Digitale Zahlungen in der EU: Status, Herausforderungen und die Antworten auf den Bericht des Europäischen Rechnungshofs

Die Digitalisierung hat den Zahlungsverkehr in Europa grundlegend verändert und digitale Zahlungen und deren Methoden sind heute ein zentraler Bestandteil der Wirtschaft und des Alltags. Sie ermöglichen schnellere Transaktionen, fördern die Sicherheit und treiben das wirtschaftliche Wachstum sowie die Integration des Binnenmarktes voran. Der jüngste Bericht des Europäischen Rechnungshofs (ECA) bietet eine umfassende Analyse dieser Entwicklung, beleuchtet aber auch bestehende Herausforderungen und gibt konkrete Empfehlungen. Die Europäische Kommission hat darauf reagiert und ehrgeizige Maßnahmen angekündigt, um den digitalen Zahlungsverkehr in der EU weiter zu stärken und zukunftssicher zu gestalten.

Digitale Zahlungen in der EU: Fortschritte, Herausforderungen und ZukunftsperspektivenAI generated picture by ©onlinemarktplatz.de
Digitale Zahlungen in der EU: Fortschritte, Herausforderungen und Zukunftsperspektiven. AI generated picture by ©onlinemarktplatz.de

Was versteht man unter digitalen Zahlungen?

Digitale Zahlungen beziehen sich auf die elektronische Übertragung von Geldern über digitale Kanäle wie Karten, Online-Banking oder mobile Wallets. Diese Zahlungsmethoden bieten zahlreiche Vorteile: Sie ermöglichen eine schnellere und bequemere Abwicklung, verbessern die Sicherheit von Transaktionen und fördern den Zugang zu Finanzdienstleistungen. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Stimulierung von Konsum und internationalem Handel.

Alle digitalen Zahlungen folgen einem dreistufigen Prozess: Die Zahlung wird initiiert, Zahlungsinformationen werden ausgetauscht, und die Transaktion wird schließlich abgeschlossen (Settlement). In der EU gibt es mehr als 3.900 Banken und knapp 3.000 Zahlungsinstitute, die diesen Prozess unterstützen.

Wachstum und Trends bei digitalen Zahlungen

Der Markt für digitale Zahlungen in der EU hat sich in den letzten Jahren dynamisch entwickelt. Zwischen 2017 und 2023 verdoppelte sich der Gesamtwert dieser Transaktionen auf über eine Billion Euro jährlich. Insbesondere E-Commerce-Zahlungen und Kartentransaktionen an Verkaufsstellen tragen zu diesem Wachstum bei. Kontaktloses Bezahlen, bei dem Karten oder mobile Geräte ohne physischen Kontakt verwendet werden, hat sich stark durchgesetzt und macht über die Hälfte aller Kartenzahlungen im Euroraum aus.

Trotz dieser Fortschritte bleiben Bargeldzahlungen in einigen EU-Ländern weiterhin relevant, insbesondere bei älteren Generationen und in ländlichen Gebieten. Digitale Wallets, die durch Karten oder Banküberweisungen aufgeladen werden, gewinnen jedoch zunehmend an Bedeutung und sind ein zentraler Bestandteil der digitalen Transformation im Zahlungsverkehr.

Herausforderungen im Bereich der Preisregulierung

Die EU hat mit der Einführung von Preisinterventionen, wie der Deckelung von Interbankenentgelten bei Kartenzahlungen, wichtige Schritte unternommen, um Kosten für Händler und Verbraucher zu senken. Diese Obergrenzen, die bei Debitkarten 0,2 % und bei Kreditkarten 0,3 % des Transaktionswertes betragen, sollen sicherstellen, dass Händler geringere Gebühren bei digitalen Zahlungen an Zahlungsdienstleister zahlen müssen.

Allerdings gibt es Kritikpunkte:

    • Es fehlen klare Kriterien, um die Angemessenheit dieser Preisobergrenzen zu bewerten.
    • Eine regelmäßige Überprüfung, ob die Maßnahmen effektiv und marktgerecht sind, ist nicht vorgesehen.
    • Studien deuten darauf hin, dass zusätzliche Gebühren, die nicht unter die Regulierung fallen, für Händler und Verbraucher weiterhin eine erhebliche Belastung darstellen können.

Die fehlende Transparenz bei den Gebührenstrukturen großer Kartennetzwerke wie Visa und Mastercard erschwert es zudem, die tatsächlichen Vorteile dieser Regulierungen für digitale Zahlungen vollständig zu beurteilen.

Open Banking: Chancen und Defizite

Open Banking ermöglicht es Drittanbietern, mit Zustimmung des Kunden auf Bankdaten zuzugreifen, um innovative Dienstleistungen anzubieten. Dies fördert den Wettbewerb und schafft Raum für neue Geschäftsmodelle. Die EU hat mit der überarbeiteten Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) den rechtlichen Rahmen für Open Banking geschaffen.

