lieferdienst-Giganten Meituan). Bereits dominierte foodpanda den Markt zusammen mit Deliveroo, nachdem Uber Eats Ende 2021 Hongkong verlassen hatte.
Im Mai 2023 betrat jedoch Meituan mit KeeTa den Markt, wodurch binnen kurzer Zeit ein Dreikampf entstand. Bis zum 1. Quartal 2024 hatte KeeTa rund 43 % der Essensbestellungen in Hongkong auf sich vereint und war damit nach Bestellvolumen Marktführer. Gleichzeitig fiel foodpandas Anteil auf etwa 37 %, während Deliveroo nur noch etwa 20 % der Bestellungen stellte. Die folgende Tabelle zeigt die Marktanteile nach Bestellvolumen im 1. Quartal 2024:
Lieferdienst-Plattform | Marktanteil (Bestellungen Q1 2024) |
---|---|
KeeTa (Meituan) | ca. 43 % |
foodpanda (Delivery Hero) | ca. 37 % |
Deliveroo | ca. 20 % |
Durch die Übernahme von Deliveroo-Assets dürfte foodpanda kurzfristig einen Teil von Deliveroos bisherigen Marktanteilen übernehmen. Langfristig zeichnet sich jedoch ein Duopol zwischen foodpanda und Meituan-KeeTa ab. Für den Hongkonger Markt bedeutet dies einerseits weniger Fragmentierung, andererseits erhöht sich die Marktmacht der verbleibenden Anbieter. Der Konkurrenzkampf bleibt dennoch bestehen: Meituan verfolgt eine aggressive Expansionsstrategie und konnte in weniger als einem Jahr foodpandas Führungsposition bei Bestellzahlen übertreffen.
Der Gesamtmarkt wächst weiter dynamisch – 2023 stieg das Bestellvolumen um über 40 % gegenüber dem Vorjahr – was auf eine anhaltend hohe Nachfrage hindeutet. Trotz dieses Wachstums sah sich Deliveroo außerstande, in Hongkong profitabel zu wirtschaften, zumal hoher Preisdruck herrscht: Bis zu 60 % der Bestellungen erfolgten Ende 2023 mit irgendeiner Art von Rabatt oder Promotion, ein Zeichen für den intensiven Wettbewerb, insbesondere nach KeeTas Markteintritt. Insgesamt führt Deliveroos Weggang zu einer Marktkonsolidierung zugunsten von Delivery Hero, ändert aber nichts an der fundamental zweigeteilten Konkurrenzsituation mit Meituan.
Reaktionen von Branchenexperten und Marktanalysten
Branchenexperten bewerten Deliveroos Rückzug aus Hongkong als folgerichtigen Schritt angesichts der herausfordernden Marktbedingungen. Das Unternehmen war bereits in der Vergangenheit dazu übergegangen, sich auf Kernmärkte zu konzentrieren und verlustreiche Regionen aufzugeben – etwa zog sich Deliveroo 2021 aus Spanien und Ende 2022 abrupt aus Australien zurück, um Kosten zu senken und die Profitabilität zu verbessern. Vor diesem Hintergrund kommt der Hongkong-Ausstieg nicht überraschend.
Analysten verweisen darauf, dass Hongkong zwar ein finanzstarker Markt ist, aber eine kleine geographische Region mit begrenztem Wachstumspotenzial und zugleich außergewöhnlich harter Konkurrenz. Die Präsenz von Meituan – einem finanzstarken Giganten – bedeutete, dass Deliveroo entweder erhebliche Investitionen in Kundenakquise und Rabatte hätte tätigen müssen oder Marktanteile verlieren würde. Meituan verfolgte in Hongkong eine Subventionsstrategie, ähnlich wie in Festlandchina, was foodpanda und Deliveroo unter Druck setzte, mit kostspieligen Rabattaktionen gegenzuhalten.

Marktbeobachter merken auch an, dass Delivery Hero mit diesem Schritt seine globale Strategie der Marktführerschaft in Asien untermauert. Für Delivery Hero ist Hongkong ein wichtiger asiatischer Markt, und die Übernahme von des Kundenstamms und Partner-Netzwerk könnte helfen, Meituan Paroli zu bieten. Experten loben den Schritt als pragmatisch für beide Seiten: Deliveroo könne Ressourcen auf seine stärksten Märkte konzentrieren, während Delivery Hero seine Position in Hongkong ausbaut.
