Die Zukunft des Einkaufens: Wie Innenstädte sich verändern

Steigende Mieten, leere Geschäfte, öde Fußgängerzonen, zu viele Autos – so sieht aktuell die Realität in vielen Innenstädten aus. Fehlen nur noch die kugelrunden vertrockneten Büsche, so wie sie durch verlassene Westernstädte fegten. Die Dynamik in den Städten hat sich verändert. Doch wie steht es um die Zukunft der deutschen Innenstädte? Und wie steht es um den stationären Handel?

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pixabay.com ©Free-Photos (Creative Commons CC0)

Die wichtigsten Inhalte auf einem Blick:

  • Status quo: Der Einzelhandel und die Innenständte
  • Exkurs: Shopping in Zeiten von Corona
  • Offline Shopping: Warum das Geschäft vor Ort unersetzbar bleibt
  • Die beliebtesten Innenstädte Deutschlands
  • Wie Innenstädte sich verändern müssen
  • Die große Umfrage zum stationären Shopping

Die aktuelle Lage und die damit einhergehenden Veränderungen der Innenstädte haben das Interesse von Lifestyleslab geweckt. Infolgedessen ist eine repräsentative Studie entstanden, bei der 949 Teilnehmer aus ganz Deutschland zu ihrem Einkaufsverhalten befragt wurden. Wir wollten unter anderem wissen:

  • Gehen Sie gern in stationären Geschäften einkaufen?
  • Wie häufig informieren Sie sich über Produkte im Internet, um sie später im stationären Geschäft zu kaufen?
  • Was macht für Sie ein gutes Einkaufserlebnis aus?
  • Geben Sie beim Offline-Shopping tendenziell mehr Geld für Spontankäufe aus?
  • Warum besuchen Sie den stationären Einzelhandel?
  • Was schätzen Sie am Onlineshopping?

Die einzelnen Ergebnisse der Bundesländer wurden auf Basis der Anzahl der Bewohner erhoben. Die Auswahl der Befragten erfolgte repräsentativ. Als Umfrage-Tool wurde Google Survey verwendet. Die gesamten Ergebnisse können Sie hier einsehen.

Zu beachten ist, dass bei drei der Bundesländer keine repräsentative Anzahl (prozentualer Anteil an der gesamten Bevölkerung in Deutschland) an Befragten vorhanden ist. Dazu gehören Niedersachen (23 Befragte weniger), Mecklenburg-Vorpommern (4 Befragte weniger) und Schleswig-Holstein (25 Befragte weniger). Trotz der fehlenden Vollständigkeit bei drei Bundesländern handelt es sich um eine repräsentative Studie, da die Anzahl der Personen ähnlich der Gesamtbevölkerung ist.

Status Quo: Der Einzelhandel und die Innenstädte

Die Verödung der Innenstädte ist schon seit vielen Jahren ein Thema. Nicht zuletzt hat auch die Coronakrise einen großen Teil dazu beigetragen, dass viele Filialen schließen oder sich vom Staat helfen lassen mussten. Infolgedessen ist ein Großteil der KonsumentInnen dieser Zeit auf Onlineshopping umgestiegen. Seit dem Beginn der Pandemie haben über die Hälfte der Deutschen mehr online eingekauft als je zuvor. Das zeigt eine aktuelle E-Commerce–Studie im Auftrag von Mastercard.

Der Onlinehandel verfolgt große Ziele und will 2021 sogar die 100-Milliarden-Grenze knacken. Die aktuelle Entwicklung beschreibt der Präsident des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh) so: „Wir sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen.”

Auch eine Studie des Handelsverband Deutschland (HDE) zum Thema E-Commerce-Umsätze verdeutlicht den rasanten Anstieg des Onlinehandels gegenüber dem stationären Handel. Doch bedeutet das Wachstum der einen Branche das Aus für die andere?

Immerhin sind Innenstädte das soziale und kommunikative Zentrum einer jeden Stadt. Sie sind Orte, an denen Menschen verweilen, sich mit Freunden treffen, einkaufen und ihre Freizeit verbringen. Damit das so bleibt, müssen sich die Innenstädte jedoch wandeln und anpassen, denn das Kunden- und Einkaufsverhalten verändert sich durch immer neu aufkommende Trends, den Onlinehandel oder Erlebnisräume stetig weiter.