Trotz dieser Fortschritte gibt es Schwachstellen bei digitalen Zahlungen:

    • Banken sind verpflichtet, diese Daten kostenlos bereitzustellen, was Innovationen hemmen kann.
    • Es fehlt ein einheitlicher technischer Standard für Schnittstellen (APIs), was die Interoperabilität und Qualität der Dienstleistungen beeinträchtigt.
    • Die Überwachung und Implementierung von Open Banking erfolgt auf nationaler Ebene, was zu einer Fragmentierung des Marktes führt.

Vergleichbare Länder wie das Vereinigte Königreich haben mit der Einführung klarer Richtlinien und einem dedizierten Implementierungsorgan (z. B. Open Banking Limited) deutliche Fortschritte erzielt. Ein ähnlicher Ansatz könnte auch in der EU für mehr Effizienz sorgen.

Echtzeitzahlungen: Ein Weg zur Normalität?

Instant Payments, bei denen Gelder innerhalb von zehn Sekunden auf dem Empfängerkonto verfügbar sind, gelten als zukunftsweisend. Sie bieten nicht nur Vorteile für Verbraucher, sondern auch für Unternehmen, die von schnelleren Cashflows profitieren können.

Derzeit liegt die Nutzung von Echtzeitzahlungen in der EU jedoch bei lediglich 16,8 %. Gründe hierfür sind:

    1. Fehlende Anreize für Zahlungsdienstleister, solche Dienste anzubieten.
    2. Höhere Gebühren im Vergleich zu Standardüberweisungen.
    3. Sicherheitsbedenken der Verbraucher.
    4. Eine hohe Ablehnungsquote von Zahlungen aufgrund fehlerhafter Identifikationen.

Um die Nutzung von Instant Payments zu fördern, hat die EU 2024 eine neue Regelung verabschiedet, die Dienstleister verpflichtet, Echtzeitzahlungen anzubieten und diese nicht teurer als reguläre Überweisungen zu gestalten. Dennoch bleibt abzuwarten, ob diese Maßnahmen ausreichen, um Instant Payments zur neuen Norm zu machen.

Fehlende Daten und Monitoring

Ein zentraler Kritikpunkt am aktuellen EU-Zahlungsrahmen ist der Mangel an aussagekräftigen Daten zur Bewertung von Maßnahmen. Die EU-Kommission hat bisher keine spezifischen Indikatoren oder Ziele festgelegt, um den Fortschritt in Bezug auf Kosten, Geschwindigkeit, Zugänglichkeit und Transparenz digitaler Zahlungen zu messen. Ohne ein effektives Monitoring bleibt unklar, ob die eingeführten Regelungen für digitale Zahlungen ihre Ziele tatsächlich erreichen.

Der Weg nach vorn bei digitalen Zahlungen

Die EU hat durch ihre Regulierung und Strategie für digitale Zahlungen wichtige Grundlagen gelegt, um diese sicherer, schneller und kosteneffizienter zu machen. Dennoch gibt es zahlreiche Bereiche, in denen Nachbesserungen erforderlich sind:

    • Klare Leistungsindikatoren und regelmäßige Überprüfungen der Maßnahmen.
    • Einheitliche Standards und eine stärkere Überwachung im Bereich Open Banking.
    • Förderung der Nutzung von Echtzeitzahlungen durch gezielte Anreize.

Mit gezielten Anpassungen kann die EU ihre Position als globaler Vorreiter im Bereich der digitalen Zahlungen weiter ausbauen und sowohl Verbrauchern als auch Unternehmen eine effizientere Zahlungsinfrastruktur bieten.

Antworten der Europäischen Kommission auf den Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs

Die Europäische Kommission erkennt den Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs (European Court of Auditors, ECA) als wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung des digitalen Zahlungsverkehrs in der Europäischen Union (EU) an. Sie begrüßt die umfassende Analyse der Fortschritte bei digitalen Zahlungen und sieht in den Empfehlungen des ECA wertvolle Ansätze zur Verbesserung der Effizienz, Transparenz und Wettbewerbsfähigkeit von digitalen Zahlungen im europäischen Zahlungsverkehr.

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Anerkennung der Fortschritte und Fokussierung auf bestehende Herausforderungen

Die Kommission teilt die Ansicht, dass die bisherigen Maßnahmen, wie die Einführung der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) und die Regulierung der Interbankenentgelte, dazu beigetragen haben, digitale Zahlungen sicherer, schneller und kostengünstiger zu machen. Gleichzeitig bestätigt sie die im Bericht genannten Herausforderungen, insbesondere in den Bereichen Preisinterventionen, Open Banking und der Förderung von Echtzeitzahlungen.

Konkrete Maßnahmen als Antwort auf die Empfehlungen des ECA

1. Klare Kriterien und regelmäßige Überprüfungen von Preisinterventionen

Die Kommission erkennt die Notwendigkeit an, Preisinterventionen wie die Deckelung der Interbankenentgelte (0,2 % für Debitkarten und 0,3 % für Kreditkarten) auf der Grundlage klarer Kriterien zu bewerten. Sie teilt die Auffassung, dass regelmäßige Überprüfungen erforderlich sind, um sicherzustellen, dass solche Maßnahmen weiterhin effektiv und marktkonform bleiben.

