Neuer Gesetzentwurf des BMJV zur Schaffung von mehr Transparenz bei Online-Marktplätzen, Ranking und Verbraucherbewertungen

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht veröffentlicht.

Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Christine Lambrecht erklärt:
„Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht wollen wir den Verbraucherschutz auf Vergleichs- und Vermittlungsplattformen sowie bei sogenannten Kaffeefahrten weiter verbessern sowie für Blogger und Influencer mehr Rechtssicherheit schaffen.
Unser Gesetzentwurf sorgt für mehr Transparenz auf Vergleichs- und Vermittlungsplattformen und für mehr Schutz gegen gefälschte Verbraucherbewertungen. Er dient einer europaweit einheitlichen und wirksamen Sanktionierung grenzüberschreitender Verstöße gegen verbraucherschützende Vorschriften und stärkt die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern, die durch schuldhaft unlauter handelnde Unternehmen einen finanziellen Schaden erlitten haben. Ein moderner und wirksamer Verbraucherschutz schafft hierbei auch faire Wettbewerbsbedingungen für rechtstreue Unternehmen.
Ich finde es unerträglich, wenn Menschen, die sich auf einen geselligen Ausflug freuen, auf sogenannten Kaffeefahrten schamlos übers Ohr gehauen werden. Ganz besonders perfide sind Fahrten, bei denen ältere Menschen zum Kauf gedrängt werden, um wieder nach Hause zu kommen. Um Verbraucherinnen und Verbraucher besser vor diesen üblen und missbräuchlichen Geschäftspraktiken zu schützen, verschärfen wir die Anzeige- und Informationspflichten der Veranstalter und erhöhen den Bußgeldrahmen deutlich. Darüber hinaus werden wir auch den Vertrieb von Medizinprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln bei solchen Fahrten verbieten.
In dem Entwurf sind auch Regelungen enthalten, mit denen wir einen sicheren Rechtsrahmen für Blogger und Influencer schaffen. Wir stellen gesetzlich klar, in welchen Fällen Blogger oder Influencer beispielsweise Empfehlungen als Werbung kennzeichnen müssen und in welchen Fällen nicht.“

Der Gesetzentwurf enthält folgende Kernpunkte:

§ Regelungen zu Online-Marktplätzen, Ranking und Verbraucherbewertungen

Der Gesetzentwurf schafft mehr Transparenz im Bereich des Online-Handels. Betreiber von Online-Marktplätzen müssen darüber informieren, ob es sich bei den Anbietern, die über ihre Plattform Waren und Dienstleistungen vertreiben, um Unternehmer handelt (§ 5b Absatz 1 Nummer 6 UWG-E). Ermöglichen Vergleichs- und andere Vermittlungsplattformen Verbraucherinnen und Verbrauchern die Suche nach Waren oder Dienstleistungen verschiedener Anbieter, müssen sie die Hauptparameter ihres Rankings und die Gewichtung dieser Parameter offenlegen (§ 5b Absatz 2 Satz 1 UWG-E). Machen Plattformen, Webshops oder andere Unternehmer Verbraucherbewertungen öffentlich zugänglich, müssen sie darüber informieren, ob und wie sie sicherstellen, dass die Bewertungen tatsächlich von Verbraucherinnen und Verbrauchern stammen (§ 5b Absatz 3 UWG-E). Flankiert werden diese neuen Transparenzpflichten durch spezielle Unlauterkeitstatbestände zum Schutz vor verdeckter Werbung in Suchergebnissen und zum Schutz vor gefälschten Verbraucherbewertungen (vgl. Nummer 11a, 23b und 23c des Anhangs zu § 3 Absatz 3 UWG). Die umzusetzende Richtlinie enthält überwiegend vollharmonisierende Regelungen, so dass Plattformen national keine weitergehenden Prüfpflichten auferlegt werden können.

§ Individuelle Rechtsbehelfe

Der Gesetzesentwurf stärkt die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern, die durch eine vorsätzliche oder fahrlässige unlautere geschäftliche Handlung geschädigt worden sind, durch die Einführung eines individuellen Schadensersatzanspruchs (§ 9 Absatz 2 UWG-E). Damit wird ein klarer und umfassender Rechtsrahmen zum Ausgleich der Folgen unlauterer geschäftlicher Handlungen geschaffen, der bestehende Rechtslücken schließt. Nach der neuen Rechtslage haben Verbraucherinnen und Verbraucher zum Beispiel auch gegen irreführend werbende Hersteller einen Anspruch auf Ersatz des ihnen hierdurch entstandenen Schadens und zwar unabhängig davon, ob zwischen ihnen und dem Hersteller ein Vertragsverhältnis entstanden ist.