Dass der stationäre Handel aktuell leidet, lässt sich auch an den Zahlen unserer aktuellen Studie erkennen. Nur 13,56 Prozent der Befragten nutzen den stationären Einzelhandel zum Bummeln und Schaufenstershoppen. Nur 7,65 Prozent sehen Shoppen als soziales Ereignis.

Die Fragen, die wir uns nun stellen: Was wird aus den leerstehenden Geschäften und wie sieht die Zukunft unserer Innenstädte aus? Ist diese Entwicklung ein Zeichen dafür, dass der stationäre Handel überholt wurde und die Nachfrage nach dem Einkaufen in Geschäften sinkt? Und wie können die Menschen zurück in die Städte geholt werden? Was muss passieren, damit Stadtkerne eine neue Dynamik bekommen? Was wünschen sich die VerbraucherInnen? All diesen Fragen gehen wir in unserem Exkurs: „Shopping in Zeiten von Corona” auf den Grund.

Exkurs: Shopping in Zeiten von Corona

Durch die Pandemie hat sich das Kaufverhalten der deutschen Bevölkerung noch stärker verändert. Schon allein, weil das Einkaufen im stationären Handel durch die vielen Einschränkungen und Maßnahmen kaum bis gar nicht möglich war. Hinzu kommt, dass viele Menschen das Einkaufen im Geschäft vermeiden, um einem Infektionsrisiko zu entgehen.

Ein Blick auf die Produktkategorien zeigt, dass seit dem Ausbruch der Pandemie insbesondere Kleidung vermehrt online geshoppt wird, wohingegen Gegenstände des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel, Getränke oder Körperpflegeprodukte weiterhin vor Ort gekauft werden. Das bestätigt auch unsere Studie. Die Mehrheit der Befragten (27 Prozent) gehen während der Pandemie nie in Geschäften einkaufen, die nicht den täglichen Bedarf decken.

Das Konzept Click & Collect, das während der Pandemie durchaus nützlich war, wurde laut unserer Umfrage von 81 Prozent der Befragten weder vor der Pandemie noch während der Pandemie genutzt. Die Hälfte der Befragten (50 Prozent) hat auch noch nie Click & Meet genutzt.

Offlineshopping: Warum das Geschäft vor Ort unersetzbar bleibt

Im Jahr 2020 verbrachten die Deutschen (zwischen 16 und 64 Jahre) durchschnittlich 4,5 Stunden pro Tag im Internet. Weltweit sind es sogar fast sieben Stunden täglich. Dies zeigt der Jahresbericht “Digital 2020” der Social Media Plattform Hootsuite und der Digitalagentur We are Social.

Besonders beliebt sind Streaming Dienste, soziale Medien und auch Onlineshopping. Im Jahr 2018 haben schätzungsweise 1,8 Milliarden Menschen weltweit online eingekauft. Die E-Commerce-Umsätze beliefen sich im gleichen Jahr auf 2,8 Billionen US-Dollar. Zwei Jahre später, im Jahr 2020, stieg der weltweite Umsatz im Online-Einzelhandel sogar auf bis zu 4,8 Billionen Dollar an. Aber was macht Onlineshopping so beliebt? In unserer Umfrage kamen wir zu folgendem Ergebnis:

Doch, obwohl Onlineshopping in den letzten Jahren immer beliebter wurde, können sich viele Menschen ein Leben ohne eine Innenstadt nicht vorstellen. Fast die Hälfte (45 Prozent) der Befragten unserer Studie geben an, gerne im stationären Einzelhandel einzukaufen. Nur 17 Prozent gehen nicht gerne stationär einkaufen. Viele  sorgen sich aktuell sogar um die Einzelhändler in ihrer Region und kaufen bewusst bei Geschäften in ihrer Nähe ein. Damit zeigen sich durchaus die Bemühungen sowie die Bereitschaft für einen Besuch in der Innenstadt. Dafür sprechen zudem zahlreiche Projekte von ursprünglich reinen Onlinehändlern, die inzwischen stationäre Geschäfte in deutschen Innenstädten eröffnen.