Allerdings warnen einige Analysten, dass der Kampf um Marktanteile in Hongkong nun primär zwischen zwei finanzstarken Konzernen stattfindet und in Zukunft die Margen belasten könnte – insbesondere wenn Meituan und Delivery Hero in einen längerfristigen Wettbewerb um Kunden und Restaurants treten. Insgesamt wird Deliveroos Entscheidung als Teil eines Konsolidierungstrends in der globalen Essenslieferbranche gesehen, in der kleinere Anbieter oder Zweitplatzierte in einzelnen Märkten zunehmend übernommen oder verdrängt werden, während die Marktführer sich Markt für Markt aufteilen.
Auswirkungen auf Kunden, Lieferpersonal und Restaurants
Der Rückzug von Deliveroo und die Übergabe von Teilen des Geschäfts an foodpanda wirken sich unterschiedlich auf die Stakeholder aus:
Auswirkungen auf Kunden
Für Verbraucher bedeutet das Ausscheiden von Deliveroo zunächst weniger Auswahl an Liefer-Apps. Bestandskunden von Deliveroo müssen auf alternative Plattformen wie foodpanda oder KeeTa ausweichen. Kurzfristig bemühen sich die verbleibenden Anbieter vermutlich, diese Kunden mit Promotions abzufangen – so könnte foodpanda spezielle Willkommensrabatte oder die nahtlose Übernahme von Deliveroo-Konten anbieten. Mittel- bis langfristig könnte jedoch die geringere Wettbewerbsintensität zu höheren Liefergebühren oder weniger Rabattaktionen führen, sofern sich das Duopol stabilisiert. Gleichzeitig bleibt durch Meituans aggressives Vorgehen ein gewisses Konkurrenzniveau erhalten, was für Kunden weiterhin Promotions und Innovationen (z.B. schnellere Lieferzeiten, neue Services) bedeuten kann.
Insgesamt dürfte der Serviceumfang (Auswahl an Restaurants, Liefergebiete) für Kunden nicht leiden, da die meisten Restaurants sowohl auf foodpanda als auch auf KeeTa präsent sein werden bzw. wechseln. Dennoch könnten Vielnutzer, die etwa Deliveroo-Abos genutzt haben, vorübergehend Nachteile erfahren, bis entsprechende Äquivalente bei anderen Diensten verfügbar sind.
Auswirkungen auf Fahrer und Zusteller
Die Fahrer und Zusteller, die bislang für Deliveroo tätig waren, verlieren einen Auftraggeber, haben aber weiterhin Optionen. Da sie zumeist als Selbständige oder freie Mitarbeiter arbeiten, erhalten sie bei Schließung von Deliveroo Hongkong keine Abfindungen. Viele Kuriere fuhren allerdings schon zuvor simultan für mehrere Apps (Multi-Apping), sodass Deliveroos Wegfall teilweise kompensiert werden kann. Sowohl foodpanda als auch KeeTa werden vermutlich bemüht sein, erfahrene Deliveroo-Kuriere an sich zu binden, um deren Kapazitäten zu nutzen – Meituan hatte bereits vor dem Launch von KeeTa in Hongkong mit attraktiven Vergütungen aggressiv Kuriere rekrutiert.
Für das Lieferpersonal könnte die Marktkonsolidierung aber auch bedeuten, dass die Arbeitsbedingungen stärker von zwei großen Auftraggebern diktiert werden. In der Vergangenheit gab es in Hongkong Streitfälle um die Behandlung von Lieferfahrern bei Deliveroo, beispielsweise Klagen auf Arbeitnehmerstatus und Fälle von Schadensersatzforderungen bei Unfällen. Durch den Rückzug eines Anbieters richtet sich der Fokus nun auf die verbleibenden Plattformen, möglicherweise mit der Erwartung, dass Standards und Vergütungen verbessert werden, um genügend Fahrer zu halten. Das Lieferpersonal dürfte sich letztlich nach dem Marktaustritt von Deliveroo auf die verbleibenden Dienste verteilen, ohne dass es zu einem nachhaltigen Überschuss oder Mangel kommt, da KeeTa und foodpanda weiterhin expandieren und Fahrer benötigen.

Auswirkungen auf Restaurants und Partnergeschäfte
Die zahlreichen Restaurants, die bisher über Deliveroo geliefert haben, verlieren diesen Vertriebskanal, was jedoch durch die Übernahme der Partnerschaften durch foodpanda teilweise aufgefangen werden könnte. Wahrscheinlich hat foodpanda im Rahmen des Asset-Deals vereinbart, die Partnerrestaurants möglichst nahtlos in die eigene Plattform zu integrieren. Exklusive Verträge zwischen Restaurants und Deliveroo waren ohnehin bereits nicht mehr zulässig – seit 2023 mussten beide Anbieter auf Druck der Wettbewerbsbehörde ihre Exklusivitätsklauseln aufgeben. Daher sind Restaurants frei, schnell zu Konkurrenzplattformen zu wechseln.
