KI ist ein zentraler Wettbewerbsfaktor – sieben Thesen für die digitale Wirtschaft

Künstliche Intelligenz stellt kein Novum dar. Sie ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die neue Technologie verändert bereits heute viele Branchen und Lebenswelten nachhaltig. KI ist ein zentraler Wettbewerbsfaktor für die digitale Wirtschaft – hierzu hat der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. sieben Thesen für die verantwortungsvolle Weiterentwicklung von KI aufgestellt.

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KI ist ein zentraler Wettbewerbsfaktor – sieben Thesen für die digitale Wirtschaft. pixabay.com ©geralt (Creative Commons CC0)

Keine neue Technologieplattform hat in so kurzer Zeit mehr als eine Milliarde Menschen zu Nutzern gemacht wie ChatGPT*. Es braucht folglich keine weiteren Nachweise – Künstliche Intelligenz ist längst ein wirtschaftlicher Wettbewerbsfaktor in einer Vielzahl von konkreten Anwendungsfeldern. Der digitalen Wirtschaft fällt zuvorderst die Aufgabe zu, sachliche Aufklärung zu betreiben und sich als verantwortungsvoller Fürsprecher für das Thema KI mit allem Für und Wider in der Gesellschaft zu verankern. Insofern richtet sich der BVDW mit seinen Thesen an die digitale Wirtschaft, um die kollektive Verantwortung zu verdeutlichen.

Der aktuelle Diskurs findet längst in einer breiten Öffentlichkeit statt, die verstanden hat, dass KI-Anwendungen unsere Gesellschaft mit einer rasanten Geschwindigkeit verändern: KI betrifft die Art, wie wir leben, wie wir lernen, wie wir arbeiten, und wie wir miteinander umgehen. Auch gesellschaftliche Herausforderungen wie etwa der Energiewende lassen sich mit Blick auf Umweltschutz und Mobilität nur mit Hilfe von KI effizient lösen. Das verdeutlicht die Notwendigkeit einer gemeinsamen Herangehensweise.

Bereits 2018 hatte das Ressort KI im BVDW Leitlinien für den Umgang mit Künstlicher Intelligenz aufgestellt, deren Kern auch heute noch Gültigkeit hat. Dementsprechend finden sich die Leitlinien im Wesentlichen in den aktualisierten sieben Thesen wieder. Der gravierende Unterschied: „In den vergangenen fünf Jahren haben sich zahlreiche generative KI-Lösungen mit zum Teil deutlichen Auswirkungen im Markt etabliert – die neuen Bild- und Textgeneratoren stehen hier lediglich für die weithin sichtbaren Flaggschiffe der neuen Technologie. Gerade wir müssen als Land der Ingenieure und Erfinder dem Bereich KI in unserem eigenen Interesse durch schnelles und konkludentes Handeln gerecht werden”, sagt BVDW-Vizepräsident Thomas Duhr. Auch die Politik hat auf EU-Ebene einen Teil der vom BVDW geforderten Vorarbeit bereits geleistet. Dazu gehört beispielsweise der Data Act, der kurz vor der Verabschiedung steht sowie der AI-Act, der sich ebenfalls am Start befindet.

„Aus heutiger Perspektive muss KI als Transformationsthema betrachtet werden. Es geht längst nicht mehr um Grundlagen, sondern um eine sinnvolle Nutzung von KI und KI-Anwendungen, denn sie verändern Wertschöpfungsketten und eröffnen der Wirtschaft gänzlich neue Chancen“, sagt Jens-Christian Jensen (Digitas Pixelpark), der gemeinsam mit weiteren Mitgliedern kommissarisch das jetzt breiter strukturierte Ressort KI im BVDW leitet. Der Einsatz von generativen KI-Tools hilft bereits konkret, Aufgaben schneller, mit mehr Varianz und teilweise auch kreativer durchzuführen. KI-Technologie spielt auch eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung der künftigen vernetzten Welt. Viele Entwicklungen im Bereich Metaverse und Web3, wie etwa die Skalierbarkeit, die Sicherheit, die Interoperabilität und die Benutzerfreundlichkeit von dezentralen Anwendungen, werden durch KI erst ermöglicht. Um schnell weitere Grundlagen zu schaffen, muss die europäische Wirtschaft zügig geschlossen agieren und kollaborative Ansätze vorantreiben.

