Fragwürdiger Internet-Händler bekommt erst einmal Recht

In der Schweiz bekam ein suspekter Internet-Händler vor dem Bundesgericht Recht, obwohl er über eBay und ricardo.ch Handys, Spielekonsolen und Gartenmöbel anbot, diese jedoch nicht in seinem Besitz waren.

Das Gericht befand: „Wer bei einer Online-Versteigerung verkaufte Ware nicht termingemäß oder gar nicht liefern kann, ist nicht zwangsläufig ein Betrüger“. Die St. Galler Justiz muss daher auf Geheiß des Bundesgerichts ihren Schuldspruch gegen den dubiosen Online-Händler überprüfen und nachbearbeiten.

Der Mann aus St.Gallen, der über die Internet-Plattformen die Waren angeboten hatte, vertröstete unzufriedene Kunden damit, die Artikel später zu liefern, zum Teil kam es auch zur Rückzahlung des Kaufpreises.

Das St.Galler Kantonsgericht sprach ihn dafür und wegen anderer Vorfälle des gewerbsmäßigen Betruges schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren, wovon er 8 Monate im Gefängnis verbringen sollte. Das Bundesgericht gab allerdings nun dem Mann Recht und schickte die Sache zu neuem Entscheid ans Kantonsgericht zurück.

Das Gericht in St.Gallen hatte seinen Urteilsspruch damit begründet, dass der Angeklagte seinen Kunden vorgetäuscht habe, die angebotenen Waren fristgemäß liefern zu können. Die Käufer hätten dadurch zumindest kurzfristig eine Vermögensschädigung erdulden müssen, da sie schon bezahlt, die ersteigerte Ware aber noch nicht erhalten hätten.

Laut Bundesgericht ist diese Argumentation nicht einleuchtend. Die Richter in Lausanne verweisen darauf, dass es bei der Durchführung von Verträgen immer zu „Leistungsstörungen“ kommen könne. Diese systematisch strafrechtlich zu erfassen, sei nicht sachgerecht.

Das Obligationenrecht gebe Käufern in solchen Fällen vielmehr verschiedene Möglichkeiten, um zu reagieren. So könne dem Verkäufer etwa eine Nachfrist gesetzt werden. Erbringt er auch dann seine Leistung nicht, kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten. In bestimmten Fällen sei auch ein unmittelbarer Vertragsrücktritt möglich.

Beschafft sich ein Internet-Händler die Produkte erst nach der Versteigerung und liefert diese nach, oder erstattet dem Käufer die Vorauszahlung binnen einer annehmbaren Frist zurück, liege kein Betrug vor. Erfüllt wäre der Betrugstatbestand laut Gericht jedoch dann, wenn der Verkäufer eine Lieferung gar nie vorgesehen hat.

Das Kantonsgericht in St.Gallen wird nun vervollständigend klären müssen, ob der Angeklagte überhaupt liefern wollte oder ob er zumindest in Kauf genommen hat, dass einzelne Käufer weder die gekauften Artikel noch eine Rückzahlung des Verkaufspreises erhalten.