Darum ist Offlineshopping so beliebt

Trotz der örtlichen und zeitlichen Flexibilität sowie der größeren Auswahl, die KonsumentInnen online haben, zieht es viele Menschen zum Shoppen in die Innenstädte. Dafür gibt es viele Gründe. So suchen viele KonsumentInnen beim Shoppingausflug beispielweise nach bestimmten Produkten oder lassen sich beim Schlendern durch die Geschäfte inspirieren. Hinzu kommt, dass Offlineshopping nicht nur den persönlichen Kontakt und die Beratung sowie das direkte Anprobieren bietet. Auch bleiben Bedenken wie beispielsweise die elektronische Überwachung außen vor. Aber das ist längst nicht alles:

Warum der stationäre Einzelhandel so beliebt ist

  1. Persönliche Beratung: Die zwischenmenschliche Komponente wird von vielen KonsumentInnen beim Einkauf im Geschäft sehr wertgeschätzt. Es ist ein vertrauteres und transparenteres Gefühl, sich persönlich und vor Ort von VerkäuferInnen beraten zu lassen, als sich übers Internet mit einem Chat oder per Mail auszutauschen. 13 Prozent der Befragten benennen dies als Indikator für ein positives Einkaufserlebnis. 15 Prozent würden für eine persönliche Beratung den stationären Einzelhandel dem Onlineshopping vorziehen.
  2. Produkte zum Anfassen: Zwar kann beim Onlineshopping auf Produktbeschreibungen und Rezensionen zurückgegriffen werden, dennoch besteht hier eine gewisse Unsicherheit auf Seiten der KonsumentInnen. Vor Ort können KundInnen die Produkte und Einkäufe direkt anprobieren und die Qualität selbst prüfen. Für 27 Prozent der Befragten ist dies der Hauptgrund, den stationären Einzelhandel zu besuchen.
  3. Einkaufsatmosphäre: Die Mood Media Studie aus dem Jahr 2019 gibt an, dass für die Mehrheit der KäuferInnen eine angenehme Atmosphäre ein entscheidender Faktor bei der Entscheidung für einen Einkauf im stationären Handel und gegen das Onlineshopping ist. 16 Prozent benennen eine positive und schöne Atmosphäre als Grund für ein gutes Einkaufserlebnis.
  4. Weniger elektronische Überwachung: Beim Onlineshopping werden Daten direkt aus Browser-Cookies oder Nutzerkonten gezogen und gespeichert. Daraus resultiert, dass personalisierte (und damit teilweise stark manipulative) Werbung angezeigt wird oder unaufgefordert Newsletter im Postfach erscheinen. Beim Offlineshopping ist die Gefahr geringer, zum gläsernen Kunden zu werden.
  5. Sofortige Verfügbarkeit: Beim Einkauf im stationären Handel müssen die Lieferzeiten nicht abgewartet werden, bis die gewünschten Produkte anprobiert werden können. Zudem kann Kleidung für beispielsweise besondere Anlässe oder Last-Minute-Geschenke ohne langes Warten eingekauft werden.
  6. Persönliche Anpassung nach Maß: Viele Läden bieten Dienste der eigenen Änderungsschneiderei samt professioneller Vermessung an. Der Aufwand der Kleidungsänderung ist somit viel geringer als bei Produkten, die online bestellt werden.
  7. Stationäre Einzelhändler liefern schneller: Viele stationäre Geschäfte haben mehrere Standorte, die über ein weites, geografisches Gebiet verteilt sind. Daraus resultiert, dass sie oft gut positioniert sind, um innerhalb weniger Stunden fast überall gängige Artikel zu liefern.
  8. Keine Versandkosten: Bei vielen Onlineshops ist mit Versandkosten zu rechnen. Das hält viele KäuferInnen davon ab, online zu bestellen, und stattdessen lieber offline zu shoppen.
  9. Kulante(re) Rückgaberegelungen: Jüngere KonsumentInnen zwischen 16 und 34 Jahren erwarten kulante Rückgaberegelungen, einen Lieferservice nach Hause und „Click & Collect”.

Shoppen im Geschäft bringt also viele Vorteile mit sich. In unserer Umfrage haben wir herausgefunden, was Menschen von einem guten Einkaufserlebnis erwarten, und unter welchen Umständen sie das Onlineshopping dem Offlineshopping vorziehen. Wir kommen zu dem Ergebnis, dass guter Service und das Ausprobieren eines Produktes wichtige Argumente für das Shoppen im Geschäft darstellen. Die Qualität von Produkten und Größenauswahl folgen dicht darauf.

