Warum das Konzept Warenhaus nicht ausgedient hat

Die jüngste Entscheidung der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH, 47 ihrer Filialen endgültig zu schließen, hat eine neuerliche Diskussion um die Existenzberechtigung von Warenhäusern angestoßen. Vielfach wird dem Konzept die Zukunftsfähigkeit abgesprochen. Andreas Kaapke, Wissenschaftlicher Leiter des Masters General Business Management am DHBW CAS, ist der festen Überzeugung, dass die Bedeutung des Warenhauses als feste Größe des Handels ungebrochen ist.

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Warum das Konzept Warenhaus nicht ausgedient hat. ©Depositphotos

„Das Konzept, alles unter einem Dach zu versammeln, ist keineswegs überholt. Genau nach diesem Prinzip funktioniert jedes Shoppingcenter und im virtuellen Bereich Amazon“, stellt Andreas Kaapke klar. „Anders als in früheren Zeiten muss das Konzept und Warensortiment jedoch in kürzeren Abständen überdacht und gegebenenfalls angepasst werden. Wir können nicht mehr erwarten, dass ein Konzept für die nächsten 20 Jahre funktioniert, so wie es früher der Fall war.“

Zu einem modernen Konzept gehört auch die Haus- und Flächengestaltung. „Warenhäuser müssen auch optisch ein gutes Einkaufserlebnis bieten. Sie dürfen kein Moloch sein, in dem die Kundschaft sich verirrt, sondern müssen durch eine offene Ladengestaltung mit breiten Gehschneisen, einem logischen Aufbau und einem intelligenten Kundenleitsystem dafür sorgen, dass die Kunden die Übersicht behalten“, so Kaapke. „Die Menschen sind nicht mehr bereit, in Warenhäusern verloren zu gehen oder zu lange nach einem bestimmten Artikel zu suchen, wenn sie diese auf der anderen Seite mit wenigen Klicks im Internet bestellen können.“

Klare (Sortiments-)Struktur erforderlich

Übersichtlichkeit ist laut Andreas Kaapke auch eine Frage der Warenpräsentation: „Das Problem von vielen Standorten ist, dass sie oftmals zu viele Produkte auf einer weitgehend unstrukturierten Fläche präsentieren. Die Kundschaft wird vom Angebot erschlagen. Hier können sich die Warenhäuser am Shoppingcenter orientieren, die aus kleinen Ladeneinheiten bestehen. Eine kojenartig strukturierte Fläche hat zwar einen größeren Flächenverbrauch, wiegt das aber durch ein angenehmeres Einkaufserlebnis auf.“

Im Bestreben, möglichst viele Zielgruppen zu bedienen laufen Warenhäuser immer in Gefahr, in eine ungünstige Stuck-in-the-middle-Position zu geraten. Hier plädiert Andreas Kaapke für eine konsequente Verschlankung des Produktportfolios und die Etablierung von Profilierungswarengruppen, selbst wenn dadurch nicht mehr alle Zielgruppen bedienet werden können. Seiner Überzeugung nach bergen wenige gut laufende Warengruppen mehr betriebswirtschaftliches Potential als viele schlecht laufende.

Der Schneidezahn der Innenstädte

Die repräsentativen Lagen, die die meisten Warenhäuser in den Innenstädten bekleiden sind zugleich Chance und Gefahr für den Handel. „Werden Standorte geschlossen droht ein gefährlicher Dominoeffekt: Die enorme Ladenfläche ist schlecht anderweitig vermietbar, leerstehende Immobilien wirken schnell ungepflegt, was im schlimmsten Falle den gesamten Standort abwertet“, mahnt Andreas Kaapke. Dass ausgerechnet die Häuser in prominenter Lage einen existenziellen Bestandteil des Mikrokosmos Innenstadt darstellen, schlägt sich nach der Einschätzung von Kaapke auch in der Entscheidung der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH nieder, welche Filialen erhalten werden sollen: „Hier ist ein klarer Trend erkennbar: Die Läden in besten Lagen werden erhalten, während jene in weniger prominenter Position tendenziell eher abgestoßen werden. Dies ist aus wirtschaftlicher Sicht die beste Entscheidung, bei der die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz am ehesten abgewendet werden kann.“

DHBW CAS