Plattformen-Steuertransparenzgesetz: Jeder Fünfte verkauft online weniger oder gar nicht mehr gebraucht
Am 2. September ist für die meisten Stichtag für die Steuererklärung. Und erstmals müssen darin auch Erlöse aus privaten Verkäufen über Online-Plattformen angegeben werden, fürchten viele Verkäufer. Völlig zu unrecht, denn in Wahrheit ist kaum einer von den Regelungen des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes (PStTG) betroffen. Die Verunsicherung unter den Nutzern scheint dennoch groß, wie der Online-Kleinanzeigenmarkt Kleinanzeigen in einer Umfrage herausgefunden hat.
Plattformen-Steuertransparenzgesetz – die Folgen
Die Transformation zur Kreislaufgesellschaft gerät gerade ins Stocken. Laut einer aktuellen Umfrage von Kleinanzeigen verkauft schon jetzt jeder fünfte Nutzer weniger (10 %) oder gar keine Artikel mehr (9 %) über Kleinanzeigen-Plattformen, weil er unsicher ist, von einem jungen Gesetz betroffen zu sein. Mit dem Plattformen-Steuertransparenzgesetz hat die Bundesregierung die EU-Richtlinie DAC7 umgesetzt. Das Steuertransparenzgesetz ist im Januar 2023 in Kraft getreten und verpflichtet Plattformbetreiber, die Verkäufe ihrer Nutzer ans Bundeszentralamt für Steuern zu melden, wenn diese eine Anzahl von 30 oder Einkünfte von 2.000 Euro erreichen bzw. überschreiten.
Die Behörden erhoffen sich ein besseres Kontrollinstrument. Ihr Verdacht: Viele gewerbliche Nutzer tarnen ihr Handeln als Privathandel oder haben ihre privaten Verkäufe gar zum Geschäftsmodell gemacht. Ihnen kamen Finanzbeamte bisher allenfalls per Webcrawler auf die Spur, der automatisiert Internetseiten nach steuerlich relevanten Aktivitäten durchsucht hat. Durch die Meldepflicht werden Plattform-Betreiber gesetzlich verpflichtet, diese Arbeit fortan zu unterstützen.
Während sich für Plattformen wie Kleinanzeigen der bürokratische Aufwand durch das Gesetz also erhöht, haben die Nutzer vor allem eines zu befürchten: nichts. Jedenfalls ein Großteil von ihnen, schließlich ist die Anzahl derer, die die Richtlinie am Ende tatsächlich betrifft, verschwindend gering. „Für die allermeisten Nutzer unserer Plattform könnte der Handel dort einfach weitergehen, wie bisher. Es gibt für sie keinen Grund, verunsichert zu sein, denn sie haben nichts zu befürchten – keine Steuern und in der Regel auch keinen Anruf vom Finanzamt“, sagt Paul Heimann, CEO von Kleinanzeigen.
Schließlich gilt: Private Verkäufe gebrauchter Waren bleiben steuerfrei. Es gilt der Grundsatz, dass Verkäufe von Gegenständen des täglichen Gebrauchs nicht der Steuer unterliegen. Auch andere Güter, die unter den Sammelbegriff der privaten Veräußerungsgeschäfte fallen, dürfen nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist oft steuerfrei verkauft werden – ganz egal über welche Kanäle. Darüber hinaus gelten steuerliche Freigrenzen. „Ganz abgesehen davon müssen ohnehin nur Gewinne versteuert werden. Und die sind beim Verkauf gebrauchter Artikel sehr selten, weil diese im Einkauf meist teurer waren“, so Heimann.
Mehr als 80 Prozent begegnen dem Gesetz uninformiert
Die Verunsicherung der Nutzer kommt jedoch nicht von ungefähr. Kleinanzeigen hat mit seiner Umfrage ebenfalls herausgefunden, dass mehr als ein Drittel (35 %) das Plattformen-Steuertransparenzgesetz gar nicht kennt. Jeder Vierte (25 %) hat zwar schon davon gehört, sich aber nicht weiter damit beschäftigt. Und fast genauso viele (22 %) fühlen sich, obwohl sie das neue Gesetz bereits kennen, nicht gut darüber informiert. Folglich begegnen mehr als 80 Prozent der Befragten den neuen Regelungen nicht besonders wohlwissend – und fahren ihre Aktivitäten deshalb teilweise zurück.
Hinzu kommt, dass knapp ein Drittel der Befragten (32 %) ihr Verkaufsverhalten womöglich nur deshalb noch nicht geändert haben, weil sie das Plattformen-Steuertransparenzgesetz (noch) nicht kennen. „Gut möglich also, dass der Teil jener Menschen, die wegen der Richtlinie künftig weniger oder gar nichts mehr auf Kleinanzeigen oder anderen Plattformen verkaufen, größer wird, je bekannter das Gesetz wird“, sagt Heimann. „Wenn Nutzer durch das Gesetz allerdings weniger Gebrauchtes verkaufen, und es stattdessen wegwerfen, hätte die EU der Kreislaufwirtschaft einen Bärendienst erwiesen. Deshalb stellt sich da für uns durchaus die Frage, ob der Nutzen dieses Gesetzes den Aufwand tatsächlich rechtfertigt.“
Über die Umfrage
Die Umfrage basiert auf Online-Interviews mit Teilnehmern des YouGov Panel Deutschland. Die Stichprobenziehung erfolgt per Zufall und die resultierende Stichprobe wird zusätzlich zur Quotierung gewichtet, um eine bevölkerungsrepräsentative Zielverteilung gewährleisten zu können. Die Quoten-Definition und Gewichtung ist an den Daten des Mikrozensus ausgerichtet. Alle Ergebnisse basieren auf einer Zufallsstichprobe und erfüllen damit die Voraussetzungen für die Berechnung statistischer Kenngrößen und Tests.
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