Betreiber von Online-Plattform unterliegt Prüfungspflicht bei Produkt-Angeboten

Prüfungspflicht bei Produkt-Angeboten

Unterstützt der Betreiber eines Online-Auktionshauses die Anzeigen seiner Kunden mit gezielten Werbemaßnahmen, wie beispielsweise „AdWords“-Anzeigen, ist er verpflichtet, die Offerten auf etwaige Rechtsverletzungen zu kontrollieren. Das hat am 4. November das OLG Hamburg in einem Rechtsstreit zwischen einem norwegischen Möbelunternehmen und der Betreiberin der Internethandelsplattform „eBay“ entschieden (Az. 5 U 45/07).

In seinem Urteil hat der zuständige Urheberrechtssenat der Beklagten untersagt, ihren Kunden zu gestatten, auf den Webseiten „www.eBay.de“ Inserate einzustellen, in denen bestimmte urheberrechtswidrige Nachbauten eines von der Klägerin vertriebenen Kinderhochstuhls angeboten werden. Auch darf die Beklagte solche Angebote nicht bewerben.

Die Klägerin, ein in Norwegen ansässiges Unternehmen der Möbelbranche, hat seit Jahren sein erfolgreichstes Produkt den Kinderhochstuhl „Tripp Trapp“ im Angebot. Dieses wurde Anfang der 70er Jahre vom Designer Peter Opsvik entworfen. Der „Tripp Trapp“ wurde von mehreren Herstellern unter Verletzung des Urheberrechts nachgebaut. Solche Nachahmungen wurden auch von Kunden der Beklagten auf deren Online-Plattform zum Verkauf angeboten und von der Beklagten beworben.

Zu den Werbemaßnahmen der Beklagten gehörte  unter anderem, dass die fraglichen Annoncen beim Internetsuchdienst Google im Werbebereich eingeblendet wurden, gab der Nutzer als Suchbegriff „Tripp Trapp“ ein (sog. „AdWords“-Anzeigen). Derartige Werbung fand auch noch statt, nachdem die Beklagte auf Veranlassung der Klägerin bereits mehrere urheberrechtswidrige Angebote gelöscht hatte.

Mit den dargestellten Werbemaßnahmen hat die Beklagte nach Auffassung des Senats die Rolle eines neutralen Mittelmanns verlassen und eine aktive Rolle übernommen, aufgrund derer ihr erheblich erhöhte Anstrengungen zur Verhinderung von Rechtsverletzungen zuzumuten seien. Der Betreiber einer Internethandelsplattform sei grundsätzlich nicht gehalten, ohne konkreten Anlass jedes Angebot vor seiner Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung zu untersuchen. Die Beklagte habe sich jedoch nicht auf das Bereitstellen technischer Strukturen beschränkt, sondern gezielt das Auffinden bestimmter Angebote durch Kaufinteressenten gefördert. Hieraus folge, dass sich die Anforderungen an die Prüfpflichten erheblich erhöhten. Konkret bedeute dies, dass die Beklagte sämtliche durch Wortfilter in ihrem Internetauftritt auffindbaren Angebote von Kinderhochstühlen einer visuellen Kontrolle darauf unterziehen müsse, ob sich auch die fraglichen Plagiate darunter befänden. Die Beklagte könne dagegen nicht anführen, ihr Geschäftsmodell basiere wesentlich darauf, dass sie ihre Dienste möglichst vollautomatisiert betreiben könne. Wenn das Geschäftsmodell der Beklagten allein darauf basierte, unabhängig von den damit einhergehenden Gefahren für fremde Rechtsgüter mit möglichst wenig Personalaufwand den höchstmöglichen Gewinn zu erzielen, sei fraglich, ob es sich überhaupt um ein von der Rechtsordnung gebilligtes Geschäftsmodell handele. Der Senat gehe aber davon aus, dass die Beklagte ihr Geschäftsmodell nicht auf diese Aspekte verkürzt sehen wolle und entsprechend den Einsatz von Kontrollpersonal nicht schlechthin als hiermit unvereinbar ansehe.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat der Senat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Die Frage, welche Auswirkungen werbende Maßnahmen des Diensteanbieters zu rechtsverletzenden Angeboten seiner Nutzer im Rahmen der hier einschlägigen sog. Störerhaftung haben, sei bislang höchstrichterlich nicht geklärt worden.