Aimondo surft auf der globalen E-Commerce Welle

Die Deutsche Post DHL meldet ein massiv steigendes Wachstum. Vorrangig erleben sie den Boom durch den Onlinehandel und bei international versandten Expresssendungen. So liegt das Plus beim Versand der letzten zwei Jahre bei mehr als 40 %. Parallel dazu steigt der Unternehmenswert überproportional. Wurde die Aktie noch im März 2020 mit knapp über 20 EUR gehandelt, notierte sie im Juli 2021 bereits fast 60 EUR. Da DHL nur mit dem Versand beauftragt wird und nicht selbst am Onlinehandel teilnimmt, dient das Unternehmen perfekt als neutraler Trendmesser für Dienstleistungen, die im Bereich E-Commerce anfallen – und ebenso für Aimondo.

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Aimondo surft auf der globalen E-Commerce Welle. pixabay.com ©GDJ (Creative Commons CC0)

Aimondos Spezialisten für Künstliche Intelligenz bedienen exakt die Schnittstellen im elektronischen Warenhandel, die die Erfolgsströme lenken. Die vollautomatisch beste Preispositionierung der Angebote von Konsumgütern entscheidet maßgeblich über die Umsatzverteilung. Der Preis muss richtig sein – im Zusammenhang mit Nebenfaktoren wie schneller Lieferung und zuverlässiger Servicequalität. Nur so werden Angebote für Verbraucher durch die Suchmaschinen und Preisvergleichsportale erst sichtbar. Auf tagesaktueller Basis werden Preise von Millionen Produkten recherchiert und daraus vollautomatische Preisempfehlungen für Aimondos Kunden generiert.

Beim relativen Wachstum steht Aimondo dem Bonner Logistikriesen nicht nach – im Gegenteil. Monatliche Zuwachsraten von meist über 10 % deuten ganz klar in Richtung exponentielle Expansion. Bestehende internationale Niederlassungen in der Schweiz, Österreich, Italien und Großbritannien werden in Kürze durch eine niederländische Präsenz ergänzt. Der soeben fertiggestellte Geschäftsplan für die Jahre 2021 – 2028 demonstriert nicht nur das Wachstumsziel, das bis 2028 bei einem Umsatz von 170 Mio. CHF liegen soll. Vorausgesetzt, das Unternehmen kann sich unbeeinflusst von externen Störfaktoren planmäßig entwickeln.

Als schlechtest anzunehmendes Szenario rechnet die Aimondo AG mit nur 100 Mio. CHF Jahresumsatz, was bei den degressiven Produktionskosten der vollautomatisierten Preisfindung mittels Cloud, Künstlicher Intelligenz (KI) und der schlanken personellen Infrastruktur immer noch einem Jahresergebnis von etwa 40 Mio. CHF entsprechen würde. Mit Umsatzrendite dieser prozentualen Größenordnung ist bei DHL nicht zu rechnen – zu jetzigen Rekordzeiten liegt sie aber immerhin bei über 10 %. Die Marktkapitalisierung der DHL ist mit rund 50 Mrd. EUR etwa 10x höher als das Jahresergebnis – wenn die Umsatzrendite dauerhaft bei 10 % bleiben sollte. Die kalkulatorischen Annahmen innerhalb der vergleichsweise kleinen Aimondo AG gehen nur vom 6-fachen aus.

Vergleicht man den klassischen Dienstleister DHL und seine Zahlen mit dem erst 2006 gegründeten kanadischen Onlineshop-Anbieter Shopify, der wie Aimondo ein SaaS-Geschäftsmodell für den Onlinemarkt bietet, so spielt dieser mit einer Marktkapitalisierung von 176 Mrd. CHF in einer anderen Liga.

