Nach gewerkschaftlicher Organisation: Amazon schließt alle Lager in Quebec und baut rund 1.700 Stellen ab

Amazon hat bekannt gegeben, dass es innerhalb der nächsten zwei Monate alle sieben Lager in der kanadischen Provinz Quebec schließen wird. Diese Entscheidung betrifft rund 1.700 Vollzeitbeschäftigte sowie etwa 250 saisonale Arbeitskräfte. Unter den geschlossenen Standorten befinden sich ein Fulfillment-Center, zwei Sortierzentren, drei Lieferstationen und eine Einrichtung, die auf den Versand von Großwaren spezialisiert ist.

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Nach gewerkschaftlicher Organisation: Amazon schließt alle Lager in Quebec und baut rund 1.700 Stellen ab

Die Schließung markiert einen Wendepunkt für die Geschäftsstrategie in Quebec, da das Unternehmen zukünftig wieder auf ein Liefermodell mit Drittanbietern setzt. Vor 2020 hatte Amazon bereits auf diese Methode zurückgegriffen, bevor eigene Lager in der Region eröffnet wurden.

Gründe für die Schließung

Laut Amazon wurde die Entscheidung auf Basis einer umfassenden Überprüfung der Geschäftsaktivitäten getroffen. Die Rückkehr zum Drittanbieter-Modell soll laut Unternehmenssprecherin Barbara Agrait langfristig Kosteneinsparungen ermöglichen, die den Kunden zugutekommen. Dieses Modell wird als wirtschaftlich effizienter beschrieben, da lokale Drittanbieter bei der Zustellung von Paketen kostengünstiger arbeiten könnten.

Gewerkschaften und Beobachter haben jedoch Zweifel an dieser Begründung geäußert. Kritiker vermuten, dass die Entscheidung in Zusammenhang mit der kürzlichen gewerkschaftlichen Organisation eines der Lager in Quebec steht.

Gewerkschaften im Fokus

Im Mai 2024 hatte sich ein Lager in Laval, einem Vorort von Montreal, gewerkschaftlich organisiert. Es war das erste Amazon-Lager in Kanada, das diesen Schritt unternahm. Die Belegschaft, vertreten durch die Gewerkschaft Confédération des syndicats nationaux (CSN), forderte unter anderem eine Erhöhung des Mindestlohns von 20 auf 26 kanadische Dollar (ca. 17,38 Euro).

Nach monatelangen Auseinandersetzungen um bessere Arbeitsbedingungen und Löhne befand ein Arbeitsgericht, dass das Unternehmen gewerkschaftsfeindlich agiert hatte, und verurteilte das Unternehmen zu Schadenersatzzahlungen in Höhe von 30.000 kanadischen Dollar (ca. 20.000 Euro). Gewerkschaftsvertreterinnen, wie Caroline Senneville von der CSN, sehen die Schließung als direkten Angriff auf die gewerkschaftliche Organisation. Ihrer Ansicht nach stellt dieser Schritt eine Maßnahme dar, um weiteren gewerkschaftlichen Aktivitäten entgegenzuwirken.

Politische Reaktionen

Die Entscheidung hat auch auf politischer Ebene für Aufsehen gesorgt. Der kanadische Minister für Innovation, Wissenschaft und Industrie, François-Philippe Champagne, kritisierte Amazon scharf. Er äußerte seine Enttäuschung darüber, dass die Schließung ohne vorherige Abstimmung oder Beratung mit den betroffenen Akteuren erfolgt sei. Auch der Arbeitsminister der Provinz Quebec, Jean Boulet, zeigte sich besorgt, hielt sich jedoch mit direkten Kommentaren zurück.

Die Provinzregierung hat angekündigt, Umschulungsprogramme für die betroffenen Mitarbeiter bereitzustellen. Gleichzeitig betonte die Ministerin für Beschäftigung, Kateri Champagne Jourdain, dass die Entscheidung Amazons als wirtschaftliche Neuausrichtung und nicht als direkte Reaktion auf gewerkschaftliche Aktivitäten zu verstehen sei. Die Opposition hingegen sieht klare Zusammenhänge zwischen der Schließung und den Gewerkschaftsbewegungen.

Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und das Geschäftsmodell

Die Rückkehr zu einem Drittanbieter-Modell hat weitreichende Auswirkungen auf den lokalen Arbeitsmarkt. Neben den direkt betroffenen Beschäftigten bei Amazon verlieren auch zahlreiche Angestellte der Zuliefer- und Partnerunternehmen ihre Arbeitsplätze. Kritiker sehen in der Abgabe der Logistik an Drittanbieter einen Widerspruch zum bisherigen Geschäftsmodell von Amazon, das auf integrierte und effiziente Lieferketten ausgerichtet ist.

Gewerkschaften argumentieren, dass Amazon durch diese Entscheidung seinen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen und Löhne von Beschäftigten sichern möchte. Die Maßnahme wirft zudem Fragen zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit Amazons in Quebec und Kanada insgesamt auf.

Komplexer Zusammenhang zwischen wirtschaftlichen Entscheidungen und gewerkschaftlichen Aktivitäten

Die Schließung der Amazon-Lager in Quebec zeigt die komplexe Verbindung zwischen wirtschaftlichen Entscheidungen und gewerkschaftlichen Aktivitäten. Während Amazon wirtschaftliche Gründe für den Schritt anführt, werfen Kritiker dem Unternehmen vor, gezielt gegen Gewerkschaften vorzugehen. Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, die Gewerkschaftsbewegung und Amazons zukünftige Geschäftsstrategie in Kanada bleiben abzuwarten.

Frank