Geplante Maßnahmen:

    • Einführung regelmäßiger Berichte zur Überprüfung der Auswirkungen von Preisinterventionen.
    • Verbesserung der Datenerhebung, um eine detaillierte Bewertung der Marktbedingungen und möglicher Verzerrungen zu ermöglichen.
    • Förderung der Transparenz im Markt für Kartenzahlungen, insbesondere in Bezug auf Gebührenstrukturen.
2. Verbesserung der Überwachung und Standardisierung im Open Banking

Die Kommission teilt die Sorge des ECA über die mangelnde Standardisierung technischer Schnittstellen (APIs) im Open Banking. Sie betont, dass die uneinheitliche Umsetzung der PSD2 in den Mitgliedstaaten die Interoperabilität und Markttransparenz bei digitalen Zahlungen behindert.

Geplante Maßnahmen:

    • Einführung einheitlicher technischer Standards durch die geplante Regulation for Financial Data Access (FIDA).
    • Schaffung eines Rahmens für die kostenpflichtige Bereitstellung von Bankdaten, um Innovationen zu fördern und Investitionen zu unterstützen.
    • Aufbau eines zentralen Überwachungssystems, um die Nutzung und den Erfolg von Open Banking systematisch zu bewerten.
3. Förderung von Echtzeitzahlungen (Instant Payments)

Die Kommission erkennt, dass Echtzeitzahlungen ein wesentlicher Bestandteil eines modernen Zahlungsverkehrs sind. Sie betont jedoch, dass die Verbreitung von Instant Payments für digitale Zahlungen in der EU derzeit hinter den Erwartungen zurückbleibt.

Geplante Maßnahmen:

    • Umsetzung der Instant Payments Regulation von 2024, die Zahlungsdienstleister verpflichtet, Echtzeitzahlungen ohne zusätzliche Kosten anzubieten.
    • Einführung von Informationskampagnen, um Verbraucher und Unternehmen über die Vorteile von Echtzeitzahlungen aufzuklären.
    • Erarbeitung von Anreizen für Banken und Zahlungsdienstleister, um die Nutzung von Echtzeitzahlungen zu fördern.
4. Bekämpfung der IBAN-Diskriminierung

Die Kommission stimmt mit dem ECA überein, dass die Diskriminierung aufgrund von Zahlungsstandorten trotz der SEPA-Regeln ein ungelöstes Problem bleibt. Sie sieht Handlungsbedarf, um die Einhaltung der Vorschriften konsequent durchzusetzen.

Geplante Maßnahmen:

    • Intensivierung der Zusammenarbeit mit nationalen Behörden, um Verstöße gegen die SEPA-Regelungen zu ahnden.
    • Entwicklung von Mechanismen zur Überwachung von IBAN-Diskriminierungsfällen.
    • Prüfung der Möglichkeit, Sanktionen gegen Unternehmen einzuführen, die SEPA-Verstöße wiederholt begehen.
5. Entwicklung von Leistungsindikatoren zur Erfolgsmessung

Die Kommission teilt die Ansicht des ECA, dass die Einführung klarer Leistungsindikatoren entscheidend ist, um Fortschritte bei der Umsetzung digitaler Zahlungsstrategien zu messen.

Geplante Maßnahmen:

    • Festlegung von Zielvorgaben für Geschwindigkeit, Kosten und Transparenz digitaler Zahlungen.
    • Erstellung eines regelmäßigen Fortschrittsberichts auf Basis von Indikatoren wie dem Anteil von Echtzeitzahlungen, Betrugsraten und den Kosten für Händler.
    • Entwicklung eines Monitoring-Systems, um die Auswirkungen der regulatorischen Maßnahmen auf Verbraucher und Unternehmen zu bewerten.

Ein wichtiger Wegweiser

Die Europäische Kommission sieht die Empfehlungen des ECA als einen wichtigen Wegweiser, um die bestehenden Lücken im Zahlungsverkehr zu schließen. Sie betont, dass die geplanten Maßnahmen für digitale Zahlungen nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit Europas stärken, sondern auch die Integration des Binnenmarktes vorantreiben und die Bedürfnisse von Verbrauchern und Unternehmen gleichermaßen berücksichtigen werden.

Mit der Einführung von PSD3, FIDA und der Instant Payments Regulation hat die Kommission bereits wesentliche Schritte eingeleitet, um die in dem Bericht identifizierten Herausforderungen bei digitalen Zahlungen anzugehen. Die Kommission bekräftigt, dass sie weiterhin eng mit den Mitgliedstaaten, Zahlungsdienstleistern und anderen Interessengruppen zusammenarbeiten wird, um den digitalen Zahlungsverkehr in Europa sicherer, effizienter und inklusiver zu gestalten.

Frank