Shopify wird mit mehr als dem 3,5-fachen der traditionsreichen Deutschen Post AG gehandelt. Und das bei einem Gewinn in den ersten beiden Quartalen 2021 von knapp 2 Mrd. CHF. Für das Gesamtjahr 2021 rechnet man in Kanada mit einem Betriebsergebnis von 4,2 Mrd. CHF. Das entspricht einem Kurswert der Shopify, Inc. vom 42-fachen des Gewinns.

In diesen einfachen Zahlen liegt die Antwort auf die Frage, weshalb die Schweizer Aimondo AG zunächst an die nordische NASDAQ Nordic bzw. NASDAQ Baltic[1] strebt. Denn der Weg aus dem hohen Norden zur NASDAQ nach New York drängt sich für ein Technologieunternehmen aus dem Bereich Künstliche Intelligenz (KI) für den Online-Boom auf. Je mehr Kapital Aimondo mit seiner marktführenden Technologie für eine schnelle Globalisierung vorweisen kann, umso sicherer kann das erklärte Ziel des Gründers Heinrich Müller erreicht werden: „Technisch mit KI global führen, den Kunden die beste Leistung für mehr Ertrag und stabiles Wachstum bieten und dann wirtschaftlich am Zugewinn beteiligt sein, das ist das Ziel. Geldgewinn ist dann nur noch das willkommene Abfallprodukt des Erfolgs.“

Dass Schweizer Startups selbst an der NASDAQ New York mit Erfolg debütieren können, bewiesen just Ende Juli 2021 bereits die Newcomer von Sophia Genetics aus der Nähe von Lausanne. Die suchten für Ihre KI zur DNA-Analyse Kapital und fanden auf Anhieb 234 Millionen Dollar Cash aus einer Marktkapitalisierung von gut 1,14 Mrd. Dollar bei einem Ausgabepreis von 18 Dollar pro Aktie – deren Nennwert beträgt wie bei Aimondo 0,05 CHF. Gewinne sind bei Sophia Genetics noch nicht in Sichtweite. 2020 lag der Verlust bei 39 Millionen Dollar, 2019 bei 34 Millionen Dollar. Zusammengenommen hat das Unternehmen bis Ende März mit seinem SaaS-basierten Geschäftsmodell Verluste in Höhe von 150 Millionen Dollar akkumuliert. Zudem erwartet Sophia Genetics, „bis auf absehbare Zeit“ Verluste einzufahren. Das soll laut Aimondo Verwaltungsratschef René Grübel kein Vorbild für Aimondo werden, selbst wenn es in der Digitalbranche offenbar zum guten Ton gehört, massiv zu investieren, massiv zu verlieren, um irgendwann später umso massiver zu verdienen.

So hatte auch der Onlineshop-Anbieter Shopify nach etlichen Dürrejahren erst ab 2020 schwarze Zahlen vorzuweisen. Fünf Jahre nach dem Börsengang und rund 15 Jahre nach der Gründung liegt die Marktkapitalisierung heute bei über 150 Mrd. Und ebenfalls nicht zu vergessen: die legendäre Entwicklung der Amazon-Aktie: unter 2 Dollar im Jahr 1997. Heute bei über 3.300 Euro pro Aktie. Ganz nebenbei: pro Stück hat sie einen Nennwert von 0,01 Dollar. Also ist sie heute den 330.000-fachen Nennwert wert und das mehr als 1.500-fache des Preises rund um den Handel im ersten Jahr. Die Digitale Transformation macht solche Erfolgsgeschichten möglich. Es wird spannend, zu sehen wo sich die ursprünglich in Deutschland gegründete Aimondo einsortieren wird.

[1] Zur Nasdaq, Inc gehören neben der NASDAQ unter anderem die Börsen Stockholm, Helsinki und Kopenhagen (als „Nasdaq OMX Nordic“) sowie unter der Bezeichnung „Nasdaq Baltic“ die Börsen Riga, Tallinn und Vilnius. Insgesamt sind an den Börsen der Nasdaq, Inc. derzeit über 3.700 Unternehmen gelistet, deren Gesamtwert auf 10 Billionen US-$ kommt.