Datenschutz im Online-Glücksspiel – eine Pechsträhne?

Der neue Glücksspiel Staatsvertrag führt – vor allem im Onlinebereich – zu einer massiven Ausweitung der Verarbeitung personenbezogener Daten, insbesondere bei „nicht-pathologischen“ Spielern. Wie diese Neuregelungen datenschutzrechtlich einzuschätzen sind und inwieweit sie der Zielsetzung der Bekämpfung von Spielsucht dienen können, erläutern eco Ehrenpräsident Prof. Michael Rotert und Rechtsanwalt Prof. Niko Härting im Interview.

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Datenschutz im Online-Glücksspiel – eine Pechsträhne?. pixabay.com ©stokpic (Creative Commons CC0)

Welche wesentlichen Probleme können – aus datenschutzrechtlicher Perspektive – beim Anschluss an LUGAS (Länderübergreifendes Glücksspielaufsichtssystem) für die Betreiber:innen von Online-Glücksspiel  entstehen?

Prof. Rotert: Da gibt es viele. LUGAS verletzt die Gebote der Datenminimierung, der Integrität und Vertraulichkeit sowie der Speicherbegrenzung. Darüber hinaus wird durch den Nutzungsvertrag die Verantwortlichkeit einseitig auf den Anbieter abgewälzt, während sich die Behörde versucht schadlos zu halten.

Prof. Härting: Die unterschiedslose Erfassung aller Spieler in staatlichen Datenbanken schießt weit über das Ziel der Suchtprävention und -bekämpfung hinaus und verstößt gegen das Übermaßverbot. Die intensiven Eingriffe in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung lassen sich durch das verfolgte Ziel einer Bekämpfung der Spielsucht nicht rechtfertigen.

Sind diese Probleme aus Ihrer Sicht verhältnismäßig für das angestrebte Ziel der Glücksspielsuchtprävention?

Prof. Härting: Natürlich muss der Staat Bürgerinnen und Bürger gegen Glücksspielsucht schützen. Aber durch die die anlasslose, generelle Vorratsspeicherung von Spielerdaten in drei gigantischen Datenbanken wird jeder Spieler „gläsern“. Dies ist verfassungswidrig.

Prof. Rotert: Es versteht sich von selbst, dass die Verhinderung von Glücksspielsucht wichtig ist. Die vorgesehenen Maßnahmen gehen jedoch weit über das Ziel hinaus. Im Grunde wird jeder Spieler, auch der Gelegenheitsspieler unter Generalverdacht gestellt, spielsüchtig zu sein. Zudem wecken Daten auch immer Begehren. Niemand kann ausschließen, dass in Zukunft nicht der Versuch unternommen wird, auf die in LUGAS gespeicherten Daten auch aus sachfremden Gründen zuzugreifen.

Was müsste jetzt seitens der Behörden getan werden, um rechtssichere Prozesse in der Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrages zu gewährleisten?

Prof. Härting: Hier sind die Datenschutzbehörden gefragt. Datenschützer dürfen nicht nur mahnen und warnen. Wegen der klaren Verstöße gegen die DSGVO müssen sie LUGAS stoppen.

Prof. Rotert: Kurzfristig könnte zumindest der Nutzungsvertrag angepasst werden, damit auch die Behörde datenschutzrechtlich verantwortlich ist. Schlussendlich sind aber die Landesdatenschutzbeauftragten gefragt, insbesondere der aus Sachsen-Anhalt. Dafür muss dieser Posten aber erst einmal besetzt werden.

Prof. Michael Rotert, Prof. Niko Härting, vielen Dank für das Interview!