Künstliche Intelligenz im E-Commerce: Interview mit Aimondo-Gründer Heinrich Müller

Heinrich Müller ist Gründer und Geschäftsführer der Aimondo GmbH in Düsseldorf. Aimondo liefert “Business Intelligence” für sogenanntes Repricing. Das ist die vollautomatische Optimierung der Online Preise für Anbieter von Konsumartikeln oder für Markenhersteller. Aimondo setzt dafür Künstliche Intelligenz ein. Müller ist ein 36-jähriger Digitalpionier, der mit Technologie Made-in-Germany ein erfolgreiches Start-Up mit Internationalisierungs-Ambitionen geschaffen hat.

KI-Forum: Herr Müller, wie kamen Sie 2016 darauf, automatische Preisbildung mit Künstlicher Intelligenz zu programmieren?

Heinrich Müller: Damals arbeitete ich für einen US-Konzern, der international Werkzeuge über das Netz vertreibt. Zu der Zeit schrieb dieser in Deutschland rote Zahlen. Die Gründe waren schnell gefunden: falsche Preise, kaum Sichtbarkeit und zu geringer Ertrag bei den Bestsellern. Eine Lösung war nicht in Sicht. Die Repricing-Anbieter, die ích damals anfragte, waren bei Weitem nicht leistungsfähig genug. Also beschloss ich, mit einem Partner eine eigene Lösung zu entwickeln. Künstliche Intelligenz war damals ein Hobby von mir – entstanden aus meiner langjährigen Selbstständigkeit im SEO-Geschäft.

KI-Forum: Was war das Ergebnis und wie wirkte sich das für ihren Arbeitgeber aus?

Heinrich Müller: Ich verließ den Konzern und erhielt einen Vertrag als Dienstleister. Innerhalb von drei Monaten war der Prototyp fertig und ging gleich in den Live-Betrieb. Schon nach weiteren drei Monaten schrieb die deutsche Niederlassung die schwarze Null. Heute gehören die beiden Europa-Niederlassungen sowie eine weitere Landesgesellschaft ebenfalls zu unserem Kundenstamm, die alle sehr profitabel mit unserer Software wirtschaften.

KI-Forum: Danach kamen neue Kunden dazu oder wie war die Entwicklung?

Heinrich Müller: Ganz so einfach war das nicht. Uns kannte ja niemand. Und der wesentliche Faktor, die damals noch sehr begrenzte KI, wirkte unsichtbar und beschränkte sich auf Basisfunktionen. Erst mit der Zeit kamen die weiteren Features dazu, die mittlerweile eine komplexe und vollautomatisierte Lösung darstellt. Aktuell haben wir ein Stadium erreicht, das man bedenkenlos als Hyperautomation bezeichnen kann.

KI-Forum: Wie muss man sich das vorstellen, finden Sie immer den billigsten Preis und Ihre Kunden orientieren sich daran?

Heinrich Müller: Das wäre nun zu einfach. Außerdem würde es eine ruinöse Preisspirale nach unten in Gang setzen. Wir stellen für unsere Kunden ein Gesamtsystem preistaktischer Maßnahmen zusammen. Dieses agiert jeden Tag oder sogar mehrmals täglich. Strategien fließen ein mit dem Ziel, Umsatz und Rendite gleichzeitig zu optimieren. Das sind viele Variablen, von täglicher Gewinnmaximierung bis hin zum punktgenauen Ausverkauf mit bestmöglicher Marge. Kurz gesagt: Win-win für Kunde und Verkäufer. Und das haben unsere Kunden verstanden.

KI-Forum: Und was geschieht, wenn sich Ihr Programm irrt?

Heinrich Müller: Wie der Mensch irrt sich auch ´mal eine Maschine. Aber wir haben Sicherheitsmechanismen, die auffällige Ergebnisse sofort melden und die Daten nicht zur Nutzung zulassen, wenn ein Ereignis oder Vorkommnis eintritt, das übermäßig von der zu erwartenden Bandbreite abweicht. Die Logik der Maschinen wirkt besser als die menschliche, weil sie sich schneller korrigiert als auch daraus lernt.

