Flaschenpost: Dr. Oetker beendet Investorensuche
Der Getränkelieferdienst Flaschenpost, seit 2020 Teil des Lebensmittelkonzerns Dr. Oetker, hat turbulente Jahre hinter sich. Nach fast einjähriger Suche nach Co-Investoren hat der Bielefelder Konzern die Pläne für eine externe Beteiligung nun auf Eis gelegt. Branchenexperten und Marktanalysen zeichnen ein ambivalentes Bild der Zukunft für das einst erfolgreiche Startup.
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Erfolgsstory mit Herausforderungen: Die Entwicklung von Flaschenpost
Flaschenpost wurde 2014 in Münster von Seriengründer Dieter Büchl gegründet. Nach einem Neustart im Jahr 2016 erlebte das Unternehmen ein rasantes Wachstum. Die Kernidee, Getränke innerhalb von zwei Stunden direkt an die Haustür zu liefern, traf auf große Resonanz und sicherte dem Startup frühzeitige Investitionen renommierter Kapitalgeber wie Tiger Global, Cherry Ventures und Vorwerk Ventures.
Ein entscheidender Wendepunkt war die Übernahme durch Dr. Oetker im Jahr 2020 für rund 800 Millionen Euro. Mit dieser Akquisition wurde Flaschenpost mit dem bestehenden Lieferdienst Durstexpress fusioniert und das Sortiment um Lebensmittel erweitert. Das Geschäftsmodell von Flaschenpost, das auf Komfort und schnelle Lieferzeiten ohne zusätzliche Gebühren setzt, war besonders während der Corona-Pandemie stark nachgefragt.
Herausforderungen nach dem Boom
Mit dem Ende der Pandemie und dem damit einhergehenden Nachfragerückgang standen Schnell-Lieferdienste wie Flaschenpost zunehmend unter Druck. Hohe Betriebskosten, ein intensiver Wettbewerb und veränderte Verbraucherpräferenzen erschweren das Geschäftsumfeld.
Ein Beispiel für diese Herausforderungen ist die Schließung des Standorts in Düsseldorf Ende 2024. Das Lager, das rund 200 Mitarbeitende beschäftigte, wurde aufgrund ungünstiger Infrastruktur und schlechter Verkehrsanbindung als nicht mehr zukunftsfähig bewertet. Bemerkenswert ist, dass Düsseldorf der einzige Standort mit einem Betriebsrat war. Diese Entscheidung verdeutlicht, dass selbst etablierte Standorte den wirtschaftlichen Anforderungen des Marktes nicht immer standhalten können.
Investorensuche ohne Erfolg
2024 versuchte Dr. Oetker, neue Teilhaber oder Investoren für Flaschenpost zu gewinnen. Auch ein Börsengang war zeitweise im Gespräch. Doch laut Brancheninsidern blieb das Interesse verhalten. Ein Unternehmenssprecher erklärte, dass die Profitabilität von Flaschenpost verbessert wurde und der Kapitalbedarf daher als überschaubar gilt. Konkrete Geschäftszahlen wurden jedoch nicht veröffentlicht.
Die fehlende Resonanz auf dem Markt deutet darauf hin, dass potenzielle Investoren trotz des erweiterten Sortiments und der innovativen Lieferkonzepte skeptisch hinsichtlich der langfristigen Rentabilität von Flaschenpost sind.
Zukunftsperspektiven von Flaschenpost
Die Zukunft des Getränkelieferdienstes bleibt ungewiss. Trotz der Herausforderungen bleibt Flaschenpost ein wichtiger Bestandteil der Oetker-Gruppe, die 2023 einen Umsatz von 6,9 Milliarden Euro erzielte. Flaschenpost trug maßgeblich zum Wachstum des Geschäftsbereichs „Weitere Interessen“ bei, der ein Umsatzplus von knapp 10 Prozent auf 754 Millionen Euro verzeichnete.
Experten sind sich einig, dass das Unternehmen ohne kontinuierliche Innovationen Schwierigkeiten haben wird, sich langfristig auf dem hart umkämpften Markt zu behaupten. Zu den möglichen Zukunftsstrategien gehören:
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- Erweiterung des Angebots: Neben Getränken und Lebensmitteln könnten weitere Produkte oder Dienstleistungen angeboten werden, um den Warenkorbwert pro Kunde zu erhöhen.
- Technologische Verbesserungen: Eine effizientere Logistik durch den Einsatz von KI und Automatisierung könnte Kosten senken und die Lieferzeiten weiter optimieren.
- Partnerschaften und Kooperationen: Durch strategische Allianzen mit Supermärkten oder anderen Lieferdiensten könnte Flaschenpost sein Angebot erweitern und neue Zielgruppen erschließen.
- Fokussierung auf Nischenmärkte: Spezialisierte Angebote, etwa für Premium-Getränke oder exklusive Lebensmittel, könnten ein Alleinstellungsmerkmal schaffen.
- Ausbau in neue Regionen: Die Expansion in kleinere Städte oder sogar international könnte weiteres Wachstumspotenzial bieten.
Ein Unternehmen im Umbruch
Das Unternehmen hat mit seiner innovativen Geschäftsidee einen starken Einfluss auf den Liefermarkt ausgeübt. Doch die aktuellen Herausforderungen und das Ende der Investorensuche zeigen, dass das Unternehmen vor einer kritischen Phase steht. Die kommenden Jahre werden entscheidend dafür sein, ob der Lieferdienst seine Marktposition festigen und sich an veränderte Bedingungen anpassen kann.