Viele Lokale sind bereits auf mehreren Liefer-Apps parallel vertreten; insofern dürfte kein Restaurant vollständig vom Ausfall abhängen. Dennoch könnten kleinere Restaurants kurzfristig einen Umsatzdämpfer spüren, falls sie einen größeren Teil ihres Geschäfts hauptsächlich über Deliveroo abgewickelt hatten – hier kommt es darauf an, wie schnell die Migration zu foodpanda oder KeeTa gelingt. Positiv für die Restaurants ist, dass durch den Wettbewerb zwischen foodpanda und KeeTa voraussichtlich weiterhin günstige Konditionen und Provisionen beibehalten werden; negativ könnte sich jedoch langfristig ein Duopol auswirken, falls die Anbieter ihre Provisionssätze erhöhen, sobald Deliveroo als dritter Mitbewerber wegfällt.
Regulatorische und wettbewerbsrechtliche Herausforderungen
Die Wettbewerbsbehörden in Hongkong beobachten den Markt für Essenslieferungen schon seit einigen Jahren aufmerksam. Bereits 2022 hatte die Hong Kong Competition Commission (HKCC) eine Untersuchung gegen Deliveroo und foodpanda eingeleitet, da bestimmte Vertragspraktiken, wie Exklusivbindungen und Preisparitätsklauseln, möglicherweise den Wettbewerb verhinderten. Im Jahr 2023 einigten sich beide Unternehmen mit der HKCC und verpflichteten sich, restriktive Klauseln in den Partnerverträgen zu streichen. Dieses Eingreifen der Behörden erleichterte wohl auch den Markteintritt von KeeTa, da Restaurants fortan auf mehreren Plattformen gelistet sein konnten und neue Marktteilnehmer eine Chance hatten.
Mit Deliveroos Rückzug stellt sich die Frage, ob neue regulatorische Maßnahmen erforderlich werden. Einerseits reduziert sich die Zahl der großen Anbieter erneut auf zwei, was ein Duopol bedeutet – solche Marktstrukturen bergen die Gefahr von Koordinierung oder Marktmachtmissbrauch. Andererseits besteht durch den Wettbewerb zwischen Meituan und Delivery Hero weiterhin ein intensiver Konkurrenzkampf, sodass ein klassisches Monopol nicht vorliegt. Dennoch dürfte die HKCC den Sektor weiter im Blick behalten. Sollte Delivery Hero durch die Übernahme der Deliveroo-Assets seine Stellung deutlich ausbauen, könnten die Behörden prüfen, ob wettbewerbsrechtliche Auflagen nötig sind, um Wettbewerb und Konsumentenschutz zu gewährleisten.
Formal betrachtet war der Asset-Verkauf vermutlich nicht meldepflichtig als Fusion im traditionellen Sinne, da der Markt Markt vollständig aufgegeben wird (Failing-Company-Szenario). Die Transaktion wurde schnell vollzogen, und Deliveroo Hongkong wird bis April 2025 abgewickelt. Für die Kunden und Restaurants ist wichtig, dass keine Datenmonopole entstehen – da foodpanda nun Zugriff auf die Kundendaten erhalten könnte, gelten die üblichen Datenschutz- und Wettbewerbsbestimmungen, um Missbrauch zu verhindern.
In der Praxis gibt es bisher keine Berichte über behördliche Einsprüche gegen den Deal, was darauf hindeutet, dass man den Marktaustritt eines chronisch unprofitablen Anbieters als marktwirtschaftliche Bereinigung betrachtet. Die Regulierungsdebatte im Hongkonger Liefermarkt dürfte sich nun stärker auf die verbleibenden Player konzentrieren: Themen wie faire Arbeitsbedingungen für Kuriere, angemessene Provisionen für Restaurants und die Vermeidung wettbewerbswidriger Absprachen stehen im Fokus. Insgesamt zeigt die Übernahme der Assets durch Delivery Hero, dass der Hongkonger Markt in eine neue Phase tritt, in der Regulatoren weiterhin gefordert sind, einen Ausgleich zwischen Konsolidierung und fairer Konkurrenz sicherzustellen.
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