Das sind die beliebtesten Innenstädte

Laut dem Handelsverband Deutschland (HDE) berichten zwei Drittel der Einzelhändler von sinkenden Besucherzahlen an ihren Standorten. Auch Großstädte mit Innenstädten in zentralen Lagen bleiben davon nicht verschont. So zeigt sich unabhängig von der Stadtgröße, dass knapp jeder fünfte Innenstadtbesucher nur noch gelegentlich in die Innenstadt fährt und vermehrt online einkauft.

Je nach Ort oder Region treten Stadt und Handel unterschiedlichen Herausforderungen entgegen. Während beispielsweise Hauptgeschäftslagen in Metropolen eher positive Entwicklungen beobachten, klagen viele Nebenzentren oder B-Lagen in Großstädten sowie kleine und mittelgroße Städte über Frequenzverluste, Umsatzrückgänge oder Leerstände.

Dass Handlungsbedarf in den Innenstädten besteht, ist nicht nur an Frequenzverlusten oder Umsatzrückgängen zu erkennen. Anhand der Aspekte Flair, Ambiente, Erreichbarkeit und Einzelhandelsangebote wurde Ende 2018 vom Kölner Handelsforschungsinstitut IFH eine bundesweite Umfrage mit 60.000 TeilnehmerInnen  in 116 Innenstädten zum Thema “vitale Innenstädte” durchgeführt. Blickt man hier auf die Gesamtbewertung, erzielen diese im Durchschnitt bloß eine Schulnote „drei plus”. Mit einer halben Millionen EinwohnerInnen ist der Sieger der Großstädte Leipzig. In der Größenklasse ab 200.000 Einwohnern steht Erfurt an erster Stelle. Bei einem Blick auf die Mittelstädte (50.000 bis 100.000 Einwohner) siegt Hilden. Auffallend ist, dass sich unter den Siegern nur eine Stadt aus Nordrhein-Westfalen befindet, obwohl das Bundesland mit 32 Städten die bei weitem stärkste Gruppe darstellt. Was bei der Studie beachtet werden muss: Klassische Einkaufsmetropolen wie Berlin oder München wurden nicht mit einbezogen.

Das Hauptmotiv für den Besuch in der Innenstadt war primär Shopping. Im Durchschnitt gaben 55 Prozent der Befragten an, dass sie zum Einkaufen beziehungsweise Shoppen in die Innenstadt fahren. Zudem gaben 24 Prozent der Befragten an, dass sie für einen Besuch im Restaurant, einem Café oder einer Bar extra in die Innenstadt gekommen sind; 17 Prozent waren auf dem Weg zur Arbeit, zum Arzt oder zur Bank.

Unsere Studie zum Thema Offlineshopping offenbart ähnliche Ergebnisse. Hier ist jedoch besonders spannend, wie sich die Beliebtheit des Offlineshoppings über die einzelnen Bundesländer verteilt: Werden die Bundesländer einzeln betrachtet, zeigt sich, dass die EinwohnerInnen insbesondere in Bayern, Rheinland-Pfalz und Thüringen gerne in stationären Geschäften einkaufen gehen. Im Vergleich dazu gehen die Menschen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern weniger gerne im stationären Einzelhandel einkaufen.

Gibt es Unterschiede in den Generationen?

Wenn es um die Frage geht, ob Online-, oder Offlineshopping beliebter ist, ist das so pauschal nicht zu beantworten. Denn hier gibt es deutliche Unterschiede im Shoppingverhalten unter den Generationen.

Laut einer Studie von KMPG  ist das Internet für junge Menschen, insbesondere Generation Z (unter 25 Jahre) der Haupteinkaufskanal. 75 Prozent der Millennials (geboren zwischen 1981 und 1996) und 53 Prozent der Generation X (geboren zwischen 1965 und 1980) geben an, stationäre Läden zu besuchen, sie jedoch auch ohne Kaufabschluss zu verlassen. Häufig wird im Nachgang aufgrund der größeren Verfügbarkeit online bestellt. So schien es in den letzten Jahren darauf hinauszulaufen, dass aufgrund des Kaufverhaltens der Millennials das Ende des stationären Handels drohte. Die Generation Z hat jedoch trotz des omnipräsenten Smartphones das stationäre Einkaufen wieder für sich entdeckt. Händler müssen sich deshalb auf die verschiedenen Generationen und ihr unterschiedliches Kaufverhalten einstellen und ihre Konzepte anpassen.

