Patreon: Geringere Einnahmen treiben YouTuber zu Alternativen Plattformen

YouTube gilt als größte Videoplattform der Welt. Allerdings macht sie das nicht unersetzlich: Ändert YouTube seinen Werbe-Algorithmus sowie die Moderation von Videos, nutzen viele Inhaltsersteller/innen – sogenannte Content Creators – auch Abo-finanzierte Plattformen wie Patreon und machen sich dadurch weniger von einer Plattform abhängig. Gleichzeitig verschiebt sich das Publikum der Plattformen und die Toxizität nimmt zu. Das sind die Ergebnisse einer Studie des ZEW Mannheim gemeinsam mit Forschern der University of Nevada in Las Vegas und der Universität Télécom Paris auf Basis von über 2,8 Millionen Patreon-Inhalten im Rahmen der YouTube-Adpocalypse 2017.

Geringere Einnahmen treiben YouTuber zu Patreon
Geringere Einnahmen treiben YouTuber zu Patreon. AI generated picture by ©onlinemarktplatz.de

„Unsere Ergebnisse zeigen: Plattformen sollten nicht nur Werbe- sondern auch Abo-finanzierte Erlösmodelle für Creators anbieten. So kann der Spagat gelingen, allen Nutzergruppen eine möglichst ideale Umgebung zu schaffen – egal ob für Content Creators, Publikum oder Werbetreibende“, sagt Raphaela Andres, Ko-Autorin und Wissenschaftlerin im ZEW-Forschungsbereich „Digitale Ökonomie“.

Multi-Milliardenmarkt durch Inhalte

Die Creator Economy umfasst Medienschaffende, die in digitalen Netzwerken Inhalte veröffentlichen und damit kommerziell Umsätze generieren. Begriffe wie YouTuber oder Influencer werden häufig für die Creator Economy verwendet, allerdings bezieht sie unter anderem auch Blogger/innen, Podcaster/innen, Künstler/innen sowie die Plattformen selbst mit ein. „Die Creator Economy hat sich in den letzten Jahren ohne Gleichen entwickelt. Schätzungen gehen darüber hinaus davon aus, dass sich die Creator Economy zu einem globalen Multi-Milliardenmarkt entwickeln wird. Sie hat also massives Wachstumspotenzial. Schon kleine Änderungen am Algorithmus können daher gravierende Auswirkungen haben“, sagt Andres.

Youtube-Apocalypse: Exklusiver Content auf Patreon

Das wird in Folge der sogenannten Adpocalypse auf YouTube deutlich. 2017 boykottierten mehrere große Werbepartner YouTube, weil ihre Werbung mit inhaltlich brisanten Videos ausgespielt wurde. Wegen dieses Rückzugs änderte YouTube seine Moderationsregelungen, was dazu führte, dass die Umsätze von Content Creators bedroht wurden. Anhand von Patreon-Daten aktiver Creators im Zeitraum von August 2017 bis August 2018 analysiert das ZEW-Team die Anzahl von frei verfügbaren und Abo-exklusiven Inhalten, die Höhe von Einnahmen sowie die Anzahl von Abonnenten/-innen, Likes, Kommentaren und toxischen Inhalten im Zeitverlauf.

Hier zeigt sich, dass die Creators strategisch handeln, sobald veränderte Regeln zu einer Demonetarisierung von Inhalten auf YouTube führen, sodass Videos dort weniger oder keinen Umsatz mehr generieren. Nach der Änderung der YouTube-Regelungen steigt bei Patreon die Zahl der Creators, deren Inhalte und auch deren Publikum. Parallel bei YouTube aktive Creators können mit dem zusätzlichen Engagement finanzielle Einbußen auf YouTube kompensieren, gleichzeitig steigt die Beliebtheit der kostenpflichtigen Videos auf Patreon.

Größeres Publikum bringt mehr Hatespeech

Diese für Patreon positive Entwicklung hat jedoch auch negative Folgen: Mit mehr Creators und mehr Publikum auf Patreon steigt auch der Hass in der Community. Hierzu haben die Wissenschaftler/innen anhand der Google-Software Jigsaw zur Erkennung von Hass die Toxizität der Inhalte untersucht. Die Produzentinnen und Produzenten, die sowohl auf YouTube als auch auf Patreon produzieren, tragen zwar nicht mehr Hass in das neue Medium. Mit der gestiegenen Anzahl an Inhalten steigt jedoch auch die allgemeine Toxizität der Plattform.

„Creators und deren Publikum können sich von einer Plattform auf die nächste bewegen. Daher sollte sich Politik gegen digitale Gewalt auch auf kleinere Netzwerke konzentrieren. Sich wie bisher beispielsweise im NetzDG auf die ganz großen Netzwerke zu fokussieren, eliminiert nicht den Hass im Internet“, folgert Andres. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), das sich auch gegen Straftaten wie Beleidigung oder Verleumdung im Internet wendet, findet bisher nur bei Plattformen mit über zwei Millionen aktiven Nutzer/innen im Inland Anwendung. Davon ausgenommen sind zudem E-Mail-Anbieter, Messenger-Dienste, berufliche Netzwerke, Fachportale, Online-Spiele und Verkaufsplattformen.

ZEW