Same-Day-Delivery am Limit: Warum der Sofortversand in Deutschland ins Stocken gerät
Die Ansprüche an den Online-Handel sind in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. Die Kunden erwarten nicht nur eine breite Produktauswahl und günstige Preise, sondern auch immer schnellere Lieferzeiten.
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Die Same-Day-Delivery − also die Zustellung am Bestelltag − galt daher lange als das Nonplusultra im E-Commerce. Einige große Anbieter setzen das Modell auch nach wie vor erfolgreich um.
Bei den meisten Händlern in Deutschland zeigt sich allerdings ein anderes Bild: Die logistischen Herausforderungen sind größer als gedacht, sodass der Sofortversand häufig an seine Grenzen stößt.

Warum Same-Day-Delivery nicht überall funktioniert
Während große Unternehmen wie Amazon in den deutschen Metropolen die Same-Day-Delivery längst fest etabliert haben, ziehen sich andere Dienstleister aus dem Bereich zurück. DHL beendete zum Beispiel ein entsprechendes Angebot in Berlin, München und dem Ruhrgebiet, da die Nachfrage geringer ausfiel als erwartet. Auch Hermes stoppte seine Express-Services, nachdem die Kosten in keinem Verhältnis zum Nutzen standen.
Statt einer Zustellung in wenigen Stunden verlagert sich der Anspruch der Kunden außerdem vor allem auf verlässliche Lieferzeitfenster, um nicht von ungenauen oder verpassten Lieferungen überrascht zu werden.
Städtische Logistik: Das Problem mit der letzten Meile
Gerade in Großstädten wie Berlin stellt die Umsetzung einer Same-Day-Delivery eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar. Verkehrsstaus, Umweltzonen und Parkplatzmangel gestalten die schnelle Zustellung ineffizient.
Hinzu kommt, dass Transportfahrzeuge für Expresslieferungen bei einigen Anbietern mit anderen logistischen Anforderungen kollidieren. Die Nachfrage nach Transportern steigt, ob für eine gewerbliche Nutzung oder einen Umzug in Berlin. So fehlen vielen Händlern und Logistikdienstleister schlichtweg die Mittel, um die Same-Day-Deliveries verlässlich umzusetzen.
Problematisch für Händler und Umwelt gleichermaßen
Neben den offensichtlichen logistischen Herausforderungen gibt es noch weitere Faktoren, die Same-Day-Delivery erschweren oder gar unwirtschaftlich machen.
Einer der größten Kritikpunkte ist der immense Ressourcenaufwand, den die Expresszustellung mit sich bringt. Um eine Lieferung innerhalb weniger Stunden zu ermöglichen, müssen die Händler ihre Lagerhaltung stark anpassen, wodurch hohe Kosten verursacht werden.
Zudem führt die Priorisierung von Express-Sendungen zu ineffizienten Lieferwegen: Statt einer gebündelten Zustellung auf optimal geplanten Routen werden einzelne Pakete mehrfach pro Tag ausgeliefert, was sowohl teurer als auch ökologisch fragwürdig ist.
Hinzu kommt das Problem der Retourenquote. Kunden, die spontan bestellen, tendieren eher dazu, Produkte zurückzuschicken, was zusätzliche Transportwege bedingt. Gerade für kleinere Händler stellt dies eine enorme finanzielle Belastung dar.
Neue Konzepte für die letzte Meile
Da klassische Liefermodelle an ihre Grenzen stoßen, setzen immer mehr Unternehmen auf alternative Lösungen. Mikro-Depots in innerstädtischen Bereichen ermöglichen es beispielsweise, die Ware noch näher am Kunden zu lagern und so die letzte Meile auch bei den normalen Lieferoptionen schneller zu bewältigen.
Lastenfahrräder und E-Transporter erlauben zudem eine nachhaltigere Zustellung und sind gleichzeitig weniger anfällig für Verkehrshindernisse. Darüber hinaus setzen immer mehr Händler auf Kooperationen mit lokalen Kurierdiensten, die flexibler agieren können als die großen Logistikunternehmen.
Qualität schlägt Geschwindigkeit
Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass die Kunden nicht mehr nur Wert auf Schnelligkeit legen. Wichtig sind ihnen vor allem die Faktoren Zuverlässigkeit und Planbarkeit.
Die Zukunft der urbanen Logistik wird daher eher nicht in immer schnelleren Lieferungen liegen, sondern vielmehr in effizienteren und kundenfreundlicheren Konzepten. Der Handel muss sich darauf einstellen, dass nicht die reine Geschwindigkeit zählt. Es geht um eine reibungslose und nachhaltige Lieferung. Diese wird in Zukunft also als besonders wichtiges Verkaufsargument dienen.