Für Menschen mit zunehmendem Alter ist der Offlinehandel eindeutig von größerer Bedeutung. 40 Prozent der Menschen über 56 Jahren bevorzugen das Einkaufen im Geschäft. Über ein Drittel der sogenannten Babyboomer-Generation (geboren zwischen 1946 und 1964) hat sogar noch nie im Internet bestellt. Stattdessen informiert sich die ältere Generation am liebsten über das Fernsehen oder Printausgaben. Im Geschäft haben sie dann oftmals genaue Vorstellungen und erhoffen sich von der Beratung vor Ort vor allem die Bestätigung für ihre Wahl. Eine besondere Relevanz haben bei der Babyboomer-Generation auch Marken und Statussymbole. Sobald die Qualität stimmt, wird eine Marke gerne zur Lieblingsmarke und immer wieder gekauft, selbst wenn es teurer werden kann.

Laut unserer Offlineshopping-Studie geht knapp die Hälfte der Befragten noch immer stationär einkaufen: 45 % der Befragten gaben an, dies noch immer gern zu tun. Von diesen 45 % waren 24 % im Alter von 18-24. Unsere Studie zeigt, dass grade bei den Älteren das stationäre Shoppen immer noch eine größere Rolle spielt: 50 %, die das angaben, waren älter als 55 Jahre.

Noch locken die Städte Besucher aller Altersklassen an. Die stärkste Besuchergruppe sind Menschen im Alter von 25 bis 44 Jahren: Jeder Dritte gehört ihr an. Die Trennung in Onlineshopping und Einkaufen vor Ort wird quer durch alle Käufergruppen als zunehmend veraltet empfunden – darauf müssen sich die innerstädtischen Händler einstellen.

Wie Innenstädte sich verändern (müssen)

Durch den demografischen Wandel, geändertes Konsumverhalten, technologische Neuerungen und die immer weiter fortschreitende Digitalisierung verändern sich die Strukturen des Einzelhandels nachhaltig. Nicht nur die Händler spüren diese Folgen, sondern auch die gesamte Gesellschaft. Einige stationäre Einzelhändler müssen mit Umsatzrückgängen von bis zu 70 Prozent leben. Städte und Kommunen müssen ihre Innenstadtkonzepte daher überdenken und einen Kurswechsel anstreben. Städte müssen mit Vermietern, Unternehmen, der Kultur und allen anderen Akteuren vor Ort neu belebt werden.

Was wird in Zukunft wichtig sein, um Innenstädte am Leben zu halten?

Die Herausforderungen, denen Stadt und Handel gegenüberstehen, unterscheiden sich je nach Region und Stadt. Während beispielsweise Hauptgeschäftslagen in Metropolen vielfach positive Entwicklungen verzeichnen, beklagen Nebenzentren und B-Lagen in Großstädten sowie kleine und mittelgroße Städte – insbesondere in strukturschwachen Gebieten oder Ballungsräumen – oft Frequenzverluste, Umsatzrückgänge und Leerstände. Es geht also darum zu verstehen: Wer wohnt wo und welche Anforderungen und Wünsche haben die Menschen an die jeweiligen Stadtstrukturen? Ist eine Stadt noch für das reine Einkaufen gedacht? Oder geht es darum, den Menschen Erlebnisse, Entspannung und das ganz Besondere zu bieten, damit sie weiterhin in den Städten ihre Zeit verbringen? Und wie kann sich der Einzelhandel diesen neuen Anforderungen und Herausforderungen anpassen? Der reine Konsum jedenfalls ist nicht mehr das, was die Menschen in die Stadt lockt.

Ein Besuch in der Innenstadt bedeutet für viele Menschen eher, dass sie sich mit FreundInnen treffen und etwas Besonderes erleben möchten. In unserer Studie kam heraus, dass auch das Shoppen in stationären Geschäften für etwa 7% der Befragten als soziales Ereignis eine Motivation für den Einkauf vor Ort ist.

Die Stadt darf nicht mehr nur auf Shopping reagieren. Shoppen und Soziales müssen vereint werden. Das Herz der Stadt muss pulsieren. Es muss eine lebendige Mischung aus Tourismus, Restaurants und Cafés, Wohnen, Arbeiten und Kultur, aber auch Geschäften her, damit Innenstädte wieder aufblühen können. Aktuell sind Innenstädte zu sehr vom Einzelhandel abhängig. Dabei gibt es schon viele neue Konzepte.

