Wird Rakuten weltweit ein ernsthafter Konkurrent für Amazon werden?

In den vergangenen Monaten konnte man eine beachtliche Anzahl japanischer Unternehmen dabei beobachten, wie sie versuchten Fuß in anderen Ländern der Welt zu fassen. Bedingt dadurch, dass die japanischen Märkte nicht mehr so viel hergeben, versuchen die japanischen Konzerne in Übersee neue Märkt zu erschließen. Hinzu kommt, dass der Yen derzeit sehr stabil ist und Übersee-Deals gut durchführbar sind.

Derzeit in aller Munde und bekanntestes Beispiel ist Rakuten. Im Jahr 2010 hat man die französische Shopping-Webseite PriceMinister für 200 Millionen Euro übernommen, den US-Onlinehändler Buy.com für 250 Millionen US-Dollar, in Kanada hat man den Konzern kürzlich Kobo erworben und in Deutschland wurde Tradoria in Raktuen.de umfirmiert.

In Japan scheint sich Rakuten mit seiner virtuellen Shopping Mall Ichiba (47 Millionen Mitglieder, einer von drei Japanern ist hier registriert), ähnliche positionieren zu wollen, wie Amazon in den Vereinigten Staaten. Durch die Übernahme des kanadischen Konzerns Kobo mit seinem E-Reader kann Rakuten auch auf dem Markt der E-Reader Amazon Konkurrenz machen. Allerdings wohl eher in Europa als in den USA, wo Amazon (noch) der absolute Platzhirsch ist.

Wie beschreibt Techcrunch Amazons Position in Nordamerika so bildhaft: „Amazon ist der 800-Pfund-Gorilla in der B2C-Arena und das mit Abstand, mit sehr großem Abstand“. Aber obwohl die Geschäfte für Amazon in den verschiedenen Ländern der Erde sehr gut laufen, sieht es in Asien (wie bei eBay auch) nicht sehr rosig aus. In China muss Amazon, aber auch eBay, gegen Taobao ankämpfen und in Japan heißt der Rivale Rakuten! Der größte Unterschied zwischen Amazon und Rakuten ist, dass es sich bei Rakuten um eine Plattform für einzelne Web-Shops handelt, die mehr oder minder in Eigenregie ihre Waren an Kunden verkaufen.

Auf Rakuten findet man in Japan 35 Millionen Artikel in einer Preisrange von einem Dollar bis 100.000 US-Dollar. Angefangen von einem 4-Tonner, Gucci-Handtaschen, digitalen Inhalten (Amazon Japan bietet das nicht an) oder Äpfel und Orangen von lokalen Landwirten bei Rakuten Japan findet man (fast) alles. Das Preis-Level ist in der Regel relativ niedrig und Gratisversand wird vor allem bei Büchern, DVDs und ähnlichen Mediaartikel angeboten.

Hiroshi Mikitani, Gründer und CEO von Rakuten gegenüber dem Handelsblatt: „In Japan sind wir die unbestrittene Nummer eins im Internet. Rakuten ist das Schwergewicht des E-Commerce. Japan zeigt: das amerikanische Modell funktioniert in vielen Ländern eben nicht. Unser Hauptkonkurrent ist Amazon.”

Die globalen Pläne Rakutens, kann der CEO des Unternehmens Hiroshi Mikitani auch schon beziffern: Bis Ende 2012 möchte er, dass sein Unternehmen außerhalb Japans 1 Million US-Dollar an täglichen Verkäufen generiert. Damit sind die Expansionsziele klar abgesteckt!

Deutschland spielt bei den Expansionsplänen eine durchaus bedeutende Rolle, denn der E-Commerce wächst hierzulande sehr schnell. Doch auch hier ist erst einmal der eindeutige Rivale Amazon mit seinem E-Reader und den E-Books. Vielleicht geht Rakuten den Bereich aber etwas vorsichtiger an als Amazon, denn der japanische Konzern hat ein völlig anderes Vertriebsmodell: Mikitani sucht sich Kooperationspartner für den Verkauf des Kobo E-Readers, wohingegen Amazon nach dem Prinzip handelt „selbst ist der Mann“ und den Verkauf des Kindle in Eigenregie durchführt. In jedem Fall ist der europäische Markt ein Bereich, der hinsichtlich der E-Book-Reader und der E-Books noch ein großes Wachstumspotential besitzt.

Rakuten geht aber noch einen anderen Weg, um außerhalb des Landes bekannt zu werden. So können internationale Kunden schon über Rakuten Travels English Interface Hotels in vielen asiatischen Nationen buchen. Zudem ist ein Viertel aller Artikel, die auch den japanischen Kunden zur Verfügung, auch für  ausgewählte ausländische Kunden über Rakuten International Shipping Services verfügbar. Nutzer, die der japanischen Sprache nicht mächtig sind, haben Zugang zu den Google-Übersetzungen der Artikelbeschreibungen, können hierüber bestellen und via Kreditkarte bezahlen.

Auch, wenn es wahrscheinlich noch einige Hindernisse für Rakuten zu überwinden gibt, da die Rivalen nicht ruhig zusehen werden und tatenlos der Expansion gegenüberstehen, wird doch deutlich, Rakuten könnte tatsächlich (irgendwann) den dritten großen Online- Marktplatz in Europa stellen.