Der Kern von KI sind Daten. „Ein breites Vertrauen der Gesellschaft in die disruptiven Technologien stellt einen Schlüsselfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit Europas dar“, sagt Maike Scholz, (Deutsche Telekom), stellvertretende Vorsitzende des Ressorts Corporate Digital Responsibility im BVDW, das sich ebenfalls mit KI beschäftigt. Die Pflicht der digitalen Wirtschaft besteht folglich darin, ihre datengetriebenen Modelle verantwortungsvoll auszurichten. Vor allem muss ersichtlich sein, welche Daten bei einer KI mit welcher Intention verwendet werden.

KI erfordert auch die priorisierte Ausbildung und damit den Aufbau von qualifizierten Fachkräften in Deutschland und Europa. Anwendungen wie ChatGPT verdeutlichen, dass sich künftig jeder mit den neuen Technologien auseinandersetzen und sie beherrschen sollte. Bestehende Aus- und Weiterbildungsangebote müssen entsprechend zügig an die neuen Anforderungen angepasst und flexibilisiert werden. Zudem ist es in allen Studien- und Ausbildungsgängen sowie in der Grundausbildung in Schulen zwingend notwendig, den Einsatz und die Anwendungsmöglichkeiten von KI als Tools der modernen Arbeitswelt zu unterrichten.

Die sieben Thesen zur Künstlichen Intelligenz: 

  • KI stellt einen signifikanten Wettbewerbsfaktor dar. Sie erlaubt es, wirksamer und serviceorientierter zu agieren, ermöglicht als disruptive Schlüsseltechnologie neue digitale Geschäftsmodelle und kann bestehende Prozesse und Produkte erweitern. Unternehmen, die effizient und serviceorientiert agieren möchte, müssen folglich ihre digitalen Geschäftsmodelle im Kern auf dem Einsatz von KI ausrichten.
  • Die Geschwindigkeit von KI-Entwicklungen verändert die digitale Welt und wird einen signifikanten Einfluss auf viele Bereiche unserer Lebenswelten haben. Wirtschaft, Politik und Gesellschaft müssen daher ohne Rücksicht auf Einzelinteressen zusammenarbeiten, um weiterhin sicherzustellen, dass der europäische Wertekanon erhalten bleibt.
  • Die digitale Wirtschaft muss als Aufklärer und Protagonist der KI-Entwicklung auftreten und nicht nur Nutzen schaffen, sondern auch der Öffentlichkeit die Chancen und Risiken der KI-Nutzung vermitteln. Die Unternehmen der digitalen Wirtschaft stehen auch in der Verantwortung, für eine nachhaltigere Zukunft zu sorgen.
  • Die digitale Wirtschaft in Europa muss geschlossen agieren und kollaborieren. Das Denken und Handeln in Silos muss einem gemeinschaftlichen und transparenten Ansatz weichen. Das erfordert zeitnah von allen zentralen Stakeholdern in Europa eine gemeinsame Positionierung. Nur so lässt sich das Bewusstsein für den Umgang mit KI und deren Anwendungen sowie für den Einsatz von Daten in der Zivilgesellschaft stärken.
  • Die digitale Souveränität der Bürger:innen muss gewährleistet bleiben. Nur so lässt sich das Vertrauen in die disruptive Technologie sicherstellen. Damit Bürger:innen ihre Autonomie und Entscheidungsfreiheit wahrnehmen können, ist deren Aufklärung über die Wirkweisen von KI entscheidend. „Digitale Bildung” ist in allen Gesellschaftsteilen und über alle Lebensphasen hinweg von essenzieller Bedeutung. Zugleich muss das Bewusstsein für den Umgang mit KI und KI-Anwendungen bei den Bürger:innen gestärkt werden.
  • KI verändert den Arbeitsmarkt. Intelligente Anwendungen etablieren sich sowohl in der digitalen Wirtschaft als auch in vielen weiteren Berufsfeldern. Sie verändern bestehende Prozesse und Strukturen nachhaltig und zum Teil radikal. Das Bildungssystem muss entsprechend grundlegend modernisiert werden, um den anstehenden Aufgaben gerecht werden zu können.
  • Daten sind die Treiber von KI. Die digitale Wirtschaft setzt sich für angemessene regulatorische Rahmenbedingungen sowie für einen verantwortungsvollen und ethischen Umgang der verwendeten Daten ein. Die Stärkung des Datennutzens kann durch einen gelebten Datenschutz nur unterstützt werden.

* Die Zahl der monatlichen Nutzer:innen hat sich laut Similarweb allein von Dezember 2022 bis Februar 2023 von 266 Millionen monatlichen Nutzer:innen auf 1001 Milliarden verdreifacht. (pro.similarweb.com/)

Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V.