Digitalisierung 

Viele Händler halten sich mit innovativen Konzepten über Wasser: Click & Meet, Online-Kaufberatung oder Liefer- und Abholservice. Zukünftig soll im stationären Handel der Service- und Erlebnisgedanke eine noch zentralere Rolle spielen. Dabei geht es nicht mehr nur um das Shoppen als einzelnen Akt. Vielmehr sollen das Erlebnis, die individuelle Beratung und innovative Services im Mittelpunkt stehen. Digitale Möglichkeiten könnten zum Beispiel Service-Roboter, eine In-Store-Navigation oder eine Just-Walk-Out-Technologie sein. So wird das Einkaufen in Zukunft zu einem Erlebnis, das Zeit spart und Spaß bringt.

Mobilität

Das Thema Erreichbarkeit ist für den innerstädtischen Einzelhandel von großer Bedeutung. Wenn die Lage nicht stimmt, weichen VerbraucherInnen häufig auf Anbieter in anderen Städten, in Stadtrandlagen oder im Internet aus. Die zukünftige, innerstädtische Mobilität muss somit smart, effizient und multimodal sein. Viele Städte haben bereits neue Konzepte, die die unterschiedlichen Verkehrsmittel miteinander vernetzen. Zudem muss der Wechsel zwischen Verkehrsmitteln sowie Verkehrsverbänden erleichtert werden. Hier geht es um das E-Bike oder das E-Auto an der Endhaltestelle, die zusammen mit dem ÖPNV-Ticket gebucht werden können. Solche Lösungen müssen ausgebaut und noch attraktiver werden, damit die Menschen sie gerne nutzen.

Integration des Smartphones

Die digitale Transformation und das Aufkommen von neuen digitalen Geschäftsmodellen haben den Einzelhandel stark unter Druck gesetzt. Klar im Vorteil sind solche Händler, die sich das Smartphone ihrer KundInnen gezielt zu Nutze machen. So kann es durchaus passieren, dass auf dem Smartphone Werbung aufpoppt, wenn man an dem Geschäft vorbeiläuft.

Öffentlichen und privaten Raum verbinden und aufwerten

Öffentliche und private Räume müssen optisch verbunden und aufgewertet werden. Den Besuchern soll ein authentisches Gesamtbild geboten werden, das neben attraktiven Angeboten und einer lebendigen Öffentlichkeit auch Wohlgefühl und Erlebniswert bietet.

Folgende Aspekte stehen dabei im Mittelpunkt:

  • Räume und Orte mit guter Anbindung, die schnelle und bequeme Einkäufe ermöglichen und zum Verweilen einladen.
  • Eine intuitive Verkehrs- und Wegführung, Barrierefreiheit, Sicherheit und Sauberkeit vermeiden Gestaltungsmängel und Stressfaktoren.
  • Begrünte, konsumfreie Verweil- und Ruhezonen mit Sitzgelegenheiten und anderen Gestaltungselementen sowie einer ansprechenden Beleuchtung einrichten.
  • Das Einzelhandelsangebot zur Steigerung der Besuchsattraktivität räumlich verdichten.
  • Bezogen auf das Erscheinungsbild des öffentlichen und privaten Raumes werden als weitere Aspekte die Pflege und Instandhaltung der Gebäude (Gebäudefassaden, Werbe- und Vorflächen von Geschäften etc.), der Umgang mit Baustellen und das Management von Leerständen immer relevanter.

Ladenöffnungszeiten vereinheitlichen

Einheitliche Ladenöffnungszeiten in der Innenstadt sind unbedingt notwendig. Dies setzt ein hohes Maß an Selbstorganisation und Beteiligung des lokalen Handels voraus. Inwieweit die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten dem Ziel einer Belebung der Innenstädte und der Förderung der lokalen Beschäftigung dient, sollte noch weitergehend untersucht werden.

Einkaufsbequemlichkeit erhöhen

VerbraucherInnen lernen insbesondere beim Onlineshopping zahlreiche Services kennen und schätzen, die den Einkauf bequemer machen – z. B. „Same Day Delivery” (Lieferung am Tag der Bestellung) und „Click & Collect”. Infolgedessen wächst auch die Bedeutung entsprechender Services bei der Profilierung innerstädtischer Händler. Gemeinschaftliche Projekte in diesem Bereich (z. B. Paket-Boxen, Drive-in-Schalter, gemeinschaftlicher Lieferservice) können zur Profilierung und zur Frequenzsteigerung einer Innenstadt beitragen. Städtebaulich verträgliche Pilotprojekte in diesem Bereich könnten neue Optionen aufzeigen und sollten unterstützt werden.