Wir bieten vollkommen durchautomatisierte EBIT-Verbesserungen an. Darauf kommt es letztlich an. Preise, deren Nebengeräusche und taktische Maßnahmen ordnen sich den Zielen des Kunden unter. Die sind in aller Regel EBIT orientiert, kombiniert mit einer strategischen Komponente. Unsere Margen-Verbesserungen liegen meist zwischen 2-4% über das gesamte Sortiment. Manchmal auch höher. Und jeder Margen-Punkt bringt im Schnitt 7,4% EBIT. Das ist im harten Onlinehandel oft der Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg. Nur wirtschaftlich starke Aimondo-Kunden expandieren – und wir mit ihnen.

KI-Forum: Nehmen wir Ihren Punkt auf. Was sind Ihre Ziele für die nächsten zwei bis fünf Jahre?

Heinrich Müller: Das lässt sich nicht in wenigen Worten sagen – und wenn, würde ich es bestimmt nicht in aller Öffentlichkeit tun. Nur so viel dazu: wir sind Pioniere in Künstlicher Intelligenz und unser Markt ist das “Global Village” – ein weltweit stark vernetztes Dorf. Es ist unsere Ambition, aus der technischen Leadership Position eine globale Marktführerschaft innerhalb unserer klar definierten Nische zu erreichen. Unser Team ist interdisziplinär, talentiert und hungrig. Das Kapital dazu stellen Menschen zur Verfügung, die wie wir an die Zukunft glauben. Zumal dann, wenn sie schon im E-Commerce eindeutig und klar erkennbar ist – und das schon vor der Pandemie. Der Erfolg von KI ist vorprogrammiert. Und wir nehmen ihn mit, plus den Zuwachs im Onlinehandel. Die schwarze Null für Aimondo haben wir jetzt schon konkret im Blick. Und das mit einem Grundlagen-Konzept, für das normalweise Unsummen verbraucht werden um überhaupt erst einen Prototypen zu bauen. Unser `Proof-of-Concept´ läuft dagegen schon seit über drei Jahren im kommerziellen Live-Betrieb unter härtesten Bedingungen. Die Früchte des absehbaren Erfolgs teilen wir mit den Investoren, die bisher mit Anleihen und jetzt auch mit Aktien dabei sind.

KI-Forum: Was heißt das konkret? Dass die BaFin vor ein paar Tagen die Partizipationsscheine zum öffentlichen Angebot zugelassen hat, wissen wir. Was erwarten Sie für die Aktionäre?

Heinrich Müller: Die Aktien, die wir abgeben, sind Partizipationsscheine – das sind Vorzugsaktien mit allen Aktionärsrechten. Jeweils ohne Stimmrecht, dafür gibt es höhere Dividendenansprüche. Also ideal für rein renditeorientierte Anleger. Der Preis pro Aktie liegt heute gut über sieben Franken. Der Vollprospekt für den Börsengang ist schon in Arbeit. Persönlich rechne ich damit, dass wir bei deutlich über 10 ins Rennen gehen. Mit Potenzial nach oben, denn wir spielen technisch sehr weit vorne – egal in welches Land wir schauen. Um schneller an Marktanteile zu kommen, möchten wir marktstarke aber technisch konventionelle Mitbewerber durch Übernahme oder Beteiligung zu Verbündeten machen. Was also steht da noch zwischen uns und einer Silicon-Valley-artigen Erfolgsgeschichte? Software-as-a-Service, die so ausgereift ist wie unsere, folgt einem Automatismus der nur eine Richtung kennt. Mit dem Umsatz steigt das EBIT exponentiell – und damit der Wert der Unternehmung. Die USA bieten dafür dutzende Beispiele.

KI-Forum: Dann lassen wir das mal als Schlusswort stehen und drücken der Hochtechnologie “Made in Germany” die Daumen.