Haftung von Online-Marktplätzen: Neue Klarstellungen des EuGH zu DSGVO und E-Commerce-Richtlinie

Die Haftung von Betreibern von Online-Marktplätzen ist ein wiederkehrendes Thema im digitalen Geschäftsverkehr. Besonders in Fällen, in denen auf einer Plattform rechtswidrige Inhalte veröffentlicht werden, stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang der Betreiber dafür zur Verantwortung gezogen werden kann. Eine aktuelle rechtliche Einschätzung des Generalanwalts Maciej Szpunar am Europäischen Gerichtshof (EuGH) bringt neue Klarstellungen zur Abgrenzung zwischen der E-Commerce-Richtlinie und der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Haftung von Online-Marktplätzen: Neue Klarstellungen zu DSGVO und E-Commerce-RichtlinieAI generated picture by ©onlinemarktplatz.de
Haftung von Online-Marktplätzen: Neue Klarstellungen zu DSGVO und E-Commerce-Richtlinie

Der Fall: Veröffentlichung ohne Zustimmung

Im Mittelpunkt des Falls steht die Plattform Publi24.ro, die von der Gesellschaft Russmedia betrieben wird. Im Jahr 2018 wurde dort eine Anzeige veröffentlicht, in der eine Person ohne ihr Einverständnis mit persönlichen Daten und Bildern aus sozialen Netzwerken in Verbindung mit sexuellen Dienstleistungen dargestellt wurde. Obwohl die Anzeige schnell entfernt wurde, verbreitete sie sich weiter auf anderen Websites. Die betroffene Person klagte daraufhin gegen den Plattformbetreiber, woraufhin das Berufungsgericht Cluj den Europäischen Gerichtshof um eine rechtliche Klärung bat.

Haftungsfreistellung durch die E-Commerce-Richtlinie

Die E-Commerce-Richtlinie (2000/31/EG) sieht unter bestimmten Voraussetzungen eine Haftungsfreistellung für Plattformbetreiber vor. Laut Generalanwalt Szpunar kann ein Betreiber nur dann von der Haftung befreit sein, wenn seine Rolle rein technisch und neutral bleibt. Dies bedeutet, dass die Plattform keine aktive Kontrolle über die veröffentlichten Inhalte ausüben oder diese gezielt bewerben darf. Sobald ein Betreiber Inhalte moderiert, ändert oder besonders hervorhebt, könnte er rechtlich als Mitverantwortlicher eingestuft werden.

Datenschutzrechtliche Pflichten nach der DSGVO

Neben der E-Commerce-Richtlinie spielt auch die DSGVO eine entscheidende Rolle. Der Generalanwalt betont, dass Betreiber eines Online-Marktplatzes als Auftragsverarbeiter im Sinne der DSGVO agieren, wenn es um die personenbezogenen Daten innerhalb der Anzeigen geht. Dies bedeutet, dass sie nicht verpflichtet sind, jede Anzeige vor der Veröffentlichung systematisch zu überprüfen. Allerdings müssen sie technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten umsetzen.

Anders verhält es sich mit den Daten der registrierten Nutzer, die selbst Anzeigen auf der Plattform schalten. Hier sieht der Generalanwalt die Plattformbetreiber als Verantwortliche, die verpflichtet sind, die Identität der inserierenden Nutzer zu überprüfen.

Bedeutung für Plattformbetreiber und Nutzer

Diese Einschätzungen des Generalanwalts geben eine klare Richtung für die zukünftige Rechtsprechung vor, auch wenn sie für den EuGH nicht bindend sind. Betreiber von Online-Marktplätzen müssen demnach sorgfältig abwägen, welche Rolle sie auf ihrer Plattform einnehmen. Eine neutrale, rein technische Funktion kann eine Haftungsfreistellung ermöglichen. Sobald jedoch aktive Eingriffe in den Inhalt erfolgen oder Nutzerprofile verwaltet werden, steigen die rechtlichen Verpflichtungen.

Für Nutzer bedeutet dies, dass Plattformen ihre Identität strenger überprüfen könnten, um rechtliche Risiken zu minimieren. Dies könnte zu einer verstärkten Kontrolle bei der Erstellung von Anzeigen und der Nutzung von Online-Marktplätzen führen.

Datenschutz ist zentrale Herausforderung

Die Einschätzungen des Generalanwalts verdeutlichen, dass Online-Marktplätze unter bestimmten Bedingungen von der Haftung für fremde Inhalte befreit sein können. Entscheidend ist die Abgrenzung zwischen einer rein technischen Rolle und einem aktiven Eingriff in Inhalte. Gleichzeitig bleibt der Datenschutz eine zentrale Herausforderung, insbesondere in Bezug auf die Identitätsprüfung von Nutzern. Das abschließende Urteil des EuGH wird maßgeblich darüber entscheiden, wie Plattformbetreiber ihre Verantwortung in Zukunft ausgestalten müssen.

Frank