Einkaufsatmosphäre fördern

In Abgrenzung zum Onlinehandel gewinnen Einkaufserlebnisse für innerstädtische Einzelhändler an Bedeutung. Hierzu zählen beispielsweise ein umfassendes und inspirierendes Sortiment, freundliche, kompetent-individuelle Beratung, ansprechende Ladengestaltung und Warenpräsentation, einladende Schaufensterdekoration und eine entspannte und zugleich stimulierende Einkaufsatmosphäre. Zudem gilt es, die Dienstleistungs- und Serviceorientierung der Händler zu fördern und das Personal entsprechend intensiv rund um Themen wie „Handel als Dienstleistung leben“ zu schulen und eine entsprechende Unternehmenskultur aufzubauen. Auch der Einsatz von Onlinetechnologien kann Einkaufserlebnisse vor Ort fördern (siehe dazu die Ergebnisse der Workshop-Reihe „Digitalisierung und technologische Herausforderungen“). Ebenso können Innenstädte durch „wohldosierte“ und „thematisch verankerte“ Einkaufs-Events in Verbindung mit innenstadtrelevanten Veranstaltungen zum Erlebnisraum werden.

Marktplätze

Der stationäre Handel, Wohlfühloasen, Räume für Kultur, Bildung und Freiräumen für eigene Gestaltung müssen in den Städten zu individuellen Anziehungspunkten werden. Der gesamte regionale Shopping-Prozess muss so gestaltet werden, dass er sein Potenzial besser umsetzen kann.

Shopping-Events und exklusive Angebote

Es reicht nicht mehr aus, 10 Prozent Rabatt für ein Newsletter-Abonnement zu geben. Um die Kundenbindung zu verstärken, müssen Filialen ihren KundInnen etwas Einzigartiges bieten. Modenschauen, die Möglichkeit, neue Kollektionen vor allen anderen zu kaufen, Networking-Veranstaltungen und Partys sind nur einige Anreize, die KundInnen zu begeistern.

Fazit

Schon seit Jahren gibt es eine politische Diskussion über die Zukunft der Innenstädte – und sie wird nicht erst seit der Coronapandemie geführt. Viele Gewerbetreibende stehen unter enormen Druck, da die Umlagerung des Einzelhandels ins Internet schwere Folgen haben kann. Dazu gehören Umsatzeinbußen, Insolvenzen oder Ladenschließungen.

Während die Öffnungen Schritt für Schritt vorangehen, lebt auch der Einzelhandel wieder auf. Die Hoffnung auf neue Umsätze steigt mit zunehmender Besucherzahl in den Innenstädten Deutschlands. Der Anreiz nach einer Pandemie ist groß: Endlich wieder richtig shoppen, endlich wieder in Restaurants. Die Menschen nutzen, was sie so vermissten. Doch wird dies von langer Dauer sein?

Es ist Zeit für die Entwicklung und Umsetzung moderner Konzepte, um den Innenstädten neues Leben einzuhauchen: zum Beispiel durch die Integration von ansprechenden Cafés und Räumen, die zum Verweilen einladen. Zudem müssen Online- und Offline-Geschäfte miteinander interagieren, da die Kunden oft in beiden Welten einkaufen. Die Möglichkeit, Produkte online zu bestellen und im Laden abzuholen oder zu retournieren, sind nur ein paar Beispiele, wie sich online und offline gegenseitig ergänzen.

Gewerbetreibende, Immobilieneigentümer und Städte selbst müssen jetzt aktiv werden und möglichst schnell handeln. Im Idealfall werden Innenstädte in Zukunft wieder zum unverzichtbaren „Place to be”: einem individuellen und aufregenden Ort, den es so noch nicht gibt. Bei dem es Dinge zu sehen, zu erleben und zu kaufen gibt, die es sonst nirgendwo gibt. Wo neue Kombinationen von Dienstleistungen, Handel, Beratung, Gastronomie, Bildung, Kommunikation und Kunst ausprobiert werden und sich Menschen mit vielen verschiedenen Vorlieben und Hintergründen bewegen.

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