§ Gewerberechtliche Regelungen zu Kaffeefahrten

Der Gesetzentwurf sieht eine Verschärfung der auf Kaffeefahrten anwendbaren Regelungen zu sogenannten Wanderlagern vor (§ 56a GewO-E). Der Entwurf erweitert die Anzeigepflicht der Veranstalter von Kaffeefahrten gegenüber der zuständigen Behörde auch bei ins Ausland führenden Kaffeefahrten. Es gelten verschärfte Informationspflichten bei der Bewerbung (öffentlichen Ankündigung) von Kaffeefahrten. Zudem sieht der Entwurf ein Verbot für den Vertrieb von Medizinprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln auf Kaffeefahrten und eine Erhöhung des Bußgeldrahmens bei gewerberechtlichen Verstößen von Veranstaltern von Kaffeefahrten von 1.000 Euro auf 10.000 Euro vor.

§ Sanktionen

Für eine effektivere und wirksamere Bekämpfung von grenzüberschreitenden Verstößen gegen bestimmte verbraucherschützende Vorschriften haben die zuständigen Behörden nunmehr innerhalb der koordinierten Zusammenarbeit der europäischen Verbraucherschutzbehörden die Möglichkeit, grenzüberschreitende unlautere geschäftliche Handlungen von Unternehmen mit umsatzabhängigen Geldbußen von bis zu 4 Prozent ihres Jahresumsatzes zu belegen. Hierzu sollen im UWG eine Verbotsnorm (§ 5c UWG-E) und ein Bußgeldtatbestand (§19 UWG-E) eingeführt werden.

§ Verbot der Vermarktung wesentlich unterschiedlicher Waren als identisch („Dual Quality“)

Identisch gekennzeichnete und vermarktete Waren können in unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten eine unterschiedliche Beschaffenheit oder Rezeptur haben. Beispielsweise kann ein unter derselben Marke und mit identischer Verpackungsaufmachung in verschiedenen Mitgliedstaaten angebotener Joghurt einen unterschiedlich hohen Fett- oder Zuckeranteil haben. Ein neuer Unlauterkeitstatbestand (§ 5 Absatz 3 Nummer 2 UWG-E) sieht daher vor, dass die Vermarktung einer Ware als identisch zu einer in anderen Mitgliedstaaten auf dem Markt bereitgestellten Ware unzulässig ist, wenn sich die Waren im Hinblick auf ihre Zusammensetzung und Merkmale wesentlich unterscheiden. Keine unzulässige Irreführung liegt dagegen vor, wenn die Unterschiede im Einzelfall durch „objektive und legitime Gründe“ gerechtfertigt sind.

§ Regelungen zur Kennzeichnung kommerzieller Kommunikation

Der Gesetzentwurf stellt klar, in welchen Fällen Inhalte als kommerzielle Kommunikation gekennzeichnet werden müssen. Dies hat vor allem Bedeutung für die Frage, wann sog. Influencer oder Blogger von ihnen abgegebene Empfehlungen als Werbung kennzeichnen müssen. Unter anderem sieht der Entwurf vor, dass bei einer geschäftlichen Handlung ausschließlich zugunsten eines fremden Unternehmens nur dann ein kommerzieller Zweck anzunehmen ist, wenn der Handelnde ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält (§ 5a Absatz 4 UWG). Damit wird klargestellt, dass Empfehlungen von Influencern ausschließlich für Dritte ohne Gegenleistung keine kennzeichnungspflichtige kommerzielle Kommunikation darstellen.

Der Entwurf wurde heute an Länder und Verbände verschickt und auf unserer Homepage veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 2. Dezember 2020 Stellung nehmen. Die Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJV veröffentlicht werden. Der Gesetzentwurf setzt insbesondere die lauterkeitsrechtlichen Regelungen der Richtlinie (EU) 2019/2161 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union im Rahmen des „New Deal for Consumers“ um.