Nachhaltigkeit als Kaufkriterium: Preissteigerungen bremsen den Trend

Fast die Hälfte der Konsument:innen in Deutschland achtet auf nachhaltige Produkte. Aber: Nachhaltigkeit kostet. 2022 verzichten immer mehr Menschen aufgrund von Preissteigerungen auf den Kauf nachhaltiger Produkte. Die Kontroverse zwischen Preis und nachhaltigem Bewusstsein zeigt sich insbesondere bei jungen Konsument:innen.

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Nachhaltigkeit als Kaufkriterium: Preissteigerungen bremsen den Trend. ©Depositphotos

Nachhaltigkeit hat viele Facetten, auf die Konsumentinnen und Konsumenten verstärkt achten. Ob lokale Herkunft, Bio-Siegel, faire Produktionsbedingungen oder Kreislaufwirtschaft: Wertvorstellungen rund um einen nachhaltigen Lebensstil[1] werden von einer Trendbewegung immer mehr zum Lebensstil – insbesondere bei jungen Konsument:innen zwischen 18 und 29 Jahren. Aber welchen Einfluss haben Inflation und Preissteigerungen auf ein nachhaltiges Konsumverhalten? Diese Frage stellt die neue Studie „Nachhaltiger Konsum – In guten wie in schlechten Zeiten?“ des ECC KÖLN und kommt zu dem Fazit: Konsumverzicht und Sparverhalten wirkt sich auch auf Nachhaltigkeit aus. Profiteur – insbesondere in Sachen Lebensmittel – sind vor allem Discounter, die in den letzten Monaten verstärkt aufgesucht werden.

Preis versus Nachhaltigkeit?

58 Prozent der Konsument:innen geben an, dass eine nachhaltige Lebensweise im Angesicht  aktueller Preiserhöhungen nur schwer mit einem hohen Lebensstandard vereinbar sei. In der Folge wird vermehrt auf den Kauf nachhaltiger Produkte verzichtet (30 %). Besonders ausgeprägt ist diese Umorientierung bei den jungen Konsument:innen, die oft weniger Haushaltsbudget zur Verfügung haben. Aber: Rund jede:r Zweite der 18- bis 29-Jährigen gibt an, wieder mehr zu nachhaltigen Produkten zu greifen, wenn die Preissteigerungen sich wieder zurückbewegen.

Eine nachhaltige Lebensweise steht nicht immer in Konkurrenz zu Preisaspekten. Das zeigt sich vor allem bei den Trends Second-Hand-Shopping und Up-Cycling, aber auch im bewussteren Umgang mit Lebensmittelen: So passiert der Griff zu nicht-tierischen Produkten öfter aufgrund von Nachhaltigkeit (37 %), als aufgrund von Preisargumenten (18 %). Beim Thema Energiesparen ist die Intention ambivalent: Während generelles Energiesparen meist ein Kostengrund ist (59 % vs. 31 % aufgrund von Nachhaltigkeit); ist der initiale Kauf von energiesparenden Alternativen häufiger eine Nachhaltigkeits- (30 %) als Preisentscheidung (22 %).

Nachhaltige Zukunft: Gesamtgesellschaftliche Verantwortung

Fragt man Konsument:innen, wer für die Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft verantwortlich ist, belegt der Sektor Hersteller und Industrie Platz 1 (Mittelwert von 8,0)[2]. Dicht gefolgt von Politik (7,9) und Handel (7,6). Eine Wahrnehmung, die durchaus Kaufentscheidungen und Markenimage steuert und verschiedene Handlungsmöglichkeiten mit sich bringt. So können Händler und Hersteller beispielsweise durch die Vermeidung von Plastikverpackungen sowie transparente Informationen zu Material, Herkunft und Inhaltsstoffen klare Zeichen in Richtung Nachhaltigkeit setzen.

„Händler kommen nicht mehr umhin, Nachhaltigkeit in ihrem Geschäftsmodell aktiv mitzudenken – wer jetzt nicht dabei bleibt, verliert die Konsument:innen der Zukunft. Denn für die jungen Menschen ist Nachhaltigkeit nicht nur die Art und Weise des Konsumierens, sondern eine Lebenseinstellung. Und zwar auf allen Ebenen: ökologisch, ökonomisch und bei sozialen Fragen“, empfiehlt Julia Frings, Projektmanagerin am ECC KÖLN.

[1] Die Studie definiert Nachhaltigkeit nach dem Drei-Säulen-Modell von Hans Carl von Carlowitz in die drei Dimensionen ökologische Nachhaltigkeit, ökonomische Nachhaltigkeit und soziale Nachhaltigkeit. 
[2] Skala von 0 bis 10; 0=keine Verantwortung; 10=sehr hohe Verantwortung.